Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846."Das trifft sich gut -- so darf ich hoffen, daß wir zusammen dahin fahren -- ich beabsichtigte dies schon, da ich Elisabeth lange nicht gesehen." "Sie leben hier in gut nachbarlichem Verhältniß?" "Nicht mehr so ganz -- es gab Differenzen zwischen unsern Eltern -- Sie hatten nur zu Recht: unsrer Freundschaft standen Kämpfe bevor -- aber wir hielten sie aus -- Elisabeth kam dann wohl noch zu mir -- aber ich mußte des Vaters Geheiß befolgen -- heute aber ist er in die Stadt gefahren in Geschäften, weil ihm eine neue Handelsspeculation gelungen ist -- er war sehr vergnügt und sagte -- ich möge ihm eine Bitte nennen, er werde sie gewähren, und so --" "So baten Sie darum, die freundlichen Beziehungen zum Schloß wieder anknüpfen zu dürfen?" Sie schwieg und sah vor sich nieder, wie um zu prüfen, ob sie Etwas sagen oder verschweigen solle -- dann begann sie und eine Thräne glänzte in ihrem Auge: "Sie kennen ja doch einmal die Einrichtungen in unsrer Fabrik, warum Ihnen nicht die Wahrheit sagen? -- Die Freundschaft gilt mir viel -- aber ihrer bin ich ja doch sicher und selbst wenn es nicht wäre, warum nicht ein Gefühl meines Herzens der Zufriedenheit vieler Unglücklicher zum Opfer bringen? Ich bat meinen Vater: „Das trifft sich gut — so darf ich hoffen, daß wir zusammen dahin fahren — ich beabsichtigte dies schon, da ich Elisabeth lange nicht gesehen.“ „Sie leben hier in gut nachbarlichem Verhältniß?“ „Nicht mehr so ganz — es gab Differenzen zwischen unsern Eltern — Sie hatten nur zu Recht: unsrer Freundschaft standen Kämpfe bevor — aber wir hielten sie aus — Elisabeth kam dann wohl noch zu mir — aber ich mußte des Vaters Geheiß befolgen — heute aber ist er in die Stadt gefahren in Geschäften, weil ihm eine neue Handelsspeculation gelungen ist — er war sehr vergnügt und sagte — ich möge ihm eine Bitte nennen, er werde sie gewähren, und so —“ „So baten Sie darum, die freundlichen Beziehungen zum Schloß wieder anknüpfen zu dürfen?“ Sie schwieg und sah vor sich nieder, wie um zu prüfen, ob sie Etwas sagen oder verschweigen solle — dann begann sie und eine Thräne glänzte in ihrem Auge: „Sie kennen ja doch einmal die Einrichtungen in unsrer Fabrik, warum Ihnen nicht die Wahrheit sagen? — Die Freundschaft gilt mir viel — aber ihrer bin ich ja doch sicher und selbst wenn es nicht wäre, warum nicht ein Gefühl meines Herzens der Zufriedenheit vieler Unglücklicher zum Opfer bringen? Ich bat meinen Vater: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0075" n="71"/> <p> „Das trifft sich gut — so darf ich hoffen, daß wir zusammen dahin fahren — ich beabsichtigte dies schon, da ich Elisabeth lange nicht gesehen.“</p> <p>„Sie leben hier in gut nachbarlichem Verhältniß?“</p> <p>„Nicht mehr so ganz — es gab Differenzen zwischen unsern Eltern — Sie hatten nur zu Recht: unsrer Freundschaft standen Kämpfe bevor — aber wir hielten sie aus — Elisabeth kam dann wohl noch zu mir — aber ich mußte des Vaters Geheiß befolgen — heute aber ist er in die Stadt gefahren in Geschäften, weil ihm eine neue Handelsspeculation gelungen ist — er war sehr vergnügt und sagte — ich möge ihm eine Bitte nennen, er werde sie gewähren, und so —“</p> <p>„So baten Sie darum, die freundlichen Beziehungen zum Schloß wieder anknüpfen zu dürfen?“</p> <p>Sie schwieg und sah vor sich nieder, wie um zu prüfen, ob sie Etwas sagen oder verschweigen solle — dann begann sie und eine Thräne glänzte in ihrem Auge:</p> <p>„Sie kennen ja doch einmal die Einrichtungen in unsrer Fabrik, warum Ihnen nicht die Wahrheit sagen? — Die Freundschaft gilt mir viel — aber ihrer bin ich ja doch sicher und selbst wenn es nicht wäre, warum nicht ein Gefühl meines Herzens der Zufriedenheit vieler Unglücklicher zum Opfer bringen? Ich bat meinen Vater: </p> </div> </body> </text> </TEI> [71/0075]
„Das trifft sich gut — so darf ich hoffen, daß wir zusammen dahin fahren — ich beabsichtigte dies schon, da ich Elisabeth lange nicht gesehen.“
„Sie leben hier in gut nachbarlichem Verhältniß?“
„Nicht mehr so ganz — es gab Differenzen zwischen unsern Eltern — Sie hatten nur zu Recht: unsrer Freundschaft standen Kämpfe bevor — aber wir hielten sie aus — Elisabeth kam dann wohl noch zu mir — aber ich mußte des Vaters Geheiß befolgen — heute aber ist er in die Stadt gefahren in Geschäften, weil ihm eine neue Handelsspeculation gelungen ist — er war sehr vergnügt und sagte — ich möge ihm eine Bitte nennen, er werde sie gewähren, und so —“
„So baten Sie darum, die freundlichen Beziehungen zum Schloß wieder anknüpfen zu dürfen?“
Sie schwieg und sah vor sich nieder, wie um zu prüfen, ob sie Etwas sagen oder verschweigen solle — dann begann sie und eine Thräne glänzte in ihrem Auge:
„Sie kennen ja doch einmal die Einrichtungen in unsrer Fabrik, warum Ihnen nicht die Wahrheit sagen? — Die Freundschaft gilt mir viel — aber ihrer bin ich ja doch sicher und selbst wenn es nicht wäre, warum nicht ein Gefühl meines Herzens der Zufriedenheit vieler Unglücklicher zum Opfer bringen? Ich bat meinen Vater:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-08-23T11:52:15Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |