Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.Wort und nichts behalten, als einige anonyme Die Sonne blizte ihm reiner und näher, die Zu Papier sucht' er sie anfangs zu bringen, Wort und nichts behalten, als einige anonyme Die Sonne blizte ihm reiner und naͤher, die Zu Papier ſucht' er ſie anfangs zu bringen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="21"/> Wort und nichts behalten, als einige anonyme<lb/> Seligkeit. Wie Himmelsblumen werden oft Traͤu¬<lb/> me durch die Menſchennacht getragen, und am<lb/> Tageslicht bezeichnet nur ein fremder Fruͤhlings¬<lb/> duft die Spuren der verſchwundenen.</p><lb/> <p>Die Sonne blizte ihm reiner und naͤher, die<lb/> Menſchen ſah er wie durch einen Traum der Trun¬<lb/> kenheit ſchoͤner und werther gehen, und die Quel¬<lb/> len der Nacht hatten ſeine Bruſt mit ſo viel Liebe<lb/> vollgegoſſen, daß er nicht wußte, wohin er ſie<lb/> leiten ſollte.</p><lb/> <p>Zu Papier ſucht' er ſie anfangs zu bringen,<lb/> aber kein Strekvers und kein Kapitel gelang. Er<lb/> hatte einen Tag wie nach einer vertanzten Nacht,<lb/> man will nichts machen als hoͤchſtens Traͤume,<lb/> und auch nichts anderes haben — alles ſoll ſanft<lb/> ſeyn, ſogar die Freude — ſie ſoll nicht mit Wind¬<lb/> ſtoͤſſen an den Fluͤgeln reiſſen, ſtill ſollen die aus¬<lb/> geſtrekten Schwingen das duͤnne Blau durchſchnei¬<lb/> den und durchſinken — nur Abendlieder will der<lb/> der Menſch ſogar am Morgen, aber kein einziges<lb/> Kriegslied, und ein Flor, aber ein hellgefaͤrbter,<lb/> bezieht und daͤmpft die Trommel des Erden-<lb/> Tobens.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0029]
Wort und nichts behalten, als einige anonyme
Seligkeit. Wie Himmelsblumen werden oft Traͤu¬
me durch die Menſchennacht getragen, und am
Tageslicht bezeichnet nur ein fremder Fruͤhlings¬
duft die Spuren der verſchwundenen.
Die Sonne blizte ihm reiner und naͤher, die
Menſchen ſah er wie durch einen Traum der Trun¬
kenheit ſchoͤner und werther gehen, und die Quel¬
len der Nacht hatten ſeine Bruſt mit ſo viel Liebe
vollgegoſſen, daß er nicht wußte, wohin er ſie
leiten ſollte.
Zu Papier ſucht' er ſie anfangs zu bringen,
aber kein Strekvers und kein Kapitel gelang. Er
hatte einen Tag wie nach einer vertanzten Nacht,
man will nichts machen als hoͤchſtens Traͤume,
und auch nichts anderes haben — alles ſoll ſanft
ſeyn, ſogar die Freude — ſie ſoll nicht mit Wind¬
ſtoͤſſen an den Fluͤgeln reiſſen, ſtill ſollen die aus¬
geſtrekten Schwingen das duͤnne Blau durchſchnei¬
den und durchſinken — nur Abendlieder will der
der Menſch ſogar am Morgen, aber kein einziges
Kriegslied, und ein Flor, aber ein hellgefaͤrbter,
bezieht und daͤmpft die Trommel des Erden-
Tobens.
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