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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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len sollte. Ob er gleich sich so weniger Seelenkräf¬
te und Worte dabei bediente als er nur konnte:
so war für Zablocki doch kein Mensch, -- weder
aus Wezlar noch Regensburg oder aus irgend
einem schriftstellerischen bureau des longitudes
et des longueurs
-- zu lang, zu weitschwei¬
fig, sondern blos zu abrupt. "Ich glaube,
fuhr Zablocki fort, Sie machten auch einige Sa¬
chen für den Grafen von Klothar?"

"Keine Zeile" versezte Walt zu eilfertig; er
war völlig von den schönen Tönen weggespühlt,
und begrif's nicht, daß der General, der selber
diese schönen Laute vorgeschrieben, sie über platte
verhören wollte. "O Gott, wie kann ein Mensch
nicht im harmonischen Strome untersinken, son¬
dern daraus noch etwas vorstecken, besonders
die Zunge? Ist das möglich, zumal wenn es ei¬
nen so nahe angeht, wie hier den verwaisten
General?" -- Walt glaubte nämlich, der Ge¬
neral, der von der Frau und auch von der Ju¬
gend geschieden war, habe solche und ähnliche
Zeilen wie

Jezo nur zum leztenmal

len ſollte. Ob er gleich ſich ſo weniger Seelenkraͤf¬
te und Worte dabei bediente als er nur konnte:
ſo war fuͤr Zablocki doch kein Menſch, — weder
aus Wezlar noch Regensburg oder aus irgend
einem ſchriftſtelleriſchen bureau des longitudes
et des longueurs
— zu lang, zu weitſchwei¬
fig, ſondern blos zu abrupt. „Ich glaube,
fuhr Zablocki fort, Sie machten auch einige Sa¬
chen fuͤr den Grafen von Klothar?“

„Keine Zeile“ verſezte Walt zu eilfertig; er
war voͤllig von den ſchoͤnen Toͤnen weggeſpuͤhlt,
und begrif's nicht, daß der General, der ſelber
dieſe ſchoͤnen Laute vorgeſchrieben, ſie uͤber platte
verhoͤren wollte. „O Gott, wie kann ein Menſch
nicht im harmoniſchen Strome unterſinken, ſon¬
dern daraus noch etwas vorſtecken, beſonders
die Zunge? Iſt das moͤglich, zumal wenn es ei¬
nen ſo nahe angeht, wie hier den verwaiſten
General?“ — Walt glaubte naͤmlich, der Ge¬
neral, der von der Frau und auch von der Ju¬
gend geſchieden war, habe ſolche und aͤhnliche
Zeilen wie

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[30/0038] len ſollte. Ob er gleich ſich ſo weniger Seelenkraͤf¬ te und Worte dabei bediente als er nur konnte: ſo war fuͤr Zablocki doch kein Menſch, — weder aus Wezlar noch Regensburg oder aus irgend einem ſchriftſtelleriſchen bureau des longitudes et des longueurs — zu lang, zu weitſchwei¬ fig, ſondern blos zu abrupt. „Ich glaube, fuhr Zablocki fort, Sie machten auch einige Sa¬ chen fuͤr den Grafen von Klothar?“ „Keine Zeile“ verſezte Walt zu eilfertig; er war voͤllig von den ſchoͤnen Toͤnen weggeſpuͤhlt, und begrif's nicht, daß der General, der ſelber dieſe ſchoͤnen Laute vorgeſchrieben, ſie uͤber platte verhoͤren wollte. „O Gott, wie kann ein Menſch nicht im harmoniſchen Strome unterſinken, ſon¬ dern daraus noch etwas vorſtecken, beſonders die Zunge? Iſt das moͤglich, zumal wenn es ei¬ nen ſo nahe angeht, wie hier den verwaiſten General?“ — Walt glaubte naͤmlich, der Ge¬ neral, der von der Frau und auch von der Ju¬ gend geſchieden war, habe ſolche und aͤhnliche Zeilen wie Jezo nur zum leztenmal

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/38>, abgerufen am 18.04.2024.