Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].in der Ursprache zu lesen, aber auch dieser Anlauf war vergeblich. Mein Lehrer Don Mariano de Villalba, ein wegen seiner liberalen Grundsätze exilirter Spanier schien nur für den Elementarunterricht zugeschnitten zu sein. Von spanischer Grandezza war nicht viel bei ihm zu spüren, seine Anschauungen bewegten sich in einem höchst beschränkten Kreise; ich fragte vergebens nach manchen Autoren, die mir schon aus Bouterwecks Geschichte der spanischen Litteratur dem Namen nach bekannt waren. Von dem erhabnen Humor des edlen Junkers aus der Mancha schien Don Mariano gar keine Ahnung zu haben; das Werk, meinte er, sei zwar eines der berühmtesten, und die Darstellung sei vortrefflich, aber es enthalte doch viele veralteten Ausdrücke, die eingeschalteten Novellen gehörten nicht zur Handlung, die Sprüchwörter des Sancho seien zum Theil außer Gebrauch gekommen; kurz - da ich als Schüler mich am Ende dem Lehrer unterordnen mußte, so lasen wir: Solis conquista de Mexico, eine mit Recht als klassisch gerühmte Arbeit, deren elegante Darstellung durch eine harmonische Sprache gehoben wird, deren historischer Werth aber kaum das Niveau so mancher andern Geschichtswerke überragt. Es folgten noch einige Stücke von Calderon, die man damals einzeln sehr wohlfeil bei den pariser Bouquinisten haben konnte, aber Don Mariano schien in den 128 Schauspielen Calderons nicht sehr bewandert zu sein, und mir gewährte es wenig Vergnügen, an ihm einen Mitleser ohne alles Interesse zu haben. Um im lateinischen nicht aus der Uebung zu kommen, las ich mit der Karte in der Hand Caesars gallischen in der Ursprache zu lesen, aber auch dieser Anlauf war vergeblich. Mein Lehrer Don Mariano de Villalba, ein wegen seiner liberalen Grundsätze exilirter Spanier schien nur für den Elementarunterricht zugeschnitten zu sein. Von spanischer Grandezza war nicht viel bei ihm zu spüren, seine Anschauungen bewegten sich in einem höchst beschränkten Kreise; ich fragte vergebens nach manchen Autoren, die mir schon aus Bouterwecks Geschichte der spanischen Litteratur dem Namen nach bekannt waren. Von dem erhabnen Humor des edlen Junkers aus der Mancha schien Don Mariano gar keine Ahnung zu haben; das Werk, meinte er, sei zwar eines der berühmtesten, und die Darstellung sei vortrefflich, aber es enthalte doch viele veralteten Ausdrücke, die eingeschalteten Novellen gehörten nicht zur Handlung, die Sprüchwörter des Sancho seien zum Theil außer Gebrauch gekommen; kurz – da ich als Schüler mich am Ende dem Lehrer unterordnen mußte, so lasen wir: Solis conquista de Mexico, eine mit Recht als klassisch gerühmte Arbeit, deren elegante Darstellung durch eine harmonische Sprache gehoben wird, deren historischer Werth aber kaum das Niveau so mancher andern Geschichtswerke überragt. Es folgten noch einige Stücke von Calderon, die man damals einzeln sehr wohlfeil bei den pariser Bouquinisten haben konnte, aber Don Mariano schien in den 128 Schauspielen Calderons nicht sehr bewandert zu sein, und mir gewährte es wenig Vergnügen, an ihm einen Mitleser ohne alles Interesse zu haben. Um im lateinischen nicht aus der Uebung zu kommen, las ich mit der Karte in der Hand Caesars gallischen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0465" n="457"/> in der Ursprache zu lesen, aber auch dieser Anlauf war vergeblich. Mein Lehrer Don Mariano de Villalba, ein wegen seiner liberalen Grundsätze exilirter Spanier schien nur für den Elementarunterricht zugeschnitten zu sein. Von spanischer Grandezza war nicht viel bei ihm zu spüren, seine Anschauungen bewegten sich in einem höchst beschränkten Kreise; ich fragte vergebens nach manchen Autoren, die mir schon aus Bouterwecks Geschichte der spanischen Litteratur dem Namen nach bekannt waren. Von dem erhabnen Humor des edlen Junkers aus der Mancha schien Don Mariano gar keine Ahnung zu haben; das Werk, meinte er, sei zwar eines der berühmtesten, und die Darstellung sei vortrefflich, aber es enthalte doch viele veralteten Ausdrücke, die eingeschalteten Novellen gehörten nicht zur Handlung, die Sprüchwörter des Sancho seien zum Theil außer Gebrauch gekommen; kurz – da ich als Schüler mich am Ende dem Lehrer unterordnen mußte, so lasen wir: Solis conquista de Mexico, eine mit Recht als klassisch gerühmte Arbeit, deren elegante Darstellung durch eine harmonische Sprache gehoben wird, deren historischer Werth aber kaum das Niveau so mancher andern Geschichtswerke überragt. Es folgten noch einige Stücke von Calderon, die man damals einzeln sehr wohlfeil bei den pariser Bouquinisten haben konnte, aber Don Mariano schien in den 128 Schauspielen Calderons nicht sehr bewandert zu sein, und mir gewährte es wenig Vergnügen, an ihm einen Mitleser ohne alles Interesse zu haben. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Um im lateinischen nicht aus der Uebung zu kommen, las ich mit der Karte in der Hand Caesars gallischen </p> </div> </body> </text> </TEI> [457/0465]
in der Ursprache zu lesen, aber auch dieser Anlauf war vergeblich. Mein Lehrer Don Mariano de Villalba, ein wegen seiner liberalen Grundsätze exilirter Spanier schien nur für den Elementarunterricht zugeschnitten zu sein. Von spanischer Grandezza war nicht viel bei ihm zu spüren, seine Anschauungen bewegten sich in einem höchst beschränkten Kreise; ich fragte vergebens nach manchen Autoren, die mir schon aus Bouterwecks Geschichte der spanischen Litteratur dem Namen nach bekannt waren. Von dem erhabnen Humor des edlen Junkers aus der Mancha schien Don Mariano gar keine Ahnung zu haben; das Werk, meinte er, sei zwar eines der berühmtesten, und die Darstellung sei vortrefflich, aber es enthalte doch viele veralteten Ausdrücke, die eingeschalteten Novellen gehörten nicht zur Handlung, die Sprüchwörter des Sancho seien zum Theil außer Gebrauch gekommen; kurz – da ich als Schüler mich am Ende dem Lehrer unterordnen mußte, so lasen wir: Solis conquista de Mexico, eine mit Recht als klassisch gerühmte Arbeit, deren elegante Darstellung durch eine harmonische Sprache gehoben wird, deren historischer Werth aber kaum das Niveau so mancher andern Geschichtswerke überragt. Es folgten noch einige Stücke von Calderon, die man damals einzeln sehr wohlfeil bei den pariser Bouquinisten haben konnte, aber Don Mariano schien in den 128 Schauspielen Calderons nicht sehr bewandert zu sein, und mir gewährte es wenig Vergnügen, an ihm einen Mitleser ohne alles Interesse zu haben.
Um im lateinischen nicht aus der Uebung zu kommen, las ich mit der Karte in der Hand Caesars gallischen
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