Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].liche Gewölbe mit dem dumpf hallenden Laß fahren! Laß halten! mir fehlte. Diesem romantischen Gefühle durfte ich aber bei den Dresdner Verwandten keinen Ausdruck geben; ihnen war jener Rest des Mittelalters immer ein Dorn im Auge gewesen. Mit Vetter Christians beiden Töchtern Elise und Pauline besuchten wir alle schönen Punkte der Umgegend. Wenn wir uns an den Reizen der Landschaft recht entzückten, so hatten die Cousinen ihre herzliche Freude daran, und wir konnten uns von der geistreichen Elise das Kompliment machen lassen: es gebe doch noch Berliner, die den Thiergarten nicht über den Plauenschen Grund setzten. Den diesmaligen Aufenthalt in Dresden benutzte ich mit allem Eifer, um in der Bildergallerie recht heimisch zu werden, und ich kann sagen, daß von dieser Zeit an mir der Blick für die Herrlichkeit der Kunst aufging. Die Gallerie befand sich damals noch in dem königlichen Marstall, begreiflicher Weise weit weniger günstig aufgestellt als jetzt. Die äußeren Säle eines großen Rechteckes enthielten die deutschen und niederländischen Schulen, die in den Hof sehenden inneren Räume waren mit den Italiänern gefüllt. Viele Bilder hingen an den dunkeln Fensterwänden, viele so hoch, daß man sie gar nicht erkennen konnte, und doch hatte der Besuch der gewaltig großen, imposanten, durch keine Zwischenwand getheilten Säle etwas überwältigendes, einen geheimnißvollen Reiz, der mich noch jetzt in der Erinnerung mit wonnigem Schauer erfüllt. Wir hielten es für das non plus ultra von Grausen, als der Vetter Christian uns erzählte, wie liche Gewölbe mit dem dumpf hallenden Laß fahren! Laß halten! mir fehlte. Diesem romantischen Gefühle durfte ich aber bei den Dresdner Verwandten keinen Ausdruck geben; ihnen war jener Rest des Mittelalters immer ein Dorn im Auge gewesen. Mit Vetter Christians beiden Töchtern Elise und Pauline besuchten wir alle schönen Punkte der Umgegend. Wenn wir uns an den Reizen der Landschaft recht entzückten, so hatten die Cousinen ihre herzliche Freude daran, und wir konnten uns von der geistreichen Elise das Kompliment machen lassen: es gebe doch noch Berliner, die den Thiergarten nicht über den Plauenschen Grund setzten. Den diesmaligen Aufenthalt in Dresden benutzte ich mit allem Eifer, um in der Bildergallerie recht heimisch zu werden, und ich kann sagen, daß von dieser Zeit an mir der Blick für die Herrlichkeit der Kunst aufging. Die Gallerie befand sich damals noch in dem königlichen Marstall, begreiflicher Weise weit weniger günstig aufgestellt als jetzt. Die äußeren Säle eines großen Rechteckes enthielten die deutschen und niederländischen Schulen, die in den Hof sehenden inneren Räume waren mit den Italiänern gefüllt. Viele Bilder hingen an den dunkeln Fensterwänden, viele so hoch, daß man sie gar nicht erkennen konnte, und doch hatte der Besuch der gewaltig großen, imposanten, durch keine Zwischenwand getheilten Säle etwas überwältigendes, einen geheimnißvollen Reiz, der mich noch jetzt in der Erinnerung mit wonnigem Schauer erfüllt. Wir hielten es für das non plus ultra von Grausen, als der Vetter Christian uns erzählte, wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0305" n="297"/> liche Gewölbe mit dem dumpf hallenden Laß fahren! Laß halten! mir fehlte. Diesem romantischen Gefühle durfte ich aber bei den Dresdner Verwandten keinen Ausdruck geben; ihnen war jener Rest des Mittelalters immer ein Dorn im Auge gewesen. Mit Vetter Christians beiden Töchtern Elise und Pauline besuchten wir alle schönen Punkte der Umgegend. Wenn wir uns an den Reizen der Landschaft recht entzückten, so hatten die Cousinen ihre herzliche Freude daran, und wir konnten uns von der geistreichen Elise das Kompliment machen lassen: es gebe doch noch Berliner, die den Thiergarten nicht über den Plauenschen Grund setzten. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Den diesmaligen Aufenthalt in Dresden benutzte ich mit allem Eifer, um in der Bildergallerie recht heimisch zu werden, und ich kann sagen, daß von dieser Zeit an mir der Blick für die Herrlichkeit der Kunst aufging. </p><lb/> <p>Die Gallerie befand sich damals noch in dem königlichen Marstall, begreiflicher Weise weit weniger günstig aufgestellt als jetzt. Die äußeren Säle eines großen Rechteckes enthielten die deutschen und niederländischen Schulen, die in den Hof sehenden inneren Räume waren mit den Italiänern gefüllt. Viele Bilder hingen an den dunkeln Fensterwänden, viele so hoch, daß man sie gar nicht erkennen konnte, und doch hatte der Besuch der gewaltig großen, imposanten, durch keine Zwischenwand getheilten Säle etwas überwältigendes, einen geheimnißvollen Reiz, der mich noch jetzt in der Erinnerung mit wonnigem Schauer erfüllt. Wir hielten es für das non plus ultra von Grausen, als der Vetter Christian uns erzählte, wie </p> </div> </body> </text> </TEI> [297/0305]
liche Gewölbe mit dem dumpf hallenden Laß fahren! Laß halten! mir fehlte. Diesem romantischen Gefühle durfte ich aber bei den Dresdner Verwandten keinen Ausdruck geben; ihnen war jener Rest des Mittelalters immer ein Dorn im Auge gewesen. Mit Vetter Christians beiden Töchtern Elise und Pauline besuchten wir alle schönen Punkte der Umgegend. Wenn wir uns an den Reizen der Landschaft recht entzückten, so hatten die Cousinen ihre herzliche Freude daran, und wir konnten uns von der geistreichen Elise das Kompliment machen lassen: es gebe doch noch Berliner, die den Thiergarten nicht über den Plauenschen Grund setzten.
Den diesmaligen Aufenthalt in Dresden benutzte ich mit allem Eifer, um in der Bildergallerie recht heimisch zu werden, und ich kann sagen, daß von dieser Zeit an mir der Blick für die Herrlichkeit der Kunst aufging.
Die Gallerie befand sich damals noch in dem königlichen Marstall, begreiflicher Weise weit weniger günstig aufgestellt als jetzt. Die äußeren Säle eines großen Rechteckes enthielten die deutschen und niederländischen Schulen, die in den Hof sehenden inneren Räume waren mit den Italiänern gefüllt. Viele Bilder hingen an den dunkeln Fensterwänden, viele so hoch, daß man sie gar nicht erkennen konnte, und doch hatte der Besuch der gewaltig großen, imposanten, durch keine Zwischenwand getheilten Säle etwas überwältigendes, einen geheimnißvollen Reiz, der mich noch jetzt in der Erinnerung mit wonnigem Schauer erfüllt. Wir hielten es für das non plus ultra von Grausen, als der Vetter Christian uns erzählte, wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |