Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].stellte ich ihm vor, daß er seinem Namen nach schon ein halber Jean Paul sei, und mithin den ganzen um so williger anerkennen müsse. Den meisten Anklang fand ich bei Ludwig Curschmann; wir überboten uns oft in leidenschaftlicher Begeisterung für unsern Autor. Da in Nicolais Bibliothek nicht alle Schriften Jean Pauls vorhanden waren, so suchte ich die fehlenden anzuschaffen. Manche davon waren ganz aus dem Buchhandel verschwunden. Hier bewährte Paul aufs neue seine Bücherfreundschaft, indem er lange Zeit hindurch bei allen berliner Antiquaren Umfrage hielt. Wie glücklich war ich, als er mir eines Tages ein längstgesuchtes Exemplar des ersten Jean Paulschen Werkes, der Grönländischen Prozesse überbrachte. Bei einer andern Schrift mit dem vielversprechenden Titel: Auswahl aus des Teufels Papieren, waren alle seine Bemühungen vergebens, worüber er selbst einigen Unmuth empfand; endlich erfuhren wir, daß die ganze Auflage, als sie eben ausgedruckt war, bei dem Verleger in Gera verbrannt sei, und daß nur 2 oder 3 Exemplare sich gerettet hätten. Das wenige, was Jean Paul hin und wieder von seinen eignen Lebensumständen sagt, trieb mich an, weiter zu forschen, und da ergab es sich bald, daß Tante Jettchen ihn kennen gelernt, als er nach Berlin kam, und sich mit der Tochter des Geheimeraths Meyer verlobte. Nun mußte mir die Tante alles mittheilen, was sie über meinen Liebling wußte. Sie meinte, er sei damals ein schlanker junger Mann von etwa 30 Jahren gewesen, mit einem offnen, geistreichen Gesicht, klugen Augen und hochgewölbter denkender Stirn; soviel sie sich erinnre, sei er auch, wie so viele fremde Gelehrte, von Nicolai eingeladen, und aufs freund- stellte ich ihm vor, daß er seinem Namen nach schon ein halber Jean Paul sei, und mithin den ganzen um so williger anerkennen müsse. Den meisten Anklang fand ich bei Ludwig Curschmann; wir überboten uns oft in leidenschaftlicher Begeisterung für unsern Autor. Da in Nicolais Bibliothek nicht alle Schriften Jean Pauls vorhanden waren, so suchte ich die fehlenden anzuschaffen. Manche davon waren ganz aus dem Buchhandel verschwunden. Hier bewährte Paul aufs neue seine Bücherfreundschaft, indem er lange Zeit hindurch bei allen berliner Antiquaren Umfrage hielt. Wie glücklich war ich, als er mir eines Tages ein längstgesuchtes Exemplar des ersten Jean Paulschen Werkes, der Grönländischen Prozesse überbrachte. Bei einer andern Schrift mit dem vielversprechenden Titel: Auswahl aus des Teufels Papieren, waren alle seine Bemühungen vergebens, worüber er selbst einigen Unmuth empfand; endlich erfuhren wir, daß die ganze Auflage, als sie eben ausgedruckt war, bei dem Verleger in Gera verbrannt sei, und daß nur 2 oder 3 Exemplare sich gerettet hätten. Das wenige, was Jean Paul hin und wieder von seinen eignen Lebensumständen sagt, trieb mich an, weiter zu forschen, und da ergab es sich bald, daß Tante Jettchen ihn kennen gelernt, als er nach Berlin kam, und sich mit der Tochter des Geheimeraths Meyer verlobte. Nun mußte mir die Tante alles mittheilen, was sie über meinen Liebling wußte. Sie meinte, er sei damals ein schlanker junger Mann von etwa 30 Jahren gewesen, mit einem offnen, geistreichen Gesicht, klugen Augen und hochgewölbter denkender Stirn; soviel sie sich erinnre, sei er auch, wie so viele fremde Gelehrte, von Nicolai eingeladen, und aufs freund- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0281" n="273"/> stellte