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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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er nicht bei dem Monde denken, daß dieselbe Sil¬
berscheibe jezt in Italien zwischen Lorbeer-Bäu¬
men hänge? Kann er nicht erwägen, daß die
Aeolsharfe und die Lerche und die ganze Musik und
die Sterne und die Kinder in heissen und kalten
Ländern dieselben sind? Wenn nun gar die reiten¬
de Post, die aus Italien kommt, durchs Dorf
bläset und ihm auf wenigen Tönen blumige Län¬
der an das gefrorne Museums-Fenster hebt; wenn
er alte Rosen- und Lilienblätter aus dem vori¬
gen Sommer in die Hand nimmt, wohl auch eine
geschenkte Schwanzfeder von einem Paradiesvo¬
gel; wenn dabei die prächtigen Klänge: Salat¬
zeit, Kirschenzeit, Trinitatissonntage, Rosenblü¬
the, Marientage das Herz anrühren: so wird er
kaum mehr wissen, daß er in Schweden ist, wenn
Licht gebracht wird, und er verduzt die fremde
Stube ansieht. Will ers noch weiter treiben, so
kann er sich daran ein Wachskerzen-Endgen an¬
zünden, um den ganzen Abend in die große Welt
hinein zu sehen, aus der ers her hat. Denn ich
sollte glauben, daß am Stockholmer Hofe wie an¬
derwärts, von den Hofbedienten Endgen von

er nicht bei dem Monde denken, daß dieſelbe Sil¬
berſcheibe jezt in Italien zwiſchen Lorbeer-Baͤu¬
men haͤnge? Kann er nicht erwaͤgen, daß die
Aeolsharfe und die Lerche und die ganze Muſik und
die Sterne und die Kinder in heiſſen und kalten
Laͤndern dieſelben ſind? Wenn nun gar die reiten¬
de Poſt, die aus Italien kommt, durchs Dorf
blaͤſet und ihm auf wenigen Toͤnen blumige Laͤn¬
der an das gefrorne Muſeums-Fenſter hebt; wenn
er alte Roſen- und Lilienblaͤtter aus dem vori¬
gen Sommer in die Hand nimmt, wohl auch eine
geſchenkte Schwanzfeder von einem Paradiesvo¬
gel; wenn dabei die praͤchtigen Klaͤnge: Salat¬
zeit, Kirſchenzeit, Trinitatisſonntage, Roſenbluͤ¬
the, Marientage das Herz anruͤhren: ſo wird er
kaum mehr wiſſen, daß er in Schweden iſt, wenn
Licht gebracht wird, und er verduzt die fremde
Stube anſieht. Will ers noch weiter treiben, ſo
kann er ſich daran ein Wachskerzen-Endgen an¬
zuͤnden, um den ganzen Abend in die große Welt
hinein zu ſehen, aus der ers her hat. Denn ich
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[37/0047] er nicht bei dem Monde denken, daß dieſelbe Sil¬ berſcheibe jezt in Italien zwiſchen Lorbeer-Baͤu¬ men haͤnge? Kann er nicht erwaͤgen, daß die Aeolsharfe und die Lerche und die ganze Muſik und die Sterne und die Kinder in heiſſen und kalten Laͤndern dieſelben ſind? Wenn nun gar die reiten¬ de Poſt, die aus Italien kommt, durchs Dorf blaͤſet und ihm auf wenigen Toͤnen blumige Laͤn¬ der an das gefrorne Muſeums-Fenſter hebt; wenn er alte Roſen- und Lilienblaͤtter aus dem vori¬ gen Sommer in die Hand nimmt, wohl auch eine geſchenkte Schwanzfeder von einem Paradiesvo¬ gel; wenn dabei die praͤchtigen Klaͤnge: Salat¬ zeit, Kirſchenzeit, Trinitatisſonntage, Roſenbluͤ¬ the, Marientage das Herz anruͤhren: ſo wird er kaum mehr wiſſen, daß er in Schweden iſt, wenn Licht gebracht wird, und er verduzt die fremde Stube anſieht. Will ers noch weiter treiben, ſo kann er ſich daran ein Wachskerzen-Endgen an¬ zuͤnden, um den ganzen Abend in die große Welt hinein zu ſehen, aus der ers her hat. Denn ich ſollte glauben, daß am Stockholmer Hofe wie an¬ derwaͤrts, von den Hofbedienten Endgen von

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/47>, abgerufen am 22.11.2024.