Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Großen Beifall ärndtete Wolf in zwei calderonschen Stücken: Der standhafte Prinz und Das Leben ein Traum. Das erste ist zwar mehr auf das iberische Nationalgefühl berechnet, doch hat es viele schönen Stellen, und der hochpoetische Schluß versöhnt mit manchen Längen. In der Scene, wo der Prinz als Geist den Seinen mit der Fackel voranschreitet, schien Wolf wie ein Phantom auf der Luft zu wandeln. Das Leben ein Traum hat eine weit höhere, allgemein menschliche Bedeutung. Calderon verläßt darin den engen christlichen Standpunkt, den er in der Andacht zum Kreuz, im Wunderthätigen Magus u. a. festhält. Das Leben ein Traum ist in der Bearbeitung von West aus dem unwirtbaren flachen Polen nach dem sonnigen Berglande Spanien verlegt; dies ließ man sich, auch mit Bezug auf die Dekorationen gern gefallen. Wolf besaß eine besondere Geschicklichkeit im Hersagen der kurzen trochaischen Verse. Seine letzten Worte: Alles Leben ist nur Träumen, Und die Träume selbst nur Traum tönen mir noch in den Ohren. Wolf versuchte sich selbst in dramatischen Kleinigkeiten; ein Lustspielchen: Der Hund des Aubry, ward auf die Berliner Bühne gebracht. Es gründete sich auf einen Vorfall in Weimar, der beinahe ein Zerwürfniß zwischen dem Herzoge und Göthe herbeigeführt hätte. Ein gut abgerichteter Pudel war von seinem Herrn auf mehreren deutschen Bühnen producirt, und kam auch nach Weimar. Göthe verweigerte ihm entschieden den Zutritt zur Bühne, der Herzog wünschte die thierischen Künste zu sehn, Göthe entwich nach Tieffurt und während seiner Großen Beifall ärndtete Wolf in zwei calderonschen Stücken: Der standhafte Prinz und Das Leben ein Traum. Das erste ist zwar mehr auf das iberische Nationalgefühl berechnet, doch hat es viele schönen Stellen, und der hochpoetische Schluß versöhnt mit manchen Längen. In der Scene, wo der Prinz als Geist den Seinen mit der Fackel voranschreitet, schien Wolf wie ein Phantom auf der Luft zu wandeln. Das Leben ein Traum hat eine weit höhere, allgemein menschliche Bedeutung. Calderon verläßt darin den engen christlichen Standpunkt, den er in der Andacht zum Kreuz, im Wunderthätigen Magus u. a. festhält. Das Leben ein Traum ist in der Bearbeitung von West aus dem unwirtbaren flachen Polen nach dem sonnigen Berglande Spanien verlegt; dies ließ man sich, auch mit Bezug auf die Dekorationen gern gefallen. Wolf besaß eine besondere Geschicklichkeit im Hersagen der kurzen trochaischen Verse. Seine letzten Worte: Alles Leben ist nur Träumen, Und die Träume selbst nur Traum tönen mir noch in den Ohren. Wolf versuchte sich selbst in dramatischen Kleinigkeiten; ein Lustspielchen: Der Hund des Aubry, ward auf die Berliner Bühne gebracht. Es gründete sich auf einen Vorfall in Weimar, der beinahe ein Zerwürfniß zwischen dem Herzoge und Göthe herbeigeführt hätte. Ein gut abgerichteter Pudel war von seinem Herrn auf mehreren deutschen Bühnen producirt, und kam auch nach Weimar. Göthe verweigerte ihm entschieden den Zutritt zur Bühne, der Herzog wünschte die thierischen Künste zu sehn, Göthe entwich nach Tieffurt und während seiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0109" n="101"/> </p><lb/> <p>Großen Beifall ärndtete Wolf in zwei calderonschen Stücken: Der standhafte Prinz und Das Leben ein Traum. Das erste ist zwar mehr auf das iberische Nationalgefühl berechnet, doch hat es viele schönen Stellen, und der hochpoetische Schluß versöhnt mit manchen Längen. In der Scene, wo der Prinz als Geist den Seinen mit der Fackel voranschreitet, schien Wolf wie ein Phantom auf der Luft zu wandeln. Das Leben ein Traum hat eine weit höhere, allgemein menschliche Bedeutung. Calderon verläßt darin den engen christlichen Standpunkt, den er in der Andacht zum Kreuz, im Wunderthätigen Magus u. a. festhält. Das Leben ein Traum ist in der Bearbeitung von West aus dem unwirtbaren flachen Polen nach dem sonnigen Berglande Spanien verlegt; dies ließ man sich, auch mit Bezug auf die Dekorationen gern gefallen. Wolf besaß eine besondere Geschicklichkeit im Hersagen der kurzen trochaischen Verse. Seine letzten Worte: </p><lb/> <p>Alles Leben ist nur Träumen, </p><lb/> <p>Und die Träume selbst nur Traum </p><lb/> <p>tönen mir noch in den Ohren. </p><lb/> <p>Wolf versuchte sich selbst in dramatischen Kleinigkeiten; ein Lustspielchen: Der Hund des Aubry, ward auf die Berliner Bühne gebracht. Es gründete sich auf einen Vorfall in Weimar, der beinahe ein Zerwürfniß zwischen dem Herzoge und Göthe herbeigeführt hätte. Ein gut abgerichteter Pudel war von seinem Herrn auf mehreren deutschen Bühnen producirt, und kam auch nach Weimar. Göthe verweigerte ihm entschieden den Zutritt zur Bühne, der Herzog wünschte die thierischen Künste zu sehn, Göthe entwich nach Tieffurt und während seiner </p> </div> </body> </text> </TEI> [101/0109]
Großen Beifall ärndtete Wolf in zwei calderonschen Stücken: Der standhafte Prinz und Das Leben ein Traum. Das erste ist zwar mehr auf das iberische Nationalgefühl berechnet, doch hat es viele schönen Stellen, und der hochpoetische Schluß versöhnt mit manchen Längen. In der Scene, wo der Prinz als Geist den Seinen mit der Fackel voranschreitet, schien Wolf wie ein Phantom auf der Luft zu wandeln. Das Leben ein Traum hat eine weit höhere, allgemein menschliche Bedeutung. Calderon verläßt darin den engen christlichen Standpunkt, den er in der Andacht zum Kreuz, im Wunderthätigen Magus u. a. festhält. Das Leben ein Traum ist in der Bearbeitung von West aus dem unwirtbaren flachen Polen nach dem sonnigen Berglande Spanien verlegt; dies ließ man sich, auch mit Bezug auf die Dekorationen gern gefallen. Wolf besaß eine besondere Geschicklichkeit im Hersagen der kurzen trochaischen Verse. Seine letzten Worte:
Alles Leben ist nur Träumen,
Und die Träume selbst nur Traum
tönen mir noch in den Ohren.
Wolf versuchte sich selbst in dramatischen Kleinigkeiten; ein Lustspielchen: Der Hund des Aubry, ward auf die Berliner Bühne gebracht. Es gründete sich auf einen Vorfall in Weimar, der beinahe ein Zerwürfniß zwischen dem Herzoge und Göthe herbeigeführt hätte. Ein gut abgerichteter Pudel war von seinem Herrn auf mehreren deutschen Bühnen producirt, und kam auch nach Weimar. Göthe verweigerte ihm entschieden den Zutritt zur Bühne, der Herzog wünschte die thierischen Künste zu sehn, Göthe entwich nach Tieffurt und während seiner
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/109>, abgerufen am 26.07.2024. |