Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].den Master Hart, einen jungen wohlgebildeten Mann, der sein Hauptaugenmerk auf eine korrekte Aussprache richtete. Während man sonst die Beobachtung machen kann, daß die Engländer, selten die Zähne von einander bringend, mit wenigen Lippenbewegungen ihre rauhen Konsonanten und unbestimmten Vokale herausstoßen, so sagte dagegen Master Hart, sobald wir uns zum lernen hingesetzt, mit klarer Stimme: Open your mouth, and let come out the syllables clearly und distinctly! Nun erkannte ich wohl die Vorzüge einer recht korrekten Aussprache, allein da ich mich schon mit Madame Waldron ganz gut englisch unterhielt, so war ich nicht eben darauf versessen, mir die feinsten Gurgelungen des ton- und reizlosen Idioms, dieser häslichsten Tochter des lateinischen und deutschen zu eigen zu machen, die niemand besser karakterisirt hat als Lord Byron im Beppo, bei dem klassischen Vergleiche zwischen dem italiänischen und englischen: I like the language, that soft bastard latin, That melts like kisses from a female mouth, And seems as if it should be writ on satin With syllables that breeze of the sweet south. And gentle liquids, gliding all so pat in, That not a single accent seems uncouth; Not like our harsh northern whistling grunting guttural, Which you're obliged to hiss and spit and sputter all. Mir war es jetzt mehr darum zu thun, mich an der Hand eines kundigen Führers in der Litteratur umzusehn, und da konnte Master Hart, der nur eine oberflächliche Bildung besaß, mir wenig nützen. Daher trennte ich mich den Master Hart, einen jungen wohlgebildeten Mann, der sein Hauptaugenmerk auf eine korrekte Aussprache richtete. Während man sonst die Beobachtung machen kann, daß die Engländer, selten die Zähne von einander bringend, mit wenigen Lippenbewegungen ihre rauhen Konsonanten und unbestimmten Vokale herausstoßen, so sagte dagegen Master Hart, sobald wir uns zum lernen hingesetzt, mit klarer Stimme: Open your mouth, and let come out the syllables clearly und distinctly! Nun erkannte ich wohl die Vorzüge einer recht korrekten Aussprache, allein da ich mich schon mit Madame Waldron ganz gut englisch unterhielt, so war ich nicht eben darauf versessen, mir die feinsten Gurgelungen des ton- und reizlosen Idioms, dieser häslichsten Tochter des lateinischen und deutschen zu eigen zu machen, die niemand besser karakterisirt hat als Lord Byron im Beppo, bei dem klassischen Vergleiche zwischen dem italiänischen und englischen: I like the language, that soft bastard latin, That melts like kisses from a female mouth, And seems as if it should be writ on satin With syllables that breeze of the sweet south. And gentle liquids, gliding all so pat in, That not a single accent seems uncouth; Not like our harsh northern whistling grunting guttural, Which you’re obliged to hiss and spit and sputter all. Mir war es jetzt mehr darum zu thun, mich an der Hand eines kundigen Führers in der Litteratur umzusehn, und da konnte Master Hart, der nur eine oberflächliche Bildung besaß, mir wenig nützen. Daher trennte ich mich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0463" n="455"/> den Master Hart, einen jungen wohlgebildeten Mann, der sein Hauptaugenmerk auf eine korrekte Aussprache richtete. Während man sonst die Beobachtung machen kann, daß die Engländer, selten die Zähne von einander bringend, mit wenigen Lippenbewegungen ihre rauhen Konsonanten und unbestimmten Vokale herausstoßen, so sagte dagegen Master Hart, sobald wir uns zum lernen hingesetzt, mit klarer Stimme: Open your mouth, and let come out the syllables clearly und distinctly! Nun erkannte ich wohl die Vorzüge einer recht korrekten Aussprache, allein da ich mich schon mit Madame Waldron ganz gut englisch unterhielt, so war ich nicht eben darauf versessen, mir die feinsten Gurgelungen des ton- und reizlosen Idioms, dieser häslichsten Tochter des lateinischen und deutschen zu eigen zu machen, die niemand besser karakterisirt hat als Lord Byron im Beppo, bei dem klassischen Vergleiche zwischen dem italiänischen und englischen: </p><lb/> <p>I like the language, that soft bastard latin, </p><lb/> <p>That melts like kisses from a female mouth, </p><lb/> <p>And seems as if it should be writ on satin </p><lb/> <p>With syllables that breeze of the sweet south. </p><lb/> <p>And gentle liquids, gliding all so pat in, </p><lb/> <p>That not a single accent seems uncouth; </p><lb/> <p>Not like our harsh northern whistling grunting guttural, </p><lb/> <p>Which you’re obliged to hiss and spit and sputter all. </p><lb/> <p>Mir war es jetzt mehr darum zu thun, mich an der Hand eines kundigen Führers in der Litteratur umzusehn, und da konnte Master Hart, der nur eine oberflächliche Bildung besaß, mir wenig nützen. Daher trennte ich mich </p> </div> </body> </text> </TEI> [455/0463]
den Master Hart, einen jungen wohlgebildeten Mann, der sein Hauptaugenmerk auf eine korrekte Aussprache richtete. Während man sonst die Beobachtung machen kann, daß die Engländer, selten die Zähne von einander bringend, mit wenigen Lippenbewegungen ihre rauhen Konsonanten und unbestimmten Vokale herausstoßen, so sagte dagegen Master Hart, sobald wir uns zum lernen hingesetzt, mit klarer Stimme: Open your mouth, and let come out the syllables clearly und distinctly! Nun erkannte ich wohl die Vorzüge einer recht korrekten Aussprache, allein da ich mich schon mit Madame Waldron ganz gut englisch unterhielt, so war ich nicht eben darauf versessen, mir die feinsten Gurgelungen des ton- und reizlosen Idioms, dieser häslichsten Tochter des lateinischen und deutschen zu eigen zu machen, die niemand besser karakterisirt hat als Lord Byron im Beppo, bei dem klassischen Vergleiche zwischen dem italiänischen und englischen:
I like the language, that soft bastard latin,
That melts like kisses from a female mouth,
And seems as if it should be writ on satin
With syllables that breeze of the sweet south.
And gentle liquids, gliding all so pat in,
That not a single accent seems uncouth;
Not like our harsh northern whistling grunting guttural,
Which you’re obliged to hiss and spit and sputter all.
Mir war es jetzt mehr darum zu thun, mich an der Hand eines kundigen Führers in der Litteratur umzusehn, und da konnte Master Hart, der nur eine oberflächliche Bildung besaß, mir wenig nützen. Daher trennte ich mich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/463 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/463>, abgerufen am 05.07.2024. |