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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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sein fernes Dörfchen und gerührte liebe Herzen
mit Echos erfülle. Oben auf einem Berge legte
Walt sich auf den Hals des Flugpferds, um
aus dem Ohr die Drukkugel zu graben. Da er
sie erwischt hatte: so trat das Thier wieder gesez¬
ter einher, als ein Mensch hinter einer Leiche;
und nur der Berg schob es herunter, und in der
Ebene gieng es, wie ein silberner glatter Fluß,
unmerklich weiter.

Izt genos der zur Ruhe gesezte Notarius
ganz seine sizende Lebensart auf dem Sattel, und
den weiten singenden Tag. Sein hoher Aufent¬
halt auf der Sattelwarte stellte ihm, diesem ewi¬
gen Fusgänger, alle Berge und Auen unter ihn,
und er regierte die glänzende Gegend. An einer
neuen Anhöhe stieg ein Wagenzug von sieben
Fuhrleuten auf, den er gern zu Pferde eingeholt
und überritten hätte, um nicht in seinen Träu¬
men durch ihr Umschauen gestört zu werden;
aber am Hügel-Fuße wollte der gerittene Blon¬
din so gut die Natur genießen -- die für ihn in
Gras bestand -- als der reitende, und stand
sehr fest. Walt sezte sich zwar anfangs dargegen

ſein fernes Doͤrfchen und geruͤhrte liebe Herzen
mit Echos erfuͤlle. Oben auf einem Berge legte
Walt ſich auf den Hals des Flugpferds, um
aus dem Ohr die Drukkugel zu graben. Da er
ſie erwiſcht hatte: ſo trat das Thier wieder geſez¬
ter einher, als ein Menſch hinter einer Leiche;
und nur der Berg ſchob es herunter, und in der
Ebene gieng es, wie ein ſilberner glatter Fluß,
unmerklich weiter.

Izt genos der zur Ruhe geſezte Notarius
ganz ſeine ſizende Lebensart auf dem Sattel, und
den weiten ſingenden Tag. Sein hoher Aufent¬
halt auf der Sattelwarte ſtellte ihm, dieſem ewi¬
gen Fusgaͤnger, alle Berge und Auen unter ihn,
und er regierte die glaͤnzende Gegend. An einer
neuen Anhoͤhe ſtieg ein Wagenzug von ſieben
Fuhrleuten auf, den er gern zu Pferde eingeholt
und uͤberritten haͤtte, um nicht in ſeinen Traͤu¬
men durch ihr Umſchauen geſtoͤrt zu werden;
aber am Huͤgel-Fuße wollte der gerittene Blon¬
din ſo gut die Natur genießen — die fuͤr ihn in
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[133/0143] ſein fernes Doͤrfchen und geruͤhrte liebe Herzen mit Echos erfuͤlle. Oben auf einem Berge legte Walt ſich auf den Hals des Flugpferds, um aus dem Ohr die Drukkugel zu graben. Da er ſie erwiſcht hatte: ſo trat das Thier wieder geſez¬ ter einher, als ein Menſch hinter einer Leiche; und nur der Berg ſchob es herunter, und in der Ebene gieng es, wie ein ſilberner glatter Fluß, unmerklich weiter. Izt genos der zur Ruhe geſezte Notarius ganz ſeine ſizende Lebensart auf dem Sattel, und den weiten ſingenden Tag. Sein hoher Aufent¬ halt auf der Sattelwarte ſtellte ihm, dieſem ewi¬ gen Fusgaͤnger, alle Berge und Auen unter ihn, und er regierte die glaͤnzende Gegend. An einer neuen Anhoͤhe ſtieg ein Wagenzug von ſieben Fuhrleuten auf, den er gern zu Pferde eingeholt und uͤberritten haͤtte, um nicht in ſeinen Traͤu¬ men durch ihr Umſchauen geſtoͤrt zu werden; aber am Huͤgel-Fuße wollte der gerittene Blon¬ din ſo gut die Natur genießen — die fuͤr ihn in Gras beſtand — als der reitende, und ſtand ſehr feſt. Walt ſezte ſich zwar anfangs dargegen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/143>, abgerufen am 22.11.2024.