ich ihm vor, daß er seinem Namen nach schon ein halber Jean Paul sei, und mithin den ganzen um so williger anerkennen müsse. Den meisten Anklang fand ich bei Ludwig Curschmann; wir überboten uns oft in leidenschaftlicher Begeisterung für unsern Autor. Da in Nicolais Bibliothek nicht alle Schriften Jean Pauls vorhanden waren, so suchte ich die fehlenden anzuschaffen. Manche davon waren ganz aus dem Buchhandel verschwunden. Hier bewährte Paul aufs neue seine Bücherfreundschaft, indem er lange Zeit hindurch bei allen berliner Antiquaren Umfrage hielt. Wie glücklich war ich, als er mir eines Tages ein längstgesuchtes Exemplar des ersten Jean Paulschen Werkes, der Grönländischen Prozesse überbrachte. Bei einer andern Schrift mit dem vielversprechenden Titel: Auswahl aus des Teufels Papieren, waren alle seine Bemühungen vergebens, worüber er selbst einigen Unmuth empfand; endlich erfuhren wir, daß die ganze Auflage, als sie eben ausgedruckt war, bei dem Verleger in Gera verbrannt sei, und daß nur 2 oder 3 Exemplare sich gerettet hätten. </p><lb/> <p>Das wenige, was Jean Paul hin und wieder von seinen eignen Lebensumständen sagt, trieb mich an, weiter zu forschen, und da ergab es sich bald, daß Tante Jettchen ihn kennen gelernt, als er nach Berlin kam, und sich mit der Tochter des Geheimeraths Meyer verlobte. Nun mußte mir die Tante alles mittheilen, was sie über meinen Liebling wußte. Sie meinte, er sei damals ein schlanker junger Mann von etwa 30 Jahren gewesen, mit einem offnen, geistreichen Gesicht, klugen Augen und hochgewölbter denkender Stirn; soviel sie sich erinnre, sei er auch, wie so viele fremde Gelehrte, von Nicolai eingeladen, und aufs freund- </p> </div> </body> </text> </TEI> [273/0281]
stellte ich ihm vor, daß er seinem Namen nach schon ein halber Jean Paul sei, und mithin den ganzen um so williger anerkennen müsse. Den meisten Anklang fand ich bei Ludwig Curschmann; wir überboten uns oft in leidenschaftlicher Begeisterung für unsern Autor. Da in Nicolais Bibliothek nicht alle Schriften Jean Pauls vorhanden waren, so suchte ich die fehlenden anzuschaffen. Manche davon waren ganz aus dem Buchhandel verschwunden. Hier bewährte Paul aufs neue seine Bücherfreundschaft, indem er lange Zeit hindurch bei allen berliner Antiquaren Umfrage hielt. Wie glücklich war ich, als er mir eines Tages ein längstgesuchtes Exemplar des ersten Jean Paulschen Werkes, der Grönländischen Prozesse überbrachte. Bei einer andern Schrift mit dem vielversprechenden Titel: Auswahl aus des Teufels Papieren, waren alle seine Bemühungen vergebens, worüber er selbst einigen Unmuth empfand; endlich erfuhren wir, daß die ganze Auflage, als sie eben ausgedruckt war, bei dem Verleger in Gera verbrannt sei, und daß nur 2 oder 3 Exemplare sich gerettet hätten.
Das wenige, was Jean Paul hin und wieder von seinen eignen Lebensumständen sagt, trieb mich an, weiter zu forschen, und da ergab es sich bald, daß Tante Jettchen ihn kennen gelernt, als er nach Berlin kam, und sich mit der Tochter des Geheimeraths Meyer verlobte. Nun mußte mir die Tante alles mittheilen, was sie über meinen Liebling wußte. Sie meinte, er sei damals ein schlanker junger Mann von etwa 30 Jahren gewesen, mit einem offnen, geistreichen Gesicht, klugen Augen und hochgewölbter denkender Stirn; soviel sie sich erinnre, sei er auch, wie so viele fremde Gelehrte, von Nicolai eingeladen, und aufs freund-
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