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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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Für den Abend meines Lebens -- --
Und ein Weib voll Zärtlichkeit -- --

blos als Nachtigallen-Darstellungen eigener See¬
len-Klagen singen lassen. Es konnte ihn weit
mehr rühren -- zumal da es auch viel reiner
war, -- wenn er Ton-Sprüche auf fremde Lei¬
den und Wünsche, als wenn er sie auf eigne be¬
zog; und darum war ihm der vergebliche Antheil
an Zablocki so unlieb.

Vult aber, dem er alles vortrug, sprach spä¬
ter den Weltmann mit diesen Worten frei: "er
ist an Hof-Konzerte gewöhnt, mithin an Taub-
Bleiben -- wie Cremen, ist das Weltleben gleich
kalt und süß; -- indes hat der Weltmann oft
viel Ohr bei wenig Herz (wie andere umgekehrt)
und behorcht wenigstens die Form der Tonkunst
ganz gut."

"Keine Zeile" hatte Walt eilfertig gesagt. --
"Wie so? versezte Zablocki. Mein Gerichtshal¬
ter sagte mir gerade das Gegentheil." Hier ent¬
fuhren Walten die Thränen; -- er konnte nicht
anders, die lezten Sang-Zeilen hatten ihn mit-
und weggenommen; die Scham über die unwill¬

Fuͤr den Abend meines Lebens — —
Und ein Weib voll Zaͤrtlichkeit — —

blos als Nachtigallen-Darſtellungen eigener See¬
len-Klagen ſingen laſſen. Es konnte ihn weit
mehr ruͤhren — zumal da es auch viel reiner
war, — wenn er Ton-Spruͤche auf fremde Lei¬
den und Wuͤnſche, als wenn er ſie auf eigne be¬
zog; und darum war ihm der vergebliche Antheil
an Zablocki ſo unlieb.

Vult aber, dem er alles vortrug, ſprach ſpaͤ¬
ter den Weltmann mit dieſen Worten frei: „er
iſt an Hof-Konzerte gewoͤhnt, mithin an Taub-
Bleiben — wie Cremen, iſt das Weltleben gleich
kalt und ſuͤß; — indes hat der Weltmann oft
viel Ohr bei wenig Herz (wie andere umgekehrt)
und behorcht wenigſtens die Form der Tonkunſt
ganz gut.“

„Keine Zeile“ hatte Walt eilfertig geſagt. —
„Wie ſo? verſezte Zablocki. Mein Gerichtshal¬
ter ſagte mir gerade das Gegentheil.“ Hier ent¬
fuhren Walten die Thraͤnen; — er konnte nicht
anders, die lezten Sang-Zeilen hatten ihn mit-
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[31/0039] Fuͤr den Abend meines Lebens — — Und ein Weib voll Zaͤrtlichkeit — — blos als Nachtigallen-Darſtellungen eigener See¬ len-Klagen ſingen laſſen. Es konnte ihn weit mehr ruͤhren — zumal da es auch viel reiner war, — wenn er Ton-Spruͤche auf fremde Lei¬ den und Wuͤnſche, als wenn er ſie auf eigne be¬ zog; und darum war ihm der vergebliche Antheil an Zablocki ſo unlieb. Vult aber, dem er alles vortrug, ſprach ſpaͤ¬ ter den Weltmann mit dieſen Worten frei: „er iſt an Hof-Konzerte gewoͤhnt, mithin an Taub- Bleiben — wie Cremen, iſt das Weltleben gleich kalt und ſuͤß; — indes hat der Weltmann oft viel Ohr bei wenig Herz (wie andere umgekehrt) und behorcht wenigſtens die Form der Tonkunſt ganz gut.“ „Keine Zeile“ hatte Walt eilfertig geſagt. — „Wie ſo? verſezte Zablocki. Mein Gerichtshal¬ ter ſagte mir gerade das Gegentheil.“ Hier ent¬ fuhren Walten die Thraͤnen; — er konnte nicht anders, die lezten Sang-Zeilen hatten ihn mit- und weggenommen; die Scham uͤber die unwill¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/39>, abgerufen am 23.11.2024.