Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

Verstand steht still, sagte Walt. "Kurz, ich
wars," beschloß Vult. Aber der Notar wollte
seiner eigenen Bestürzung nicht recht glauben:
"etwas Wunderbares, sagte er, steckt gewiß noch
"hinter der Zauberei; und warum hättest du
"mich überhaupt so sonderbar hintergangen?"

Aber Vult zeigte, daß er ihm einige Lust zu¬
wenden, ja einige Unlust ersparen wollen. Er
fragte schelmisch-blickend, ob er nicht zur rechten
Zeit seine Maske ins Zimmer geworfen, ehe Ja¬
cobine die ihrige fallen lassen? Endlich sagte er
gerade heraus, die Klausel des Testaments, wel¬
che für Fleisches-Sünden um halbe Erbschaften
bestrafe, sei allgemein bekannt und Walt sei leider
stets sehr unschuldig, auf nichts aber werde in
einer Akzion öfter und besser geschossen als auf
Schimmel wegen der Farbe der Unschuld -- die
sieben Erben decken, wie kluge Feldherrn, ihr La¬
ger mit Morast -- kurz, beschloß er, wie Tau¬
benhändler wahrhaft betrügen und zwei Täubin¬
nen oft für ein ordentliches Paar Ehetauben aus¬
geben: hätte man es mit dir und der Aktrize
nicht eben so machen können, wär' ich dir nicht
nachgereiset? -- Da wurde der Notar blutroth

Verſtand ſteht ſtill, ſagte Walt. „Kurz, ich
wars,“ beſchloß Vult. Aber der Notar wollte
ſeiner eigenen Beſtuͤrzung nicht recht glauben:
„etwas Wunderbares, ſagte er, ſteckt gewiß noch
„hinter der Zauberei; und warum haͤtteſt du
„mich uͤberhaupt ſo ſonderbar hintergangen?“

Aber Vult zeigte, daß er ihm einige Luſt zu¬
wenden, ja einige Unluſt erſparen wollen. Er
fragte ſchelmiſch-blickend, ob er nicht zur rechten
Zeit ſeine Maske ins Zimmer geworfen, ehe Ja¬
cobine die ihrige fallen laſſen? Endlich ſagte er
gerade heraus, die Klauſel des Teſtaments, wel¬
che fuͤr Fleiſches-Suͤnden um halbe Erbſchaften
beſtrafe, ſei allgemein bekannt und Walt ſei leider
ſtets ſehr unſchuldig, auf nichts aber werde in
einer Akzion oͤfter und beſſer geſchoſſen als auf
Schimmel wegen der Farbe der Unſchuld — die
ſieben Erben decken, wie kluge Feldherrn, ihr La¬
ger mit Moraſt — kurz, beſchloß er, wie Tau¬
benhaͤndler wahrhaft betruͤgen und zwei Taͤubin¬
nen oft fuͤr ein ordentliches Paar Ehetauben aus¬
geben: haͤtte man es mit dir und der Aktrize
nicht eben ſo machen koͤnnen, waͤr' ich dir nicht
nachgereiſet? — Da wurde der Notar blutroth

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="8"/>
Ver&#x017F;tand &#x017F;teht &#x017F;till, &#x017F;agte Walt. &#x201E;Kurz, ich<lb/>
wars,&#x201C; be&#x017F;chloß Vult. Aber der Notar wollte<lb/>
&#x017F;einer eigenen Be&#x017F;tu&#x0364;rzung nicht recht glauben:<lb/>
&#x201E;etwas Wunderbares, &#x017F;agte er, &#x017F;teckt gewiß noch<lb/>
&#x201E;hinter der Zauberei; und warum ha&#x0364;tte&#x017F;t du<lb/>
&#x201E;mich u&#x0364;berhaupt &#x017F;o &#x017F;onderbar hintergangen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Aber Vult zeigte, daß er ihm einige Lu&#x017F;t zu¬<lb/>
wenden, ja einige Unlu&#x017F;t er&#x017F;paren wollen. Er<lb/>
fragte &#x017F;chelmi&#x017F;ch-blickend, ob er nicht zur rechten<lb/>
Zeit &#x017F;eine Maske ins Zimmer geworfen, ehe Ja¬<lb/>
cobine die ihrige fallen la&#x017F;&#x017F;en? Endlich &#x017F;agte er<lb/>
gerade heraus, die Klau&#x017F;el des Te&#x017F;taments, wel¬<lb/>
che fu&#x0364;r Flei&#x017F;ches-Su&#x0364;nden um halbe Erb&#x017F;chaften<lb/>
be&#x017F;trafe, &#x017F;ei allgemein bekannt und Walt &#x017F;ei leider<lb/>
&#x017F;tets &#x017F;ehr un&#x017F;chuldig, auf nichts aber werde in<lb/>
einer Akzion o&#x0364;fter und be&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en als auf<lb/>
Schimmel wegen der Farbe der Un&#x017F;chuld &#x2014; die<lb/>
&#x017F;ieben Erben decken, wie kluge Feldherrn, ihr La¬<lb/>
ger mit Mora&#x017F;t &#x2014; kurz, be&#x017F;chloß er, wie Tau¬<lb/>
benha&#x0364;ndler wahrhaft betru&#x0364;gen und zwei Ta&#x0364;ubin¬<lb/>
nen oft fu&#x0364;r ein ordentliches Paar Ehetauben aus¬<lb/>
geben: ha&#x0364;tte man es mit dir und der Aktrize<lb/>
nicht eben &#x017F;o machen ko&#x0364;nnen, wa&#x0364;r' ich dir nicht<lb/>
nachgerei&#x017F;et? &#x2014; Da wurde der Notar blutroth<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0014] Verſtand ſteht ſtill, ſagte Walt. „Kurz, ich wars,“ beſchloß Vult. Aber der Notar wollte ſeiner eigenen Beſtuͤrzung nicht recht glauben: „etwas Wunderbares, ſagte er, ſteckt gewiß noch „hinter der Zauberei; und warum haͤtteſt du „mich uͤberhaupt ſo ſonderbar hintergangen?“ Aber Vult zeigte, daß er ihm einige Luſt zu¬ wenden, ja einige Unluſt erſparen wollen. Er fragte ſchelmiſch-blickend, ob er nicht zur rechten Zeit ſeine Maske ins Zimmer geworfen, ehe Ja¬ cobine die ihrige fallen laſſen? Endlich ſagte er gerade heraus, die Klauſel des Teſtaments, wel¬ che fuͤr Fleiſches-Suͤnden um halbe Erbſchaften beſtrafe, ſei allgemein bekannt und Walt ſei leider ſtets ſehr unſchuldig, auf nichts aber werde in einer Akzion oͤfter und beſſer geſchoſſen als auf Schimmel wegen der Farbe der Unſchuld — die ſieben Erben decken, wie kluge Feldherrn, ihr La¬ ger mit Moraſt — kurz, beſchloß er, wie Tau¬ benhaͤndler wahrhaft betruͤgen und zwei Taͤubin¬ nen oft fuͤr ein ordentliches Paar Ehetauben aus¬ geben: haͤtte man es mit dir und der Aktrize nicht eben ſo machen koͤnnen, waͤr' ich dir nicht nachgereiſet? — Da wurde der Notar blutroth

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/14
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 4. Tübingen, 1805, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre04_1805/14>, abgerufen am 26.04.2024.