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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Nachdem die preußische Regierung sich von dem Vorhandensein einer hochverrätherischen Studentenverbindung überzeugt, begannen im Juli 1819 die Arbeiten der eigens niedergesetzten Untersuchungskommission, welche unter dem Vorsitze des Geheimerath von Kamptz eine traurige Berühmtheit erlangte. In dem darüber publizirten Erlasse wurde zuerst der Ausdruck "demagogische Umtriebe" gebraucht, dessen Erfindung man dem Herrn von Kamptz persönlich zuschrieb. Dieser dem hellenischen Alterthume entlehnte Ausdruck paßt jedoch auf die modernen Staatseinrichtungen eben so wenig als das im Jahre 1848 angekommene "Demokrat" und "Demokratie." Aber jene strengen Inquirenten blieben nicht bei den Studenten stehn; alle freisinnigen Männer des Staates wurden den bornirten Gewalthabern verdächtig; Professor de Wette ward seines Amtes entsetzt, wegen eines Trostbriefes, den er an Sands Mutter geschrieben; Gneisenau und Schleiermacher, die Zierden Berlins und des deutschen Vaterlandes, denen nie eine hochverrätherische Absicht in den Sinn gekommen, waren nahe daran, ihre Stellen zu verlieren; der wackre Arndt in Bonn mußte seine Vorlesungen einstellen; Jahn ward verhaftet.

Ein ganz besonderer Haß des Publikums wendete sich gegen den Herzog Karl von Meklenburg, den Bruder der verstorbenen Königin Luise, damals preußischen General und Kommandeur des Gardecorps. Verstand und Einsicht konnte man ihm nicht absprechen, gefällige Formen, die sonst einem Prinzen so gut stehn, fehlten ihm. Man wollte von ihm wissen, daß er in den Befreiungskriegen, 1813 und 1814 keine besonderen strategischen Talente entfaltet, und die ihm anvertrauten Garden allzu-

Nachdem die preußische Regierung sich von dem Vorhandensein einer hochverrätherischen Studentenverbindung überzeugt, begannen im Juli 1819 die Arbeiten der eigens niedergesetzten Untersuchungskommission, welche unter dem Vorsitze des Geheimerath von Kamptz eine traurige Berühmtheit erlangte. In dem darüber publizirten Erlasse wurde zuerst der Ausdruck „demagogische Umtriebe“ gebraucht, dessen Erfindung man dem Herrn von Kamptz persönlich zuschrieb. Dieser dem hellenischen Alterthume entlehnte Ausdruck paßt jedoch auf die modernen Staatseinrichtungen eben so wenig als das im Jahre 1848 angekommene „Demokrat“ und „Demokratie.“ Aber jene strengen Inquirenten blieben nicht bei den Studenten stehn; alle freisinnigen Männer des Staates wurden den bornirten Gewalthabern verdächtig; Professor de Wette ward seines Amtes entsetzt, wegen eines Trostbriefes, den er an Sands Mutter geschrieben; Gneisenau und Schleiermacher, die Zierden Berlins und des deutschen Vaterlandes, denen nie eine hochverrätherische Absicht in den Sinn gekommen, waren nahe daran, ihre Stellen zu verlieren; der wackre Arndt in Bonn mußte seine Vorlesungen einstellen; Jahn ward verhaftet.

Ein ganz besonderer Haß des Publikums wendete sich gegen den Herzog Karl von Meklenburg, den Bruder der verstorbenen Königin Luise, damals preußischen General und Kommandeur des Gardecorps. Verstand und Einsicht konnte man ihm nicht absprechen, gefällige Formen, die sonst einem Prinzen so gut stehn, fehlten ihm. Man wollte von ihm wissen, daß er in den Befreiungskriegen, 1813 und 1814 keine besonderen strategischen Talente entfaltet, und die ihm anvertrauten Garden allzu-

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[292/0300] Nachdem die preußische Regierung sich von dem Vorhandensein einer hochverrätherischen Studentenverbindung überzeugt, begannen im Juli 1819 die Arbeiten der eigens niedergesetzten Untersuchungskommission, welche unter dem Vorsitze des Geheimerath von Kamptz eine traurige Berühmtheit erlangte. In dem darüber publizirten Erlasse wurde zuerst der Ausdruck „demagogische Umtriebe“ gebraucht, dessen Erfindung man dem Herrn von Kamptz persönlich zuschrieb. Dieser dem hellenischen Alterthume entlehnte Ausdruck paßt jedoch auf die modernen Staatseinrichtungen eben so wenig als das im Jahre 1848 angekommene „Demokrat“ und „Demokratie.“ Aber jene strengen Inquirenten blieben nicht bei den Studenten stehn; alle freisinnigen Männer des Staates wurden den bornirten Gewalthabern verdächtig; Professor de Wette ward seines Amtes entsetzt, wegen eines Trostbriefes, den er an Sands Mutter geschrieben; Gneisenau und Schleiermacher, die Zierden Berlins und des deutschen Vaterlandes, denen nie eine hochverrätherische Absicht in den Sinn gekommen, waren nahe daran, ihre Stellen zu verlieren; der wackre Arndt in Bonn mußte seine Vorlesungen einstellen; Jahn ward verhaftet. Ein ganz besonderer Haß des Publikums wendete sich gegen den Herzog Karl von Meklenburg, den Bruder der verstorbenen Königin Luise, damals preußischen General und Kommandeur des Gardecorps. Verstand und Einsicht konnte man ihm nicht absprechen, gefällige Formen, die sonst einem Prinzen so gut stehn, fehlten ihm. Man wollte von ihm wissen, daß er in den Befreiungskriegen, 1813 und 1814 keine besonderen strategischen Talente entfaltet, und die ihm anvertrauten Garden allzu-

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/300>, abgerufen am 22.11.2024.