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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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dem Stadtthore zu. Ein gut gekleideter Bettler
lief mit dem ofnen Hute ihm entgegen -- dann
ihm nach, dann voraus -- der Jüngling kehr¬
te das Roß um -- der Bettler sich -- und jezt
hielt jener in den Taschen suchend, den stolzen
Waffentanz des schönen Rosses so lange auf,
daß Walt ziemlich leicht die Melancholie auf
dem prangenden Gesicht, wie Mondschein auf
einem Frühling, bemerken konnte, so wie einen
solchen Stolz der Nase und der Augen, als könn'
er die Siegszeichen des Lebens verschencken. Der
Jüngling warf dem Manne seine Uhr in den
Hut, welche dieser lang an der Kette trug, indem
er mit dem Dancke dem Galoppe nachzukommen
suchte.

Jzt war der Notarius nicht mehr im Stan¬
de, eine Minute aus der Stadt zu bleiben, wo¬
hin der Reiter geflogen war, der ihm fast als
der Freund, nämlich als der Gott vorkam, den
er vorher im Traume mit den Abzeichen aller
übrigen Götter (signis Pantheis) gepuzet hat¬
te. Befreunden -- sagt' er zu sich, in seinem
romantischen durch das Testament noch gestärkten

dem Stadtthore zu. Ein gut gekleideter Bettler
lief mit dem ofnen Hute ihm entgegen — dann
ihm nach, dann voraus — der Juͤngling kehr¬
te das Roß um — der Bettler ſich — und jezt
hielt jener in den Taſchen ſuchend, den ſtolzen
Waffentanz des ſchoͤnen Roſſes ſo lange auf,
daß Walt ziemlich leicht die Melancholie auf
dem prangenden Geſicht, wie Mondſchein auf
einem Fruͤhling, bemerken konnte, ſo wie einen
ſolchen Stolz der Naſe und der Augen, als koͤnn'
er die Siegszeichen des Lebens verſchencken. Der
Juͤngling warf dem Manne ſeine Uhr in den
Hut, welche dieſer lang an der Kette trug, indem
er mit dem Dancke dem Galoppe nachzukommen
ſuchte.

Jzt war der Notarius nicht mehr im Stan¬
de, eine Minute aus der Stadt zu bleiben, wo¬
hin der Reiter geflogen war, der ihm faſt als
der Freund, naͤmlich als der Gott vorkam, den
er vorher im Traume mit den Abzeichen aller
uͤbrigen Goͤtter (ſignis Pantheis) gepuzet hat¬
te. Befreunden — ſagt' er zu ſich, in ſeinem
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[212/0222] dem Stadtthore zu. Ein gut gekleideter Bettler lief mit dem ofnen Hute ihm entgegen — dann ihm nach, dann voraus — der Juͤngling kehr¬ te das Roß um — der Bettler ſich — und jezt hielt jener in den Taſchen ſuchend, den ſtolzen Waffentanz des ſchoͤnen Roſſes ſo lange auf, daß Walt ziemlich leicht die Melancholie auf dem prangenden Geſicht, wie Mondſchein auf einem Fruͤhling, bemerken konnte, ſo wie einen ſolchen Stolz der Naſe und der Augen, als koͤnn' er die Siegszeichen des Lebens verſchencken. Der Juͤngling warf dem Manne ſeine Uhr in den Hut, welche dieſer lang an der Kette trug, indem er mit dem Dancke dem Galoppe nachzukommen ſuchte. Jzt war der Notarius nicht mehr im Stan¬ de, eine Minute aus der Stadt zu bleiben, wo¬ hin der Reiter geflogen war, der ihm faſt als der Freund, naͤmlich als der Gott vorkam, den er vorher im Traume mit den Abzeichen aller uͤbrigen Goͤtter (ſignis Pantheis) gepuzet hat¬ te. Befreunden — ſagt' er zu ſich, in ſeinem romantiſchen durch das Teſtament noch geſtaͤrkten

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/222>, abgerufen am 25.11.2024.