Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].später den Herodot mit besonderer Vorliebe behandelte, und noch jetzt mich seiner Freundschaft würdigt. Für die Geschichte genoß Fr. Chr. Schlosser den Ruf eines gründlichen Arbeiters. Seine Gelehrsamkeit war in seinem Fache erschöpfend zu nennen, und glänzte später in seinen bändereichen universalhistorischen Werken, in denen er es jedoch verschmähte, der Form immer die gehörige Sorgfalt zu widmen. Kirchenrath Schwarz arbeitete im Fache der Pädagogik. Professor Schelver hatte es versucht, durch ein neues System der Botanik die bisher als fundamental angenommene Lehre von der Befruchtung zu erschüttern, konnte aber damit, wie ich von kompetenten Personen hörte, nicht durchdringen. Professor von Leonhardt unterstützte seine mineralogischen Vorträge durch die Schätze eines ungemein reichen Kabinettes; er wirkte außerdem in seinem Fache als sorgfältiger und fruchtbarer Schriftsteller. Die Physik wurde von Professor Muncke, die Chemie von Gmelin mit vielem Erfolge vorgetragen. Trotz dieses reichbesetzten Tisches wurde es uns gar nicht schwer, eine Auswahl der Speisen zu treffen; wir belegten bei Creuzer die Symbolik und Archäologie, bei Schlosser die neuere Geschichte. Da ich für Botanik noch immer eine große Vorhebe hegte, und die Flora von Heidelberg sich von der berliner, die ich ziemlich inne hatte, in manchen Punkten unterschied, so wollte ich bei dem freundlichen Schelver ein einstündiges botanisches Kollegium hören; es kam aber nicht zu Stande, weil sich außer mir niemand gemeldet. Ein Glück, wonach unser ganzes Herz brannte, war später den Herodot mit besonderer Vorliebe behandelte, und noch jetzt mich seiner Freundschaft würdigt. Für die Geschichte genoß Fr. Chr. Schlosser den Ruf eines gründlichen Arbeiters. Seine Gelehrsamkeit war in seinem Fache erschöpfend zu nennen, und glänzte später in seinen bändereichen universalhistorischen Werken, in denen er es jedoch verschmähte, der Form immer die gehörige Sorgfalt zu widmen. Kirchenrath Schwarz arbeitete im Fache der Pädagogik. Professor Schelver hatte es versucht, durch ein neues System der Botanik die bisher als fundamental angenommene Lehre von der Befruchtung zu erschüttern, konnte aber damit, wie ich von kompetenten Personen hörte, nicht durchdringen. Professor von Leonhardt unterstützte seine mineralogischen Vorträge durch die Schätze eines ungemein reichen Kabinettes; er wirkte außerdem in seinem Fache als sorgfältiger und fruchtbarer Schriftsteller. Die Physik wurde von Professor Muncke, die Chemie von Gmelin mit vielem Erfolge vorgetragen. Trotz dieses reichbesetzten Tisches wurde es uns gar nicht schwer, eine Auswahl der Speisen zu treffen; wir belegten bei Creuzer die Symbolik und Archäologie, bei Schlosser die neuere Geschichte. Da ich für Botanik noch immer eine große Vorhebe hegte, und die Flora von Heidelberg sich von der berliner, die ich ziemlich inne hatte, in manchen Punkten unterschied, so wollte ich bei dem freundlichen Schelver ein einstündiges botanisches Kollegium hören; es kam aber nicht zu Stande, weil sich außer mir niemand gemeldet. Ein Glück, wonach unser ganzes Herz brannte, war <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0321" n="313"/> später den Herodot mit besonderer Vorliebe behandelte, und noch jetzt mich seiner Freundschaft würdigt. </p><lb/> <p>Für die Geschichte genoß Fr. Chr. Schlosser den Ruf eines gründlichen Arbeiters. Seine Gelehrsamkeit war in seinem Fache erschöpfend zu nennen, und glänzte später in seinen bändereichen universalhistorischen Werken, in denen er es jedoch verschmähte, der Form immer die gehörige Sorgfalt zu widmen. </p><lb/> <p>Kirchenrath Schwarz arbeitete im Fache der Pädagogik. Professor Schelver hatte es versucht, durch ein neues System der Botanik die bisher als fundamental angenommene Lehre von der Befruchtung zu erschüttern, konnte aber damit, wie ich von kompetenten Personen hörte, nicht durchdringen. </p><lb/> <p>Professor von Leonhardt unterstützte seine mineralogischen Vorträge durch die Schätze eines ungemein reichen Kabinettes; er wirkte außerdem in seinem Fache als sorgfältiger und fruchtbarer Schriftsteller. </p><lb/> <p>Die Physik wurde von Professor Muncke, die Chemie von Gmelin mit vielem Erfolge vorgetragen. </p><lb/> <p>Trotz dieses reichbesetzten Tisches wurde es uns gar nicht schwer, eine Auswahl der Speisen zu treffen; wir belegten bei Creuzer die Symbolik und Archäologie, bei Schlosser die neuere Geschichte. Da ich für Botanik noch immer eine große Vorhebe hegte, und die Flora von Heidelberg sich von der berliner, die ich ziemlich inne hatte, in manchen Punkten unterschied, so wollte ich bei dem freundlichen Schelver ein einstündiges botanisches Kollegium hören; es kam aber nicht zu Stande, weil sich außer mir niemand gemeldet. </p><lb/> <p>Ein Glück, wonach unser ganzes Herz brannte, war </p> </div> </body> </text> </TEI> [313/0321]
später den Herodot mit besonderer Vorliebe behandelte, und noch jetzt mich seiner Freundschaft würdigt.
Für die Geschichte genoß Fr. Chr. Schlosser den Ruf eines gründlichen Arbeiters. Seine Gelehrsamkeit war in seinem Fache erschöpfend zu nennen, und glänzte später in seinen bändereichen universalhistorischen Werken, in denen er es jedoch verschmähte, der Form immer die gehörige Sorgfalt zu widmen.
Kirchenrath Schwarz arbeitete im Fache der Pädagogik. Professor Schelver hatte es versucht, durch ein neues System der Botanik die bisher als fundamental angenommene Lehre von der Befruchtung zu erschüttern, konnte aber damit, wie ich von kompetenten Personen hörte, nicht durchdringen.
Professor von Leonhardt unterstützte seine mineralogischen Vorträge durch die Schätze eines ungemein reichen Kabinettes; er wirkte außerdem in seinem Fache als sorgfältiger und fruchtbarer Schriftsteller.
Die Physik wurde von Professor Muncke, die Chemie von Gmelin mit vielem Erfolge vorgetragen.
Trotz dieses reichbesetzten Tisches wurde es uns gar nicht schwer, eine Auswahl der Speisen zu treffen; wir belegten bei Creuzer die Symbolik und Archäologie, bei Schlosser die neuere Geschichte. Da ich für Botanik noch immer eine große Vorhebe hegte, und die Flora von Heidelberg sich von der berliner, die ich ziemlich inne hatte, in manchen Punkten unterschied, so wollte ich bei dem freundlichen Schelver ein einstündiges botanisches Kollegium hören; es kam aber nicht zu Stande, weil sich außer mir niemand gemeldet.
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/321>, abgerufen am 05.07.2024. |