weil er fürstlich schlief -- und nur am Tage ein Linker, weil Tisch und Ofen geadelt waren. Es war seinen Söhnen nichts seltenes, daß er Sonn¬ tags vor dem AbendEssen, wenn er viel gedacht hatte, mehrmals heiter und hastig den Kopf schüttelte und dabei murmelte: mein Haus ist einem redlichen Iktus *), sag' ich, ordentlich wie auf den Leib gemacht -- ein jeder anderer Mann würde die besten importantesten Gerechtsame und Territorine darinn verschleudern, weil er gar nicht der Mann dazu wäre -- denn er wäre in der Sache gar nicht zu Hause -- und ich alter verständiger Iktus soll heraus, solls losschlagen, höre Vronel? -- Erst nach langer Zeit antwor¬ tete er sich selber: "nun und nimmermehr", oh¬ ne die Antwort Veronika's, seiner Frau, zu hören.
Freilich wenn er sich täglich gegen seine Glau¬ biger mehr in die Zitadelle seines Hauses zurükzog und ihnen dabei wie andere Kommendanten die Vorstädte, nämlich das Feld, d. h. die Felder räumte und so gut er konnte, mit dem Hause zu¬ gleich seinen Schulzenposten, den Spielraum sei¬ ner Kenntnisse, zu versteigern aufschob, statt sol¬
*) Juristen.
weil er fuͤrſtlich ſchlief — und nur am Tage ein Linker, weil Tiſch und Ofen geadelt waren. Es war ſeinen Soͤhnen nichts ſeltenes, daß er Sonn¬ tags vor dem AbendEſſen, wenn er viel gedacht hatte, mehrmals heiter und haſtig den Kopf ſchuͤttelte und dabei murmelte: mein Haus iſt einem redlichen Iktus *), ſag' ich, ordentlich wie auf den Leib gemacht — ein jeder anderer Mann wuͤrde die beſten importanteſten Gerechtſame und Territorine darinn verſchleudern, weil er gar nicht der Mann dazu waͤre — denn er waͤre in der Sache gar nicht zu Hauſe — und ich alter verſtaͤndiger Iktus ſoll heraus, ſolls losſchlagen, hoͤre Vronel? — Erſt nach langer Zeit antwor¬ tete er ſich ſelber: „nun und nimmermehr“, oh¬ ne die Antwort Veronika's, ſeiner Frau, zu hoͤren.
Freilich wenn er ſich taͤglich gegen ſeine Glau¬ biger mehr in die Zitadelle ſeines Hauſes zuruͤkzog und ihnen dabei wie andere Kommendanten die Vorſtaͤdte, naͤmlich das Feld, d. h. die Felder raͤumte und ſo gut er konnte, mit dem Hauſe zu¬ gleich ſeinen Schulzenpoſten, den Spielraum ſei¬ ner Kenntniſſe, zu verſteigern aufſchob, ſtatt ſol¬
*) Juriſten.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0067"n="57"/>
weil er fuͤrſtlich ſchlief — und nur am Tage ein<lb/>
Linker, weil Tiſch und Ofen geadelt waren. Es<lb/>
war ſeinen Soͤhnen nichts ſeltenes, daß er Sonn¬<lb/>
tags vor dem AbendEſſen, wenn er viel gedacht<lb/>
hatte, mehrmals heiter und haſtig den Kopf<lb/>ſchuͤttelte und dabei murmelte: mein Haus iſt<lb/>
einem redlichen Iktus <noteplace="foot"n="*)">Juriſten.<lb/></note>, ſag' ich, ordentlich wie<lb/>
auf den Leib gemacht — ein jeder anderer Mann<lb/>
wuͤrde die beſten importanteſten Gerechtſame und<lb/>
Territorine darinn verſchleudern, weil er gar<lb/>
nicht der Mann dazu waͤre — denn er waͤre in<lb/>
der Sache gar nicht zu Hauſe — und ich alter<lb/>
verſtaͤndiger Iktus ſoll heraus, ſolls losſchlagen,<lb/>
hoͤre Vronel? — Erſt nach langer Zeit antwor¬<lb/>
tete er ſich ſelber: „nun und nimmermehr“, oh¬<lb/>
ne die Antwort Veronika's, ſeiner Frau, zu hoͤren.</p><lb/><p>Freilich wenn er ſich taͤglich gegen ſeine Glau¬<lb/>
biger mehr in die Zitadelle ſeines Hauſes zuruͤkzog<lb/>
und ihnen dabei wie andere Kommendanten die<lb/>
Vorſtaͤdte, naͤmlich das Feld, d. h. die Felder<lb/>
raͤumte und ſo gut er konnte, mit dem Hauſe zu¬<lb/>
gleich ſeinen Schulzenpoſten, den Spielraum ſei¬<lb/>
ner Kenntniſſe, zu verſteigern aufſchob, ſtatt ſol¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[57/0067]
weil er fuͤrſtlich ſchlief — und nur am Tage ein
Linker, weil Tiſch und Ofen geadelt waren. Es
war ſeinen Soͤhnen nichts ſeltenes, daß er Sonn¬
tags vor dem AbendEſſen, wenn er viel gedacht
hatte, mehrmals heiter und haſtig den Kopf
ſchuͤttelte und dabei murmelte: mein Haus iſt
einem redlichen Iktus *), ſag' ich, ordentlich wie
auf den Leib gemacht — ein jeder anderer Mann
wuͤrde die beſten importanteſten Gerechtſame und
Territorine darinn verſchleudern, weil er gar
nicht der Mann dazu waͤre — denn er waͤre in
der Sache gar nicht zu Hauſe — und ich alter
verſtaͤndiger Iktus ſoll heraus, ſolls losſchlagen,
hoͤre Vronel? — Erſt nach langer Zeit antwor¬
tete er ſich ſelber: „nun und nimmermehr“, oh¬
ne die Antwort Veronika's, ſeiner Frau, zu hoͤren.
Freilich wenn er ſich taͤglich gegen ſeine Glau¬
biger mehr in die Zitadelle ſeines Hauſes zuruͤkzog
und ihnen dabei wie andere Kommendanten die
Vorſtaͤdte, naͤmlich das Feld, d. h. die Felder
raͤumte und ſo gut er konnte, mit dem Hauſe zu¬
gleich ſeinen Schulzenpoſten, den Spielraum ſei¬
ner Kenntniſſe, zu verſteigern aufſchob, ſtatt ſol¬
*) Juriſten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/67>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.