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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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ohne von ihm noch das Geringste zu ziehen. Er
protestierte gut und sehr, muste sich aber vom
lächelnden Kaufmann den Monatstag ausbit¬
ten, und war überhaupt kaum bei sich; denn
immerhin komme ein Mensch mit der poetischen
Luftkugel, die er durch Adler in alle helle Aether¬
räume hat reissen lassen, plözlich unten auf der
Erde an, so hängt er doch noch entzückt unter dem
Glob' und sieht verblüft umher.

Das war der Sonntags-Vormittag. Der
Nachmittag schien sich anders anzufangen. Walt
war von der hellen Wirthstafel -- wo er mit
seinem Puder und Nanking zwischen Atlas,
Manchester, Lockzöpfen, Degen, Battist, Rin¬
gen und Federbüschen wettgeeifert und gespeiset
hatte -- in seine Schattenstube im völligen Sonn¬
tagspuz zurückgegangen, den er nicht ausziehen
konnte, weil eben der Puz in nichts als in eini¬
gem Puder bestand, womit er sich sonntäglich
besäete. Sah er so weiß aus, so schmeckt' er
freilich so gut als der Fürst, was sowohl Sonn¬
tage heissen als Puz. Sogar dem Bettler bleibt
stets der Himmel des Puzwerkes offen; denn

ohne von ihm noch das Geringſte zu ziehen. Er
proteſtierte gut und ſehr, muſte ſich aber vom
laͤchelnden Kaufmann den Monatstag ausbit¬
ten, und war uͤberhaupt kaum bei ſich; denn
immerhin komme ein Menſch mit der poetiſchen
Luftkugel, die er durch Adler in alle helle Aether¬
raͤume hat reiſſen laſſen, ploͤzlich unten auf der
Erde an, ſo haͤngt er doch noch entzuͤckt unter dem
Glob' und ſieht verbluͤft umher.

Das war der Sonntags-Vormittag. Der
Nachmittag ſchien ſich anders anzufangen. Walt
war von der hellen Wirthstafel — wo er mit
ſeinem Puder und Nanking zwiſchen Atlas,
Mancheſter, Lockzoͤpfen, Degen, Battiſt, Rin¬
gen und Federbuͤſchen wettgeeifert und geſpeiſet
hatte — in ſeine Schattenſtube im voͤlligen Sonn¬
tagspuz zuruͤckgegangen, den er nicht ausziehen
konnte, weil eben der Puz in nichts als in eini¬
gem Puder beſtand, womit er ſich ſonntaͤglich
beſaͤete. Sah er ſo weiß aus, ſo ſchmeckt' er
freilich ſo gut als der Fuͤrſt, was ſowohl Sonn¬
tage heiſſen als Puz. Sogar dem Bettler bleibt
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[214/0224] ohne von ihm noch das Geringſte zu ziehen. Er proteſtierte gut und ſehr, muſte ſich aber vom laͤchelnden Kaufmann den Monatstag ausbit¬ ten, und war uͤberhaupt kaum bei ſich; denn immerhin komme ein Menſch mit der poetiſchen Luftkugel, die er durch Adler in alle helle Aether¬ raͤume hat reiſſen laſſen, ploͤzlich unten auf der Erde an, ſo haͤngt er doch noch entzuͤckt unter dem Glob' und ſieht verbluͤft umher. Das war der Sonntags-Vormittag. Der Nachmittag ſchien ſich anders anzufangen. Walt war von der hellen Wirthstafel — wo er mit ſeinem Puder und Nanking zwiſchen Atlas, Mancheſter, Lockzoͤpfen, Degen, Battiſt, Rin¬ gen und Federbuͤſchen wettgeeifert und geſpeiſet hatte — in ſeine Schattenſtube im voͤlligen Sonn¬ tagspuz zuruͤckgegangen, den er nicht ausziehen konnte, weil eben der Puz in nichts als in eini¬ gem Puder beſtand, womit er ſich ſonntaͤglich beſaͤete. Sah er ſo weiß aus, ſo ſchmeckt' er freilich ſo gut als der Fuͤrſt, was ſowohl Sonn¬ tage heiſſen als Puz. Sogar dem Bettler bleibt ſtets der Himmel des Puzwerkes offen; denn

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/224>, abgerufen am 25.11.2024.