Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Für mich hatte der Eintritt in den Soldatenstand nicht nur den Reiz der Neuheit, er eröffnete mir auch die ferne Aussicht, an einem Feldzuge Theil zu nehmen. Napoleon I. war zwar in S. Helena sichrer verwahrt als in Elba, aber wer stand dafür, daß er nicht Mittel und Wege finde, sich loszumachen, um die Welt von neuem in Brand zu setzen. So lange dieser Dämon des Kriegs am Leben war, so lange konnte man sich keiner unbedingten Zuversicht auf die Erhaltung des Friedens hingeben. Die Regierungsmaaßregeln der Bourbonen in Frankreich waren nur zu sehr geeignet, dem etwa zurückkehrenden alten Imperator das Volk freudig in die Arme zu treiben. Sehr gesucht war damals der Eintritt bei den Gardeschützen (den s. g. Neufchatellern) und bei den Gardepioniren. Die beiden Kasernen lagen am Schlesischen Thore dicht bei einander. Im Verein mit meinen Freunden Paul, Lette und von Dechen wählte ich den Pionirdienst, weil hier etwas mehr als das eintönige Exerciren zu erwarten stand. von Dechen hoffte beim Minengraben die ersten Schritte auf seiner Bergmanns-Laufbahn zu machen, und uns anderen versprach die Beschäftigung beim Schanzen-Aufwerfen und Brückenschlagen eine abwechselnde Thätigkeit. Auch dachten wir hier die auf dem Turnplatze erlangte Geschicklichkeit im Springen, Laufen und Klettern praktisch anzuwenden. Da man uns versicherte, daß wir während des Dienstjahres recht gut einige Kollegia hören könnten, so belegte ich, nachdem am 11. März 1818 meine Immatriculation unter dem Rector magnificus Marheineke und dem Dekane der philosophischen Fakultät Wilken erfolgt war, mit den grösten Erwartungen das berühmte Kollegium über den Für mich hatte der Eintritt in den Soldatenstand nicht nur den Reiz der Neuheit, er eröffnete mir auch die ferne Aussicht, an einem Feldzuge Theil zu nehmen. Napoléon I. war zwar in S. Helena sichrer verwahrt als in Elba, aber wer stand dafür, daß er nicht Mittel und Wege finde, sich loszumachen, um die Welt von neuem in Brand zu setzen. So lange dieser Dämon des Kriegs am Leben war, so lange konnte man sich keiner unbedingten Zuversicht auf die Erhaltung des Friedens hingeben. Die Regierungsmaaßregeln der Bourbonen in Frankreich waren nur zu sehr geeignet, dem etwa zurückkehrenden alten Imperator das Volk freudig in die Arme zu treiben. Sehr gesucht war damals der Eintritt bei den Gardeschützen (den s. g. Neufchatellern) und bei den Gardepioniren. Die beiden Kasernen lagen am Schlesischen Thore dicht bei einander. Im Verein mit meinen Freunden Paul, Lette und von Dechen wählte ich den Pionirdienst, weil hier etwas mehr als das eintönige Exerciren zu erwarten stand. von Dechen hoffte beim Minengraben die ersten Schritte auf seiner Bergmanns-Laufbahn zu machen, und uns anderen versprach die Beschäftigung beim Schanzen-Aufwerfen und Brückenschlagen eine abwechselnde Thätigkeit. Auch dachten wir hier die auf dem Turnplatze erlangte Geschicklichkeit im Springen, Laufen und Klettern praktisch anzuwenden. Da man uns versicherte, daß wir während des Dienstjahres recht gut einige Kollegia hören könnten, so belegte ich, nachdem am 11. März 1818 meine Immatriculation unter dem Rector magnificus Marheineke und dem Dekane der philosophischen Fakultät Wilken erfolgt war, mit den grösten Erwartungen das berühmte Kollegium über den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0220" n="212"/> </p><lb/> <p>Für mich hatte der Eintritt in den Soldatenstand nicht nur den Reiz der Neuheit, er eröffnete mir auch die ferne Aussicht, an einem Feldzuge Theil zu nehmen. Napoléon I. war zwar in S. Helena sichrer verwahrt als in Elba, aber wer stand dafür, daß er nicht Mittel und Wege finde, sich loszumachen, um die Welt von neuem in Brand zu setzen. So lange dieser Dämon des Kriegs am Leben war, so lange konnte man sich keiner unbedingten Zuversicht auf die Erhaltung des Friedens hingeben. 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Für mich hatte der Eintritt in den Soldatenstand nicht nur den Reiz der Neuheit, er eröffnete mir auch die ferne Aussicht, an einem Feldzuge Theil zu nehmen. Napoléon I. war zwar in S. Helena sichrer verwahrt als in Elba, aber wer stand dafür, daß er nicht Mittel und Wege finde, sich loszumachen, um die Welt von neuem in Brand zu setzen. So lange dieser Dämon des Kriegs am Leben war, so lange konnte man sich keiner unbedingten Zuversicht auf die Erhaltung des Friedens hingeben. Die Regierungsmaaßregeln der Bourbonen in Frankreich waren nur zu sehr geeignet, dem etwa zurückkehrenden alten Imperator das Volk freudig in die Arme zu treiben.
Sehr gesucht war damals der Eintritt bei den Gardeschützen (den s. g. Neufchatellern) und bei den Gardepioniren. Die beiden Kasernen lagen am Schlesischen Thore dicht bei einander. Im Verein mit meinen Freunden Paul, Lette und von Dechen wählte ich den Pionirdienst, weil hier etwas mehr als das eintönige Exerciren zu erwarten stand. von Dechen hoffte beim Minengraben die ersten Schritte auf seiner Bergmanns-Laufbahn zu machen, und uns anderen versprach die Beschäftigung beim Schanzen-Aufwerfen und Brückenschlagen eine abwechselnde Thätigkeit. Auch dachten wir hier die auf dem Turnplatze erlangte Geschicklichkeit im Springen, Laufen und Klettern praktisch anzuwenden.
Da man uns versicherte, daß wir während des Dienstjahres recht gut einige Kollegia hören könnten, so belegte ich, nachdem am 11. März 1818 meine Immatriculation unter dem Rector magnificus Marheineke und dem Dekane der philosophischen Fakultät Wilken erfolgt war, mit den grösten Erwartungen das berühmte Kollegium über den
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