unter den vier Holz-Armen eines Wegzeigers, bei sich festsetzen konnte, wohin er gegenwärtig gedenke, ob nach Westen, Norden, Nordosten, oder Osten; aus Süden, dem Stadtthor, kam er aber [h]er.
Seine Hauptabsicht war, den Namen der Stadt gar nicht zu wissen, der er etwa unter Wegs aufstieß, desgleichen der Dörfer. Durch eine solche Unwissenheit hoft' er ohne alles Ziel unter den geschlängelten Blumenbeeten der Reise umher zu schweifen, und nichts zu begehren so wie zu besehen, als was er eben habe -- in ei¬ nem fort bei jedem Tritte anzukommen -- sich in jedes goldgrüne Lust-Wäldgen zu betten, und ständ' es hinter ihm -- in jeder Ortschaft selber den Namen der Ortschaft zu erfragen, und darüber sich ganz heimlich zu ergötzen -- und dabei, bei solchen Maasregeln in einem solchen Strich Landes, der vielleicht mit Landhäusern, Irrgärten, Tharanden, plauischen Gründen vor¬ her, Bergschlössern voll heruntersehender Fräu¬ leins-Augen, Kapellen voll aufgehobner Beter- Augen und überhaupt mit Pilgern, Zufällen
unter den vier Holz-Armen eines Wegzeigers, bei ſich feſtſetzen konnte, wohin er gegenwaͤrtig gedenke, ob nach Weſten, Norden, Nordoſten, oder Oſten; aus Suͤden, dem Stadtthor, kam er aber [h]er.
Seine Hauptabſicht war, den Namen der Stadt gar nicht zu wiſſen, der er etwa unter Wegs aufſtieß, desgleichen der Doͤrfer. Durch eine ſolche Unwiſſenheit hoft' er ohne alles Ziel unter den geſchlaͤngelten Blumenbeeten der Reiſe umher zu ſchweifen, und nichts zu begehren ſo wie zu beſehen, als was er eben habe — in ei¬ nem fort bei jedem Tritte anzukommen — ſich in jedes goldgruͤne Luſt-Waͤldgen zu betten, und ſtaͤnd' es hinter ihm — in jeder Ortſchaft ſelber den Namen der Ortſchaft zu erfragen, und daruͤber ſich ganz heimlich zu ergoͤtzen — und dabei, bei ſolchen Maasregeln in einem ſolchen Strich Landes, der vielleicht mit Landhaͤuſern, Irrgaͤrten, Tharanden, plauiſchen Gruͤnden vor¬ her, Bergſchloͤſſern voll herunterſehender Fraͤu¬ leins-Augen, Kapellen voll aufgehobner Beter- Augen und uͤberhaupt mit Pilgern, Zufaͤllen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0078"n="70"/>
unter den vier Holz-Armen eines Wegzeigers,<lb/>
bei ſich feſtſetzen konnte, wohin er gegenwaͤrtig<lb/>
gedenke, ob nach Weſten, Norden, Nordoſten,<lb/>
oder Oſten; aus Suͤden, dem Stadtthor, kam er<lb/>
aber <supplied>h</supplied>er.</p><lb/><p>Seine Hauptabſicht war, den Namen der<lb/>
Stadt gar nicht zu wiſſen, der er etwa unter<lb/>
Wegs aufſtieß, desgleichen der Doͤrfer. Durch<lb/>
eine ſolche Unwiſſenheit hoft' er ohne alles Ziel<lb/>
unter den geſchlaͤngelten Blumenbeeten der Reiſe<lb/>
umher zu ſchweifen, und nichts zu begehren ſo<lb/>
wie zu beſehen, als was er eben habe — in ei¬<lb/>
nem fort bei jedem Tritte anzukommen —ſich<lb/>
in jedes goldgruͤne Luſt-Waͤldgen zu betten,<lb/>
und ſtaͤnd' es hinter ihm — in jeder Ortſchaft<lb/>ſelber den Namen der Ortſchaft zu erfragen, und<lb/>
daruͤber ſich ganz heimlich zu ergoͤtzen — und<lb/>
dabei, bei ſolchen Maasregeln in einem ſolchen<lb/>
Strich Landes, der vielleicht mit Landhaͤuſern,<lb/>
Irrgaͤrten, Tharanden, plauiſchen Gruͤnden vor¬<lb/>
her, Bergſchloͤſſern voll herunterſehender Fraͤu¬<lb/>
leins-Augen, Kapellen voll aufgehobner Beter-<lb/>
Augen und uͤberhaupt mit Pilgern, Zufaͤllen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[70/0078]
unter den vier Holz-Armen eines Wegzeigers,
bei ſich feſtſetzen konnte, wohin er gegenwaͤrtig
gedenke, ob nach Weſten, Norden, Nordoſten,
oder Oſten; aus Suͤden, dem Stadtthor, kam er
aber her.
Seine Hauptabſicht war, den Namen der
Stadt gar nicht zu wiſſen, der er etwa unter
Wegs aufſtieß, desgleichen der Doͤrfer. Durch
eine ſolche Unwiſſenheit hoft' er ohne alles Ziel
unter den geſchlaͤngelten Blumenbeeten der Reiſe
umher zu ſchweifen, und nichts zu begehren ſo
wie zu beſehen, als was er eben habe — in ei¬
nem fort bei jedem Tritte anzukommen — ſich
in jedes goldgruͤne Luſt-Waͤldgen zu betten,
und ſtaͤnd' es hinter ihm — in jeder Ortſchaft
ſelber den Namen der Ortſchaft zu erfragen, und
daruͤber ſich ganz heimlich zu ergoͤtzen — und
dabei, bei ſolchen Maasregeln in einem ſolchen
Strich Landes, der vielleicht mit Landhaͤuſern,
Irrgaͤrten, Tharanden, plauiſchen Gruͤnden vor¬
her, Bergſchloͤſſern voll herunterſehender Fraͤu¬
leins-Augen, Kapellen voll aufgehobner Beter-
Augen und uͤberhaupt mit Pilgern, Zufaͤllen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/78>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.