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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Die juristische Fakultät erkannte ohne Widerrede Thibaut als ihren Koryphäen an. Sein Kollegium über die Pandekten genoß einer durch ganz Deutschland verbreiteten Berühmtheit, und füllte das gröste Auditorium mit Hörern aus allen Gegenden. Seine imponirende Persönlichkeit, sein entschiedenes Urtheil, sein derber Humor, selbst der Ton seiner Stimme erinnerten mich manchmal an Zelter, wenngleich in den Gesichtszügen wenig Aehnlichkeit stattfand. Professor Zachariae ward als einer der besten Kriminalisten gerühmt, doch fehlte ihm Thibauts großartiger Blick in der Auffassung der Rechtslehren.

Als Arzt und Geburtshelfer stand Nägele bei der ganzen Stadt im besten Rufe. Durch feinen Witz und geistreiches Wesen belebte er jeden geselligen Kreis, doch mußte man sich darüber hinwegsetzen, daß er im Gespräche manchmal allzutief in die Details seiner Wissenschaft einging. Chelius begann so eben seine glänzende Laufbahn als Anatom und Chirurg, auf der er später zu einer der ersten Größen heranwuchs, und jetzt nach mehr als 50jähriger Wirksamkeit seinen Ruhm in seinem Sohne fortleben sieht.

Im Fache der Archäologie stand Creuzer auf der Höhe seiner Thätigkeit. Die von ihm gegründete antike Symbolik ist seitdem von anderen Systemen der Mythologie verdrängt worden, aber sein lebendiger Vortrag, sein ausgebreitetes Wissen, seine liebevolle Hingabe an die Sache übten auf seine Zuhörer einen eigenthümlichen Zauber. Die klassische Philologie war durch Johann Heinrich Voss den Sohn vertreten, dem man nicht mit Unrecht nachsagte, daß er von dem Ruhme seines Vaters lebe. Als junger angehender Docent machte sich Bähr bemerklich, der

Die juristische Fakultät erkannte ohne Widerrede Thibaut als ihren Koryphäen an. Sein Kollegium über die Pandekten genoß einer durch ganz Deutschland verbreiteten Berühmtheit, und füllte das gröste Auditorium mit Hörern aus allen Gegenden. Seine imponirende Persönlichkeit, sein entschiedenes Urtheil, sein derber Humor, selbst der Ton seiner Stimme erinnerten mich manchmal an Zelter, wenngleich in den Gesichtszügen wenig Aehnlichkeit stattfand. Professor Zachariae ward als einer der besten Kriminalisten gerühmt, doch fehlte ihm Thibauts großartiger Blick in der Auffassung der Rechtslehren.

Als Arzt und Geburtshelfer stand Nägele bei der ganzen Stadt im besten Rufe. Durch feinen Witz und geistreiches Wesen belebte er jeden geselligen Kreis, doch mußte man sich darüber hinwegsetzen, daß er im Gespräche manchmal allzutief in die Details seiner Wissenschaft einging. Chelius begann so eben seine glänzende Laufbahn als Anatom und Chirurg, auf der er später zu einer der ersten Größen heranwuchs, und jetzt nach mehr als 50jähriger Wirksamkeit seinen Ruhm in seinem Sohne fortleben sieht.

Im Fache der Archäologie stand Creuzer auf der Höhe seiner Thätigkeit. Die von ihm gegründete antike Symbolik ist seitdem von anderen Systemen der Mythologie verdrängt worden, aber sein lebendiger Vortrag, sein ausgebreitetes Wissen, seine liebevolle Hingabe an die Sache übten auf seine Zuhörer einen eigenthümlichen Zauber. Die klassische Philologie war durch Johann Heinrich Voss den Sohn vertreten, dem man nicht mit Unrecht nachsagte, daß er von dem Ruhme seines Vaters lebe. Als junger angehender Docent machte sich Bähr bemerklich, der

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[312/0320] Die juristische Fakultät erkannte ohne Widerrede Thibaut als ihren Koryphäen an. Sein Kollegium über die Pandekten genoß einer durch ganz Deutschland verbreiteten Berühmtheit, und füllte das gröste Auditorium mit Hörern aus allen Gegenden. Seine imponirende Persönlichkeit, sein entschiedenes Urtheil, sein derber Humor, selbst der Ton seiner Stimme erinnerten mich manchmal an Zelter, wenngleich in den Gesichtszügen wenig Aehnlichkeit stattfand. Professor Zachariae ward als einer der besten Kriminalisten gerühmt, doch fehlte ihm Thibauts großartiger Blick in der Auffassung der Rechtslehren. Als Arzt und Geburtshelfer stand Nägele bei der ganzen Stadt im besten Rufe. Durch feinen Witz und geistreiches Wesen belebte er jeden geselligen Kreis, doch mußte man sich darüber hinwegsetzen, daß er im Gespräche manchmal allzutief in die Details seiner Wissenschaft einging. Chelius begann so eben seine glänzende Laufbahn als Anatom und Chirurg, auf der er später zu einer der ersten Größen heranwuchs, und jetzt nach mehr als 50jähriger Wirksamkeit seinen Ruhm in seinem Sohne fortleben sieht. Im Fache der Archäologie stand Creuzer auf der Höhe seiner Thätigkeit. Die von ihm gegründete antike Symbolik ist seitdem von anderen Systemen der Mythologie verdrängt worden, aber sein lebendiger Vortrag, sein ausgebreitetes Wissen, seine liebevolle Hingabe an die Sache übten auf seine Zuhörer einen eigenthümlichen Zauber. Die klassische Philologie war durch Johann Heinrich Voss den Sohn vertreten, dem man nicht mit Unrecht nachsagte, daß er von dem Ruhme seines Vaters lebe. Als junger angehender Docent machte sich Bähr bemerklich, der

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/320>, abgerufen am 22.11.2024.