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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Abwesenheit, gleichsam hinter seinem Rücken, zeigte das gelehrige Thier seine Kunststücke. Zu derselben Zeit verlor die Freundin des Herzogs, Frau von Heygendorf (ehemals Schauspielerin Jagemann) ihren Schooßhund durch den Tod, und war ganz untröstlich darüber. Dieses Zusammentreffen benutzte Wolf zu einem artigen kleinen Stücke in Alexandrinern, worin er selbst mit bestem Humor einen unendlich dünnen Schneider gab, und L. Devrient einen eben so dicken Pächter.

Für die Heldenrollen leistete Rebenstein im Anfange seiner Laufbahn ausgezeichnetes. Mit einer schlanken Gestalt und edlen griechischen Zügen, verband er eine kräftige, wohlklingende Stimme, die sich auch für leichten Bariton-Gesang eignete. Es war eine eigenthümliche Verbindung, daß er den Orest in Göthes Iphigenie spielte, und ihn in Glucks Oper sang. Er spielte den Götz von Berlichingen vortrefflich und sang den Papageno in der Zauberflöte zu allgemeiner Zufriedenheit. Als Max Piccolomini, als Don Carlos, als Bastard von Orleans, als Prinz in der Emilia Galotti blieb er lange Zeit der Liebling des Publikums; den sonst so verbissenen Tellheim gab er mit so liebenswürdiger Gutmüthigkeit, wie ich ihn seitdem nicht wieder gesehn.

Lemm, von der Natur wenig begabt, brachte es durch unablässiges ernstes Studium dahin, daß er in manchen Rollen, z. B. als Thoas in der Iphigenie, als wallonischer Kürassir, zuletzt sogar als Wallenstein, ohne Nebenbuhler dastand. Man wußte von ihm, daß er ganze Abhandlungen zusammenschrieb, um in den Geist seiner Rollen gehörig einzudringen. Wir pflegten im Scherz von ihm zu sagen, er könne nicht gehn, nicht stehn und nicht sprechen,

Abwesenheit, gleichsam hinter seinem Rücken, zeigte das gelehrige Thier seine Kunststücke. Zu derselben Zeit verlor die Freundin des Herzogs, Frau von Heygendorf (ehemals Schauspielerin Jagemann) ihren Schooßhund durch den Tod, und war ganz untröstlich darüber. Dieses Zusammentreffen benutzte Wolf zu einem artigen kleinen Stücke in Alexandrinern, worin er selbst mit bestem Humor einen unendlich dünnen Schneider gab, und L. Devrient einen eben so dicken Pächter.

Für die Heldenrollen leistete Rebenstein im Anfange seiner Laufbahn ausgezeichnetes. Mit einer schlanken Gestalt und edlen griechischen Zügen, verband er eine kräftige, wohlklingende Stimme, die sich auch für leichten Bariton-Gesang eignete. Es war eine eigenthümliche Verbindung, daß er den Orest in Göthes Iphigenie spielte, und ihn in Glucks Oper sang. Er spielte den Götz von Berlichingen vortrefflich und sang den Papageno in der Zauberflöte zu allgemeiner Zufriedenheit. Als Max Piccolomini, als Don Carlos, als Bastard von Orleans, als Prinz in der Emilia Galotti blieb er lange Zeit der Liebling des Publikums; den sonst so verbissenen Tellheim gab er mit so liebenswürdiger Gutmüthigkeit, wie ich ihn seitdem nicht wieder gesehn.

Lemm, von der Natur wenig begabt, brachte es durch unablässiges ernstes Studium dahin, daß er in manchen Rollen, z. B. als Thoas in der Iphigenie, als wallonischer Kürassir, zuletzt sogar als Wallenstein, ohne Nebenbuhler dastand. Man wußte von ihm, daß er ganze Abhandlungen zusammenschrieb, um in den Geist seiner Rollen gehörig einzudringen. Wir pflegten im Scherz von ihm zu sagen, er könne nicht gehn, nicht stehn und nicht sprechen,

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Abwesenheit, gleichsam hinter seinem Rücken, zeigte das gelehrige Thier seine Kunststücke. Zu derselben Zeit verlor die Freundin des Herzogs, Frau von Heygendorf (ehemals Schauspielerin Jagemann) ihren Schooßhund durch den Tod, und war ganz untröstlich darüber. Dieses Zusammentreffen benutzte Wolf zu einem artigen kleinen Stücke in Alexandrinern, worin er selbst mit bestem Humor einen unendlich dünnen Schneider gab, und L. Devrient einen eben so dicken Pächter. </p><lb/>
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[102/0110] Abwesenheit, gleichsam hinter seinem Rücken, zeigte das gelehrige Thier seine Kunststücke. Zu derselben Zeit verlor die Freundin des Herzogs, Frau von Heygendorf (ehemals Schauspielerin Jagemann) ihren Schooßhund durch den Tod, und war ganz untröstlich darüber. Dieses Zusammentreffen benutzte Wolf zu einem artigen kleinen Stücke in Alexandrinern, worin er selbst mit bestem Humor einen unendlich dünnen Schneider gab, und L. Devrient einen eben so dicken Pächter. Für die Heldenrollen leistete Rebenstein im Anfange seiner Laufbahn ausgezeichnetes. Mit einer schlanken Gestalt und edlen griechischen Zügen, verband er eine kräftige, wohlklingende Stimme, die sich auch für leichten Bariton-Gesang eignete. Es war eine eigenthümliche Verbindung, daß er den Orest in Göthes Iphigenie spielte, und ihn in Glucks Oper sang. Er spielte den Götz von Berlichingen vortrefflich und sang den Papageno in der Zauberflöte zu allgemeiner Zufriedenheit. Als Max Piccolomini, als Don Carlos, als Bastard von Orleans, als Prinz in der Emilia Galotti blieb er lange Zeit der Liebling des Publikums; den sonst so verbissenen Tellheim gab er mit so liebenswürdiger Gutmüthigkeit, wie ich ihn seitdem nicht wieder gesehn. Lemm, von der Natur wenig begabt, brachte es durch unablässiges ernstes Studium dahin, daß er in manchen Rollen, z. B. als Thoas in der Iphigenie, als wallonischer Kürassir, zuletzt sogar als Wallenstein, ohne Nebenbuhler dastand. Man wußte von ihm, daß er ganze Abhandlungen zusammenschrieb, um in den Geist seiner Rollen gehörig einzudringen. Wir pflegten im Scherz von ihm zu sagen, er könne nicht gehn, nicht stehn und nicht sprechen,

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/110>, abgerufen am 24.11.2024.