zeigte viel Liebe zur Musik, und ward darin von ihrem Lehrer auf das kräftigste unterstützt. Wenige Jahre darauf heirathete sie den letzten Herzog von Kurland, und erhob dadurch ihre Familie zur ersten des Landes. Auch mit der Herzogin, wie mit ihrer älteren Schwester, knüpfte mein Vater ein festes Band der Freundschaft.
Nachdem mein Vater die Erziehung der Gräfin Dorothea vollendet, machte ihr ältester Bruder Friedrich eine Reise nach Deutschland und Frankreich, auf welcher mein Vater ihn begleitete. Sie kamen nur bis Strasburg, wo der Graf in Folge einer Erkältung nach längerer Krankheit am 11. Juni 1778 kaum 20 Jahr alt starb. Dies Ereigniß machte in jenen glücklichen Friedenszeiten ein so großes Aufsehn, daß der Pfarrer Blessig in Strasburg ein besonderes Buch darüber schrieb: . 2 Theile. Strasburg 1792.
Aus diesem Werke geht hervor, daß der Graf von Medem kein gewöhnlicher Mensch gewesen war. Ein kurländischer Edelmann, dem die alten Sprachen geläufig sind, der den Xenophon und Virgil, den Horaz und Quintilian zu seiner Reiselektüre macht, der in einem Briefe sagt "mit der Zeit hoffe ich auch Vater Homer kennen zu lernen"(Blessig 1, 20), der im 19. Jahre seine "Gedanken über verschiedene philosophische, moralische und religiöse Gegenstände", über den wahren Begriff der Freiheit, der Tugend, über Unsterblichkeit der Seele, über Zuverlässigkeit der Bibel und andre Materien zu Papier bringt, der dem Spiele gänzlich abgeneigt ist - ein solcher Mann konnte nicht zu den alltäglichen Erscheinungen gehören, und verdiente wohl ein ausführliches biographisches Ehrengedächtniß.
zeigte viel Liebe zur Musik, und ward darin von ihrem Lehrer auf das kräftigste unterstützt. Wenige Jahre darauf heirathete sie den letzten Herzog von Kurland, und erhob dadurch ihre Familie zur ersten des Landes. Auch mit der Herzogin, wie mit ihrer älteren Schwester, knüpfte mein Vater ein festes Band der Freundschaft.
Nachdem mein Vater die Erziehung der Gräfin Dorothea vollendet, machte ihr ältester Bruder Friedrich eine Reise nach Deutschland und Frankreich, auf welcher mein Vater ihn begleitete. Sie kamen nur bis Strasburg, wo der Graf in Folge einer Erkältung nach längerer Krankheit am 11. Juni 1778 kaum 20 Jahr alt starb. Dies Ereigniß machte in jenen glücklichen Friedenszeiten ein so großes Aufsehn, daß der Pfarrer Blessig in Strasburg ein besonderes Buch darüber schrieb: ‹Leben des Grafen Johann Friedrich von Medem›. 2 Theile. Strasburg 1792.
