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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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kurzes, aber peinliches Aufsehn. Der verdienstvolle Professor Heindorf, mit beiden Theilen befreundet, war im Jahre 1816 gestorben. Sein Verlust wurde von seinen Freunden mit Recht auf das tiefste beklagt. Dies verdroß den alten, grämlichen, von litterarischem Neide nicht freien Wolf; er äußerte sich in der Einleitung zu seinen Analekten auf die wegwerfendste Art über Heindorf. Die drei Freunde des Verstorbenen blieben die Antwort nicht schuldig und nahmen sich des Verunglimpften auf das wärmste an. Es erschien darüber eine Broschüre, worin ein Brief von Schleiermacher als Muster einer scharfen Kritik gelten konnte. Böckh, der in Halle bei Wolf gehört hatte, lehnte die Theilnahme an dieser Streitschrift ab; Röstell wollte wissen, er habe sich dahin geäußert, daß er dem Manne zu viel verdanke.

Diese litterarische Episode machte auf mich den wunderbarsten Eindruck. Daß zwischen meinen beiden hochverehrten Lehrern, Wolf und Schleiermacher eine so heftige Differenz entstehn konnte, war mir in der That schmerzlich. Ich bildete mir ein, daß Männer, die in der Wissenschaft so unendlich hoch standen, auch über alle kleinlichen Regungen der Misgunst, des Neides, der Bosheit erhaben sein müßten; ich erinnerte mich, in welcher anerkennenden Weise Schleiermacher sich über Wolfs Ausgabe des Symposion geäußert: er verehre die Jugendarbeit dessen, der ein solcher Mann geworden. (Plato von Schleiermacher II, 2. p. 512.) Dennoch konnte ich Schleiermacher nicht tadeln, daß er für seinen hämisch angegriffenen verstorbenen Freund so mannhaft auftrat.

Außer der schriftlichen Kontroverse fehlte es nicht an allerlei mündlichen Neckereien, die in den Gängen der

kurzes, aber peinliches Aufsehn. Der verdienstvolle Professor Heindorf, mit beiden Theilen befreundet, war im Jahre 1816 gestorben. Sein Verlust wurde von seinen Freunden mit Recht auf das tiefste beklagt. Dies verdroß den alten, grämlichen, von litterarischem Neide nicht freien Wolf; er äußerte sich in der Einleitung zu seinen Analekten auf die wegwerfendste Art über Heindorf. Die drei Freunde des Verstorbenen blieben die Antwort nicht schuldig und nahmen sich des Verunglimpften auf das wärmste an. Es erschien darüber eine Broschüre, worin ein Brief von Schleiermacher als Muster einer scharfen Kritik gelten konnte. Böckh, der in Halle bei Wolf gehört hatte, lehnte die Theilnahme an dieser Streitschrift ab; Röstell wollte wissen, er habe sich dahin geäußert, daß er dem Manne zu viel verdanke.

Diese litterarische Episode machte auf mich den wunderbarsten Eindruck. Daß zwischen meinen beiden hochverehrten Lehrern, Wolf und Schleiermacher eine so heftige Differenz entstehn konnte, war mir in der That schmerzlich. Ich bildete mir ein, daß Männer, die in der Wissenschaft so unendlich hoch standen, auch über alle kleinlichen Regungen der Misgunst, des Neides, der Bosheit erhaben sein müßten; ich erinnerte mich, in welcher anerkennenden Weise Schleiermacher sich über Wolfs Ausgabe des Symposion geäußert: er verehre die Jugendarbeit dessen, der ein solcher Mann geworden. (Plato von Schleiermacher II, 2. p. 512.) Dennoch konnte ich Schleiermacher nicht tadeln, daß er für seinen hämisch angegriffenen verstorbenen Freund so mannhaft auftrat.

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kurzes, aber peinliches Aufsehn. Der verdienstvolle Professor Heindorf, mit beiden Theilen befreundet, war im Jahre 1816 gestorben. Sein Verlust wurde von seinen Freunden mit Recht auf das tiefste beklagt. Dies verdroß den alten, grämlichen, von litterarischem Neide nicht freien Wolf; er äußerte sich in der Einleitung zu seinen Analekten auf die wegwerfendste Art über Heindorf. Die drei Freunde des Verstorbenen blieben die Antwort nicht schuldig und nahmen sich des Verunglimpften auf das wärmste an. Es erschien darüber eine Broschüre, worin ein Brief von Schleiermacher als Muster einer scharfen Kritik gelten konnte. Böckh, der in Halle bei Wolf gehört hatte, lehnte die Theilnahme an dieser Streitschrift ab; Röstell wollte wissen, er habe sich dahin geäußert, daß er dem Manne zu viel verdanke. </p><lb/>
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[233/0241] kurzes, aber peinliches Aufsehn. Der verdienstvolle Professor Heindorf, mit beiden Theilen befreundet, war im Jahre 1816 gestorben. Sein Verlust wurde von seinen Freunden mit Recht auf das tiefste beklagt. Dies verdroß den alten, grämlichen, von litterarischem Neide nicht freien Wolf; er äußerte sich in der Einleitung zu seinen Analekten auf die wegwerfendste Art über Heindorf. Die drei Freunde des Verstorbenen blieben die Antwort nicht schuldig und nahmen sich des Verunglimpften auf das wärmste an. Es erschien darüber eine Broschüre, worin ein Brief von Schleiermacher als Muster einer scharfen Kritik gelten konnte. Böckh, der in Halle bei Wolf gehört hatte, lehnte die Theilnahme an dieser Streitschrift ab; Röstell wollte wissen, er habe sich dahin geäußert, daß er dem Manne zu viel verdanke. Diese litterarische Episode machte auf mich den wunderbarsten Eindruck. Daß zwischen meinen beiden hochverehrten Lehrern, Wolf und Schleiermacher eine so heftige Differenz entstehn konnte, war mir in der That schmerzlich. Ich bildete mir ein, daß Männer, die in der Wissenschaft so unendlich hoch standen, auch über alle kleinlichen Regungen der Misgunst, des Neides, der Bosheit erhaben sein müßten; ich erinnerte mich, in welcher anerkennenden Weise Schleiermacher sich über Wolfs Ausgabe des Symposion geäußert: er verehre die Jugendarbeit dessen, der ein solcher Mann geworden. (Plato von Schleiermacher II, 2. p. 512.) Dennoch konnte ich Schleiermacher nicht tadeln, daß er für seinen hämisch angegriffenen verstorbenen Freund so mannhaft auftrat. Außer der schriftlichen Kontroverse fehlte es nicht an allerlei mündlichen Neckereien, die in den Gängen der

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/241>, abgerufen am 24.11.2024.