Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

bey, und es wird ihm bleiben, so lange unsre Geschichtbücher dauern. Aber der Spittler des zwanzigsten Jahrhunderts wird gewiß Karln mit ihm nicht in die entfernteste Paralelle setzen.

Es ist wahr, die Natur hatte Karln ungemeine Verstandestalente gegeben. Er faßte außerordentlich leicht und schnell, vereinigte viele Dinge unter einem Bilde, betrachtete alles aus dem richtigen Gesichtspunkte, drang überall über die Oberfläche ein, sahe alles im hellsten Lichte, und besaß dabey ein ausserordentlich treues Gedächtniß, und eine sehr lebhafte Imagination. Aber diese Talente hatten nur eine sehr unvollkommene Bildung erhalten; denn im den Jahren, wo die Verstandeskultur erst einen festen Gang zu nehmen beginnt, und früher gesammelte Kenntnisse Ordnung und Zusammenhang erhalten, entfloh er seinen Erziehern, ward unabhängig, und stürzte sich in Zerstreuungen hinein, wo von keiner weitern Bildung mehr die Rede seyn

bey, und es wird ihm bleiben, so lange unsre Geschichtbücher dauern. Aber der Spittler des zwanzigsten Jahrhunderts wird gewiß Karln mit ihm nicht in die entfernteste Paralelle setzen.

Es ist wahr, die Natur hatte Karln ungemeine Verstandestalente gegeben. Er faßte außerordentlich leicht und schnell, vereinigte viele Dinge unter einem Bilde, betrachtete alles aus dem richtigen Gesichtspunkte, drang überall über die Oberfläche ein, sahe alles im hellsten Lichte, und besaß dabey ein ausserordentlich treues Gedächtniß, und eine sehr lebhafte Imagination. Aber diese Talente hatten nur eine sehr unvollkommene Bildung erhalten; denn im den Jahren, wo die Verstandeskultur erst einen festen Gang zu nehmen beginnt, und früher gesammelte Kenntnisse Ordnung und Zusammenhang erhalten, entfloh er seinen Erziehern, ward unabhängig, und stürzte sich in Zerstreuungen hinein, wo von keiner weitern Bildung mehr die Rede seyn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="25"/>
bey, und es wird ihm bleiben, so lange unsre Geschichtbücher dauern. Aber der <hi rendition="#g">Spittler</hi> des zwanzigsten Jahrhunderts wird gewiß <hi rendition="#g">Karln</hi> mit ihm nicht in die entfernteste Paralelle setzen.</p>
        <p>Es ist wahr, die Natur hatte <hi rendition="#g">Karln</hi> ungemeine Verstandestalente gegeben. Er faßte außerordentlich leicht und schnell, vereinigte viele Dinge unter einem Bilde, betrachtete alles aus dem richtigen Gesichtspunkte, drang überall über die Oberfläche ein, sahe alles im hellsten Lichte, und besaß dabey ein ausserordentlich treues Gedächtniß, und eine sehr lebhafte Imagination. Aber diese Talente hatten nur eine sehr unvollkommene Bildung erhalten; denn im den Jahren, wo die Verstandeskultur erst einen festen Gang zu nehmen beginnt, und früher gesammelte Kenntnisse Ordnung und Zusammenhang erhalten, entfloh er seinen Erziehern, ward unabhängig, und stürzte sich in Zerstreuungen hinein, wo von keiner weitern Bildung mehr die Rede seyn
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0025] bey, und es wird ihm bleiben, so lange unsre Geschichtbücher dauern. Aber der Spittler des zwanzigsten Jahrhunderts wird gewiß Karln mit ihm nicht in die entfernteste Paralelle setzen. Es ist wahr, die Natur hatte Karln ungemeine Verstandestalente gegeben. Er faßte außerordentlich leicht und schnell, vereinigte viele Dinge unter einem Bilde, betrachtete alles aus dem richtigen Gesichtspunkte, drang überall über die Oberfläche ein, sahe alles im hellsten Lichte, und besaß dabey ein ausserordentlich treues Gedächtniß, und eine sehr lebhafte Imagination. Aber diese Talente hatten nur eine sehr unvollkommene Bildung erhalten; denn im den Jahren, wo die Verstandeskultur erst einen festen Gang zu nehmen beginnt, und früher gesammelte Kenntnisse Ordnung und Zusammenhang erhalten, entfloh er seinen Erziehern, ward unabhängig, und stürzte sich in Zerstreuungen hinein, wo von keiner weitern Bildung mehr die Rede seyn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797/25
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797/25>, abgerufen am 18.12.2024.