und eine kleine Anzahl von des Fürsten näheren Freunden, zu denen auch mein Vater gehörte, geladen. Die Chöre hinter der Scene wurden durch eine Auswahl der besten Mitglieder der Zelterschen Singakademie ausgeführt. Herzog Karl hatte sich die Rolle des Mephistopheles gewählt; er leistete durch seine Maske und sein Spiel so teuflisches, daß einige zartbesaitete Damen von der haute volee sich aus dem Saale entfernen mußten.
Alle diese verschiedenen Züge faßte der Volkshaß in folgendes Epigramm zusammen, das von Mund zu Munde ging, und dem Herzoge anonym zugesandt ward:
Als Fürst, als Mensch, als Feldherr schofel,
Erträglich nur als Mephistophel.
Auch der strenge Herr von Kamptz, der Haupt-Demagogenriecher ward nicht verschont. Man mutzte es ihm auf, daß er früher einen Codex der Gendarmerie, des am meisten verhaßten Polizei-Institutes herausgegeben. Man wollte seinen persönlichen Muth in Zweifel ziehn, und verbreitete das alberne Märchen, er trage einen Harnisch unter der Weste, um sich vor den Dolchen von Sands heimlichen Mordgenossen zu schützen. Wir Studenten kannten folgendes Epigramm gegen ihn:
In dieser ernsten Zeit gilts keinen Scherz,
Und jeder wahre sich das eigne Herz.
Drum, tapfrer Kamptz, nimm deinen goldnen Codex,
Und bind' ihn dir als Panzer vor den -
Mein Vater war im Sommer 1819 wiederum von der Herzogin von Kurland nach Löbichau eingeladen worden;
und eine kleine Anzahl von des Fürsten näheren Freunden, zu denen auch mein Vater gehörte, geladen. Die Chöre hinter der Scene wurden durch eine Auswahl der besten Mitglieder der Zelterschen Singakademie ausgeführt. Herzog Karl hatte sich die Rolle des Mephistopheles gewählt; er leistete durch seine Maske und sein Spiel so teuflisches, daß einige zartbesaitete Damen von der haute volée sich aus dem Saale entfernen mußten.
Alle diese verschiedenen Züge faßte der Volkshaß in folgendes Epigramm zusammen, das von Mund zu Munde ging, und dem Herzoge anonym zugesandt ward:
Als Fürst, als Mensch, als Feldherr schofel,
Erträglich nur als Mephistophel.
Auch der strenge Herr von Kamptz, der Haupt-Demagogenriecher ward nicht verschont. Man mutzte es ihm auf, daß er früher einen Codex der Gendarmerie, des am meisten verhaßten Polizei-Institutes herausgegeben. Man wollte seinen persönlichen Muth in Zweifel ziehn, und verbreitete das alberne Märchen, er trage einen Harnisch unter der Weste, um sich vor den Dolchen von Sands heimlichen Mordgenossen zu schützen. Wir Studenten kannten folgendes Epigramm gegen ihn:
In dieser ernsten Zeit gilts keinen Scherz,
Und jeder wahre sich das eigne Herz.
Drum, tapfrer Kamptz, nimm deinen goldnen Codex,
Und bind’ ihn dir als Panzer vor den –
Mein Vater war im Sommer 1819 wiederum von der Herzogin von Kurland nach Löbichau eingeladen worden;
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und eine kleine Anzahl von des Fürsten näheren Freunden, zu denen auch mein Vater gehörte, geladen. Die Chöre hinter der Scene wurden durch eine Auswahl der besten Mitglieder der Zelterschen Singakademie ausgeführt. Herzog Karl hatte sich die Rolle des Mephistopheles gewählt; er leistete durch seine Maske und sein Spiel so teuflisches, daß einige zartbesaitete Damen von der haute volée sich aus dem Saale entfernen mußten. </p><lb/><p>Alle diese verschiedenen Züge faßte der Volkshaß in folgendes Epigramm zusammen, das von Mund zu Munde ging, und dem Herzoge anonym zugesandt ward: </p><lb/><p>Als Fürst, als Mensch, als Feldherr schofel, </p><lb/><p>Erträglich nur als Mephistophel. </p><lb/><p>Auch der strenge Herr von Kamptz, der Haupt-Demagogenriecher ward nicht verschont. Man mutzte es ihm auf, daß er früher einen Codex der Gendarmerie, des am meisten verhaßten Polizei-Institutes herausgegeben. Man wollte seinen persönlichen Muth in Zweifel ziehn, und verbreitete das alberne Märchen, er trage einen Harnisch unter der Weste, um sich vor den Dolchen von Sands heimlichen Mordgenossen zu schützen. Wir Studenten kannten folgendes Epigramm gegen ihn: </p><lb/><p>In dieser ernsten Zeit gilts keinen Scherz, </p><lb/><p>Und jeder wahre sich das eigne Herz. </p><lb/><p>Drum, tapfrer Kamptz, nimm deinen goldnen Codex, </p><lb/><p>Und bind’ ihn dir als Panzer vor den –</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Mein Vater war im Sommer 1819 wiederum von der Herzogin von Kurland nach Löbichau eingeladen worden;
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und eine kleine Anzahl von des Fürsten näheren Freunden, zu denen auch mein Vater gehörte, geladen. Die Chöre hinter der Scene wurden durch eine Auswahl der besten Mitglieder der Zelterschen Singakademie ausgeführt. Herzog Karl hatte sich die Rolle des Mephistopheles gewählt; er leistete durch seine Maske und sein Spiel so teuflisches, daß einige zartbesaitete Damen von der haute volée sich aus dem Saale entfernen mußten.
Alle diese verschiedenen Züge faßte der Volkshaß in folgendes Epigramm zusammen, das von Mund zu Munde ging, und dem Herzoge anonym zugesandt ward:
Als Fürst, als Mensch, als Feldherr schofel,
Erträglich nur als Mephistophel.
Auch der strenge Herr von Kamptz, der Haupt-Demagogenriecher ward nicht verschont. Man mutzte es ihm auf, daß er früher einen Codex der Gendarmerie, des am meisten verhaßten Polizei-Institutes herausgegeben. Man wollte seinen persönlichen Muth in Zweifel ziehn, und verbreitete das alberne Märchen, er trage einen Harnisch unter der Weste, um sich vor den Dolchen von Sands heimlichen Mordgenossen zu schützen. Wir Studenten kannten folgendes Epigramm gegen ihn:
In dieser ernsten Zeit gilts keinen Scherz,
Und jeder wahre sich das eigne Herz.
Drum, tapfrer Kamptz, nimm deinen goldnen Codex,
Und bind’ ihn dir als Panzer vor den –
Mein Vater war im Sommer 1819 wiederum von der Herzogin von Kurland nach Löbichau eingeladen worden;
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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
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Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/302>, abgerufen am 16.02.2025.
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