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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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dern schwizte und malmte verdrüslich vor sich --
die zwanzig Thaler auf dem Tische sah er grim¬
mig an, und wechselnd den Löffel-Säufer -- zu
reden war keine Zeit und das Publikum war ihm
nichts -- die elende Pechkugel vom Drachen konnt'
er nicht einmal zu Brei zersetzen (es floß ihm
nicht) -- an's Schlucken durft' er gar nicht den¬
ken, indeß er sah, wie der Maskenherr den Wein
nur noch zusammenfischte -- --

Das fühlt' er wohl, sein Heil und Heiland
wäre man gewesen, hätte man ihn auf der Stelle
in eine Schlange verkehrt, die alles ganz ein¬
schlukt, oder in einen Hamster, der in die Backen¬
taschen verstekt, oder ihm den Thyreopalatinus
ausgerissen, der die Eßwaaren hindert, in die
Nase zu steigen.

Endlich schüttete der Maskenherr die Schüs¬
sel in den Löffel aus -- und Fränzel stieß und
worfelte den Semmel "globe de Compression"
noch hin und her, so nahe am erweiterten Schlund¬
kopfe, aber ohne das geringste Vermögen, die
Semmel durch das so ofne Höllenthor zu treiben,
so gut er auch aus den anatomischen Hörsälen

dern ſchwizte und malmte verdruͤslich vor ſich —
die zwanzig Thaler auf dem Tiſche ſah er grim¬
mig an, und wechſelnd den Loͤffel-Saͤufer — zu
reden war keine Zeit und das Publikum war ihm
nichts — die elende Pechkugel vom Drachen konnt'
er nicht einmal zu Brei zerſetzen (es floß ihm
nicht) — an's Schlucken durft' er gar nicht den¬
ken, indeß er ſah, wie der Maskenherr den Wein
nur noch zuſammenfiſchte — —

Das fuͤhlt' er wohl, ſein Heil und Heiland
waͤre man geweſen, haͤtte man ihn auf der Stelle
in eine Schlange verkehrt, die alles ganz ein¬
ſchlukt, oder in einen Hamſter, der in die Backen¬
taſchen verſtekt, oder ihm den Thyreopalatinus
ausgeriſſen, der die Eßwaaren hindert, in die
Naſe zu ſteigen.

Endlich ſchuͤttete der Maskenherr die Schuͤſ¬
ſel in den Loͤffel aus — und Fraͤnzel ſtieß und
worfelte den Semmel „globe de Compression
noch hin und her, ſo nahe am erweiterten Schlund¬
kopfe, aber ohne das geringſte Vermoͤgen, die
Semmel durch das ſo ofne Hoͤllenthor zu treiben,
ſo gut er auch aus den anatomiſchen Hoͤrſaͤlen

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[144/0152] dern ſchwizte und malmte verdruͤslich vor ſich — die zwanzig Thaler auf dem Tiſche ſah er grim¬ mig an, und wechſelnd den Loͤffel-Saͤufer — zu reden war keine Zeit und das Publikum war ihm nichts — die elende Pechkugel vom Drachen konnt' er nicht einmal zu Brei zerſetzen (es floß ihm nicht) — an's Schlucken durft' er gar nicht den¬ ken, indeß er ſah, wie der Maskenherr den Wein nur noch zuſammenfiſchte — — Das fuͤhlt' er wohl, ſein Heil und Heiland waͤre man geweſen, haͤtte man ihn auf der Stelle in eine Schlange verkehrt, die alles ganz ein¬ ſchlukt, oder in einen Hamſter, der in die Backen¬ taſchen verſtekt, oder ihm den Thyreopalatinus ausgeriſſen, der die Eßwaaren hindert, in die Naſe zu ſteigen. Endlich ſchuͤttete der Maskenherr die Schuͤſ¬ ſel in den Loͤffel aus — und Fraͤnzel ſtieß und worfelte den Semmel „globe de Compression“ noch hin und her, ſo nahe am erweiterten Schlund¬ kopfe, aber ohne das geringſte Vermoͤgen, die Semmel durch das ſo ofne Hoͤllenthor zu treiben, ſo gut er auch aus den anatomiſchen Hoͤrſaͤlen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/152>, abgerufen am 27.11.2024.