Aus diesem Werke geht hervor, daß der Graf von Medem kein gewöhnlicher Mensch gewesen war. Ein kurländischer Edelmann, dem die alten Sprachen geläufig sind, der den Xenophon und Virgil, den Horaz und Quintilian zu seiner Reiselektüre macht, der in einem Briefe sagt „mit der Zeit hoffe ich auch Vater Homer kennen zu lernen“(Blessig 1, 20), der im 19. Jahre seine „Gedanken über verschiedene philosophische, moralische und religiöse Gegenstände“, über den wahren Begriff der Freiheit, der Tugend, über Unsterblichkeit der Seele, über Zuverlässigkeit der Bibel und andre Materien zu Papier bringt, der dem Spiele gänzlich abgeneigt ist – ein solcher Mann konnte nicht zu den alltäglichen Erscheinungen gehören, und verdiente wohl ein ausführliches biographisches Ehrengedächtniß.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0015"n="3"/>
zeigte viel Liebe zur Musik, und ward darin von ihrem Lehrer auf das kräftigste unterstützt. Wenige Jahre darauf heirathete sie den letzten Herzog von Kurland, und erhob dadurch ihre Familie zur ersten des Landes. Auch mit der Herzogin, wie mit ihrer älteren Schwester, knüpfte mein Vater ein festes Band der Freundschaft. </p><lb/><p>Nachdem mein Vater die Erziehung der Gräfin Dorothea vollendet, machte ihr ältester Bruder Friedrich eine Reise nach Deutschland und Frankreich, auf welcher mein Vater ihn begleitete. Sie kamen nur bis Strasburg, wo der Graf in Folge einer Erkältung nach längerer Krankheit am 11. Juni 1778 kaum 20 Jahr alt starb. Dies Ereigniß machte in jenen glücklichen Friedenszeiten ein so großes Aufsehn, daß der Pfarrer <hirendition="#g">Blessig</hi> in Strasburg ein besonderes Buch darüber schrieb: ‹Leben des Grafen Johann Friedrich von Medem›. 2 Theile. Strasburg 1792. </p><lb/><p>Aus diesem Werke geht hervor, daß der Graf von Medem kein gewöhnlicher Mensch gewesen war. Ein kurländischer Edelmann, dem die alten Sprachen geläufig sind, der den Xenophon und Virgil, den Horaz und Quintilian zu seiner Reiselektüre macht, der in einem Briefe sagt <cit><quote>„mit der Zeit hoffe ich auch Vater Homer kennen zu lernen“</quote><bibl>(Blessig 1, 20)</bibl></cit>, der im 19. Jahre seine „Gedanken über verschiedene philosophische, moralische und religiöse Gegenstände“, über den wahren Begriff der Freiheit, der Tugend, über Unsterblichkeit der Seele, über Zuverlässigkeit der Bibel und andre Materien zu Papier bringt, der dem Spiele gänzlich abgeneigt ist – ein solcher Mann konnte nicht zu den alltäglichen Erscheinungen gehören, und verdiente wohl ein ausführliches biographisches Ehrengedächtniß.
</p></div></body></text></TEI>
[3/0015]
zeigte viel Liebe zur Musik, und ward darin von ihrem Lehrer auf das kräftigste unterstützt. Wenige Jahre darauf heirathete sie den letzten Herzog von Kurland, und erhob dadurch ihre Familie zur ersten des Landes. Auch mit der Herzogin, wie mit ihrer älteren Schwester, knüpfte mein Vater ein festes Band der Freundschaft.
Nachdem mein Vater die Erziehung der Gräfin Dorothea vollendet, machte ihr ältester Bruder Friedrich eine Reise nach Deutschland und Frankreich, auf welcher mein Vater ihn begleitete. Sie kamen nur bis Strasburg, wo der Graf in Folge einer Erkältung nach längerer Krankheit am 11. Juni 1778 kaum 20 Jahr alt starb. Dies Ereigniß machte in jenen glücklichen Friedenszeiten ein so großes Aufsehn, daß der Pfarrer Blessig in Strasburg ein besonderes Buch darüber schrieb: ‹Leben des Grafen Johann Friedrich von Medem›. 2 Theile. Strasburg 1792.
Aus diesem Werke geht hervor, daß der Graf von Medem kein gewöhnlicher Mensch gewesen war. Ein kurländischer Edelmann, dem die alten Sprachen geläufig sind, der den Xenophon und Virgil, den Horaz und Quintilian zu seiner Reiselektüre macht, der in einem Briefe sagt „mit der Zeit hoffe ich auch Vater Homer kennen zu lernen“ (Blessig 1, 20), der im 19. Jahre seine „Gedanken über verschiedene philosophische, moralische und religiöse Gegenstände“, über den wahren Begriff der Freiheit, der Tugend, über Unsterblichkeit der Seele, über Zuverlässigkeit der Bibel und andre Materien zu Papier bringt, der dem Spiele gänzlich abgeneigt ist – ein solcher Mann konnte nicht zu den alltäglichen Erscheinungen gehören, und verdiente wohl ein ausführliches biographisches Ehrengedächtniß.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/15>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.