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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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ein Ferkel am eingeseiften Schwanz fest halten,
als einen Advokaten am jus -- (welches wohl
im edlern Stile heißen würde: Kenntnis des
Rechts ist die um einen Mann geschriebene Münz-
Legende, und verwehrt das Beschneiden des
Stüks) -- und Heeringe wie sein Peter Walt,
wären eben die ganzen Hechte; je dünner der Mes¬
serrücken, desto schärfer die Schneide; und er
kenne Iktuße, die durch Nadelöhre zu fädeln wa¬
ren, die aber ungemein zustachen.

Wie immer, halfen seine Reden nichts: aber
die verständige Veronika, seine Frau, wollte ge¬
gen die Sitte der Weiber, die im häuslichen Kon¬
sistorium immer als geistliche Räthe gegen die
weltlichen stimmen, den Sohn aus dem geistli¬
chen Schafstall in die juristische Fleischscharre
treiben; und das blos, weil sie einmal bei einem
Stadtpfarrer gekocht habe und das Wesen kenne,
wie sie sagte.

Diese hielt, als sie einst allein mit dem Soh¬
ne war, der mehr an ihr als am Vater hieng,
ihm blos so viel vor: "mein Gottwalt, ich kann
dich nicht zwingen, daß du dem Vater folgst;

ein Ferkel am eingeſeiften Schwanz feſt halten,
als einen Advokaten am jus — (welches wohl
im edlern Stile heißen wuͤrde: Kenntnis des
Rechts iſt die um einen Mann geſchriebene Muͤnz-
Legende, und verwehrt das Beſchneiden des
Stuͤks) — und Heeringe wie ſein Peter Walt,
waͤren eben die ganzen Hechte; je duͤnner der Meſ¬
ſerruͤcken, deſto ſchaͤrfer die Schneide; und er
kenne Iktuße, die durch Nadeloͤhre zu faͤdeln wa¬
ren, die aber ungemein zuſtachen.

Wie immer, halfen ſeine Reden nichts: aber
die verſtaͤndige Veronika, ſeine Frau, wollte ge¬
gen die Sitte der Weiber, die im haͤuslichen Kon¬
ſiſtorium immer als geiſtliche Raͤthe gegen die
weltlichen ſtimmen, den Sohn aus dem geiſtli¬
chen Schafſtall in die juriſtiſche Fleiſchſcharre
treiben; und das blos, weil ſie einmal bei einem
Stadtpfarrer gekocht habe und das Weſen kenne,
wie ſie ſagte.

Dieſe hielt, als ſie einſt allein mit dem Soh¬
ne war, der mehr an ihr als am Vater hieng,
ihm blos ſo viel vor: „mein Gottwalt, ich kann
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[66/0076] ein Ferkel am eingeſeiften Schwanz feſt halten, als einen Advokaten am jus — (welches wohl im edlern Stile heißen wuͤrde: Kenntnis des Rechts iſt die um einen Mann geſchriebene Muͤnz- Legende, und verwehrt das Beſchneiden des Stuͤks) — und Heeringe wie ſein Peter Walt, waͤren eben die ganzen Hechte; je duͤnner der Meſ¬ ſerruͤcken, deſto ſchaͤrfer die Schneide; und er kenne Iktuße, die durch Nadeloͤhre zu faͤdeln wa¬ ren, die aber ungemein zuſtachen. Wie immer, halfen ſeine Reden nichts: aber die verſtaͤndige Veronika, ſeine Frau, wollte ge¬ gen die Sitte der Weiber, die im haͤuslichen Kon¬ ſiſtorium immer als geiſtliche Raͤthe gegen die weltlichen ſtimmen, den Sohn aus dem geiſtli¬ chen Schafſtall in die juriſtiſche Fleiſchſcharre treiben; und das blos, weil ſie einmal bei einem Stadtpfarrer gekocht habe und das Weſen kenne, wie ſie ſagte. Dieſe hielt, als ſie einſt allein mit dem Soh¬ ne war, der mehr an ihr als am Vater hieng, ihm blos ſo viel vor: „mein Gottwalt, ich kann dich nicht zwingen, daß du dem Vater folgſt;

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/76>, abgerufen am 22.11.2024.