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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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herunter," sagt' er, als er auf einem Hügel bald
rük-bald vorwärts sah, um die Kette der aus¬
einander eilenden Gestalten zu knüpfen. Da stieg
ihm ein Bilder-Händler mit seiner auf eine Walze
gefädelten flatternden Bilder-Bibel und Bilder-Gal¬
lerie auf dem Nabel nach und fragte, ob er nichts
kaufe. "Ich weiß gewis, daß ich nichts kaufe --
sagte Walt und gab ihm zwölf Kreuzer -- aber
lassen Sie mich ein wenig dafür darin herum¬
blättern."

"Wer lieber als ich," sagte der Mann, und
bog seinen Thorax zurük und sein Bilderbuch ihm
entgegen. Hier fand der Notar wieder die stehen¬
den Bilder der laufenden Bilder, das Leben fuhr
mit Farben auf dem Papiere durch einander, die
halbe Welt- und Regenten-Geschichte, Potenta¬
ten und Herkulanische Topf-Bilder, und Hans¬
würste, und Blumen- und Militair-Uniformen,
und alles überlud den Magen des Mannes. Wie
heisset das Städtlein droben? sagte Walt. "Alt¬
fladungen, mein lieber Herr, und die Berge dort
sind eine prächtige Wetterscheide, sonst hätte uns
vorgestern das liebe Gewitter alles angezündet"

herunter,“ ſagt' er, als er auf einem Huͤgel bald
ruͤk-bald vorwaͤrts ſah, um die Kette der aus¬
einander eilenden Geſtalten zu knuͤpfen. Da ſtieg
ihm ein Bilder-Haͤndler mit ſeiner auf eine Walze
gefaͤdelten flatternden Bilder-Bibel und Bilder-Gal¬
lerie auf dem Nabel nach und fragte, ob er nichts
kaufe. „Ich weiß gewis, daß ich nichts kaufe —
ſagte Walt und gab ihm zwoͤlf Kreuzer — aber
laſſen Sie mich ein wenig dafuͤr darin herum¬
blaͤttern.“

„Wer lieber als ich,“ ſagte der Mann, und
bog ſeinen Thorax zuruͤk und ſein Bilderbuch ihm
entgegen. Hier fand der Notar wieder die ſtehen¬
den Bilder der laufenden Bilder, das Leben fuhr
mit Farben auf dem Papiere durch einander, die
halbe Welt- und Regenten-Geſchichte, Potenta¬
ten und Herkulaniſche Topf-Bilder, und Hans¬
wuͤrſte, und Blumen- und Militair-Uniformen,
und alles uͤberlud den Magen des Mannes. Wie
heiſſet das Staͤdtlein droben? ſagte Walt. „Alt¬
fladungen, mein lieber Herr, und die Berge dort
ſind eine praͤchtige Wetterſcheide, ſonſt haͤtte uns
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[114/0122] herunter,“ ſagt' er, als er auf einem Huͤgel bald ruͤk-bald vorwaͤrts ſah, um die Kette der aus¬ einander eilenden Geſtalten zu knuͤpfen. Da ſtieg ihm ein Bilder-Haͤndler mit ſeiner auf eine Walze gefaͤdelten flatternden Bilder-Bibel und Bilder-Gal¬ lerie auf dem Nabel nach und fragte, ob er nichts kaufe. „Ich weiß gewis, daß ich nichts kaufe — ſagte Walt und gab ihm zwoͤlf Kreuzer — aber laſſen Sie mich ein wenig dafuͤr darin herum¬ blaͤttern.“ „Wer lieber als ich,“ ſagte der Mann, und bog ſeinen Thorax zuruͤk und ſein Bilderbuch ihm entgegen. Hier fand der Notar wieder die ſtehen¬ den Bilder der laufenden Bilder, das Leben fuhr mit Farben auf dem Papiere durch einander, die halbe Welt- und Regenten-Geſchichte, Potenta¬ ten und Herkulaniſche Topf-Bilder, und Hans¬ wuͤrſte, und Blumen- und Militair-Uniformen, und alles uͤberlud den Magen des Mannes. Wie heiſſet das Staͤdtlein droben? ſagte Walt. „Alt¬ fladungen, mein lieber Herr, und die Berge dort ſind eine praͤchtige Wetterſcheide, ſonſt haͤtte uns vorgeſtern das liebe Gewitter alles angezuͤndet“

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/122>, abgerufen am 23.11.2024.