Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.Elterlein war zweiherrig; am rechten Bach¬ Aber so wurde dieses Haus des alten Schul¬ Elterlein war zweiherrig; am rechten Bach¬ Aber ſo wurde dieſes Haus des alten Schul¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0066" n="56"/> <p>Elterlein war zweiherrig; am <hi rendition="#g">rechten</hi> Bach¬<lb/> ufer lagen die Lehnmaͤnner des Fuͤrſten, am<lb/><hi rendition="#g">linken</hi> die Einſaßen des Edelmanns; wiewol ſie<lb/> einander im gemeinen Leben nur ſchlecht die <hi rendition="#g">Rech¬<lb/> ten</hi> und die <hi rendition="#g">Linken</hi> hießen. Nun lief nach al¬<lb/> len Flurbuͤchern und Graͤnzrezeßen in alten Zei¬<lb/> ten die Demarkazionslinie, der Bach, dicht an<lb/> des Schulzen Hauſe vorbei. Nachher veraͤnderte<lb/> der Bach ſein Bette oder ein duͤrrer Sommer nahm<lb/> ihn gen Himmel; kurz Harniſchens Wohnung<lb/> wurde ſo weit hinuͤber gebaut, daß nicht nur Ein<lb/> Dachſtuhl auf zwei Territorien ſtand, ſondern<lb/> auch Eine Stubendecke, und wenn man ihn hin¬<lb/> ſezte, Ein Kruͤpelſtuhl.</p><lb/> <p>Aber ſo wurde dieſes Haus des alten Schul¬<lb/> zen juriſtiſcher Vorhimmel, ſo wie zugleich ſeine<lb/> kameraliſtiſche Vorhoͤlle. Mit unſaͤglichem Ver¬<lb/> gnuͤgen ſah er oft in ſeiner Wohnſtube — die<lb/> an der Wand ein fuͤrſtlicher Graͤnz- und Wap¬<lb/> penpfahl abmarkte — ſich um, und warf publi¬<lb/> ziſtiſche Blicke bald auf Landesherrliche, bald auf<lb/> Ritterſchaͤftliche Stubenbretter und Gerechtſame<lb/> und bedachte, daß er Nachts ein Rechter waͤre —<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0066]
Elterlein war zweiherrig; am rechten Bach¬
ufer lagen die Lehnmaͤnner des Fuͤrſten, am
linken die Einſaßen des Edelmanns; wiewol ſie
einander im gemeinen Leben nur ſchlecht die Rech¬
ten und die Linken hießen. Nun lief nach al¬
len Flurbuͤchern und Graͤnzrezeßen in alten Zei¬
ten die Demarkazionslinie, der Bach, dicht an
des Schulzen Hauſe vorbei. Nachher veraͤnderte
der Bach ſein Bette oder ein duͤrrer Sommer nahm
ihn gen Himmel; kurz Harniſchens Wohnung
wurde ſo weit hinuͤber gebaut, daß nicht nur Ein
Dachſtuhl auf zwei Territorien ſtand, ſondern
auch Eine Stubendecke, und wenn man ihn hin¬
ſezte, Ein Kruͤpelſtuhl.
Aber ſo wurde dieſes Haus des alten Schul¬
zen juriſtiſcher Vorhimmel, ſo wie zugleich ſeine
kameraliſtiſche Vorhoͤlle. Mit unſaͤglichem Ver¬
gnuͤgen ſah er oft in ſeiner Wohnſtube — die
an der Wand ein fuͤrſtlicher Graͤnz- und Wap¬
penpfahl abmarkte — ſich um, und warf publi¬
ziſtiſche Blicke bald auf Landesherrliche, bald auf
Ritterſchaͤftliche Stubenbretter und Gerechtſame
und bedachte, daß er Nachts ein Rechter waͤre —
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Zitationshilfe: | Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/66>, abgerufen am 31.07.2024. |