Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].beiden "Herren Geistlichen" bei uns zu Tische waren, hörten wir mit Spannung auf Hansteins Erzählungen. In dieser Zeit der kriegerischen Aufregung drehten sich fast alle Mittheilungen um die Nachrichten aus dem Felde, oder um die entsetzlichen Drangsale der letzten sieben Jahre, die man nun für immer überwunden hielt. Hanstein hatte, so viel er konnte, in seinem Kreise gegen die übertriebenen Anmaßungen der Franzosen gekämpft, und konnte in dieser Hinsicht manchen glücklichen Erfolg mit dem Grosvater Eichmann austauschen. Alles auf den Kaiser Napoleon bezügliche wurde von uns mit Begierde aufgenommen; was Hanstein eines Tages über die Audienz der Geistlichen mit vieler Lebhaftigkeit vortrug, hat sich mir fest eingeprägt. Der Kaiser ließ bald nach seinem Einzuge in Berlin im Oktober 1806, die Berliner Geistlichkeit zu sich auf das königliche Schloß entbieten. Das Audienzzimmer, in dessen Hintergrunde der Kaiser mit seinen Adjutanten stand, füllte sich nach und nach so sehr, daß die Vordersten, unter denen Hanstein sich befand, dicht vor den Kaiser zu stehn kamen. Mit ruhigen, aber durchdringenden Augen musterte Napoleon die Versammlung. Nachdem eine allgemeine Stille eingetreten war, hielt er in französischer Sprache eine Rede, worin er den Geistlichen auseinandersetzte, wie sie sich bei der veränderten politischen Lage zu verhalten hätten. Der König von Preußen habe sich selbst sein Unglück zuzuschreiben, weil er ihm den Krieg gemacht. Er (Napoleon) werde dem Lande nicht mehr Lasten auferlegen, als unumgänglich nöthig sei. Die Geistlichkeit möge dahin wirken, daß alles ruhig bleibe; sie möge die Einwohner immer daran erinnern, daß jetzt beiden „Herren Geistlichen“ bei uns zu Tische waren, hörten wir mit Spannung auf Hansteins Erzählungen. In dieser Zeit der kriegerischen Aufregung drehten sich fast alle Mittheilungen um die Nachrichten aus dem Felde, oder um die entsetzlichen Drangsale der letzten sieben Jahre, die man nun für immer überwunden hielt. Hanstein hatte, so viel er konnte, in seinem Kreise gegen die übertriebenen Anmaßungen der Franzosen gekämpft, und konnte in dieser Hinsicht manchen glücklichen Erfolg mit dem Grosvater Eichmann austauschen. Alles auf den Kaiser Napoléon bezügliche wurde von uns mit Begierde aufgenommen; was Hanstein eines Tages über die Audienz der Geistlichen mit vieler Lebhaftigkeit vortrug, hat sich mir fest eingeprägt. Der Kaiser ließ bald nach seinem Einzuge in Berlin im Oktober 1806, die Berliner Geistlichkeit zu sich auf das königliche Schloß entbieten. Das Audienzzimmer, in dessen Hintergrunde der Kaiser mit seinen Adjutanten stand, füllte sich nach und nach so sehr, daß die Vordersten, unter denen Hanstein sich befand, dicht vor den Kaiser zu stehn kamen. Mit ruhigen, aber durchdringenden Augen musterte Napoléon die Versammlung. Nachdem eine allgemeine Stille eingetreten war, hielt er in französischer Sprache eine Rede, worin er den Geistlichen auseinandersetzte, wie sie sich bei der veränderten politischen Lage zu verhalten hätten. Der König von Preußen habe sich selbst sein Unglück zuzuschreiben, weil er ihm den Krieg gemacht. Er (Napoléon) werde dem Lande nicht mehr Lasten auferlegen, als unumgänglich nöthig sei. Die Geistlichkeit möge dahin wirken, daß alles ruhig bleibe; sie möge die Einwohner immer daran erinnern, daß jetzt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0369" n="357"/> beiden „Herren Geistlichen“ bei uns zu Tische waren, hörten wir mit Spannung auf Hansteins Erzählungen. In dieser Zeit der kriegerischen Aufregung drehten sich fast alle Mittheilungen um die Nachrichten aus dem Felde, oder um die entsetzlichen Drangsale der letzten sieben Jahre, die man nun für immer überwunden hielt. Hanstein hatte, so viel er konnte, in seinem Kreise gegen die übertriebenen Anmaßungen der Franzosen gekämpft, und konnte in dieser Hinsicht manchen glücklichen Erfolg mit dem Grosvater Eichmann austauschen. Alles auf den Kaiser Napoléon bezügliche wurde von uns mit Begierde aufgenommen; was Hanstein eines Tages über die Audienz der Geistlichen mit vieler Lebhaftigkeit vortrug, hat sich mir fest eingeprägt. </p><lb/> <p>Der Kaiser ließ bald nach seinem Einzuge in Berlin im Oktober 1806, die Berliner Geistlichkeit zu sich auf das königliche Schloß entbieten. Das Audienzzimmer, in dessen Hintergrunde der Kaiser mit seinen Adjutanten stand, füllte sich nach und nach so sehr, daß die Vordersten, unter denen Hanstein sich befand, dicht vor den Kaiser zu stehn kamen. Mit ruhigen, aber durchdringenden Augen musterte Napoléon die Versammlung. Nachdem eine allgemeine Stille eingetreten war, hielt er in französischer Sprache eine Rede, worin er den Geistlichen auseinandersetzte, wie sie sich bei der veränderten politischen Lage zu verhalten hätten. Der König von Preußen habe sich selbst sein Unglück zuzuschreiben, weil er ihm den Krieg gemacht. Er (Napoléon) werde dem Lande nicht mehr Lasten auferlegen, als unumgänglich nöthig sei. Die Geistlichkeit möge dahin wirken, daß alles ruhig bleibe; sie möge die Einwohner immer daran erinnern, daß jetzt </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [357/0369]
beiden „Herren Geistlichen“ bei uns zu Tische waren, hörten wir mit Spannung auf Hansteins Erzählungen. In dieser Zeit der kriegerischen Aufregung drehten sich fast alle Mittheilungen um die Nachrichten aus dem Felde, oder um die entsetzlichen Drangsale der letzten sieben Jahre, die man nun für immer überwunden hielt. Hanstein hatte, so viel er konnte, in seinem Kreise gegen die übertriebenen Anmaßungen der Franzosen gekämpft, und konnte in dieser Hinsicht manchen glücklichen Erfolg mit dem Grosvater Eichmann austauschen. Alles auf den Kaiser Napoléon bezügliche wurde von uns mit Begierde aufgenommen; was Hanstein eines Tages über die Audienz der Geistlichen mit vieler Lebhaftigkeit vortrug, hat sich mir fest eingeprägt.
Der Kaiser ließ bald nach seinem Einzuge in Berlin im Oktober 1806, die Berliner Geistlichkeit zu sich auf das königliche Schloß entbieten. Das Audienzzimmer, in dessen Hintergrunde der Kaiser mit seinen Adjutanten stand, füllte sich nach und nach so sehr, daß die Vordersten, unter denen Hanstein sich befand, dicht vor den Kaiser zu stehn kamen. Mit ruhigen, aber durchdringenden Augen musterte Napoléon die Versammlung. Nachdem eine allgemeine Stille eingetreten war, hielt er in französischer Sprache eine Rede, worin er den Geistlichen auseinandersetzte, wie sie sich bei der veränderten politischen Lage zu verhalten hätten. Der König von Preußen habe sich selbst sein Unglück zuzuschreiben, weil er ihm den Krieg gemacht. Er (Napoléon) werde dem Lande nicht mehr Lasten auferlegen, als unumgänglich nöthig sei. Die Geistlichkeit möge dahin wirken, daß alles ruhig bleibe; sie möge die Einwohner immer daran erinnern, daß jetzt
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