Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.Herz ausfüllen und daß er sie dauernd beglücken werde? Elisabeth war von Thalheims Gegenwart wunderbar ergriffen. Sie fühlte es jetzt wohl, wo ihr Herz mit dem Jaromirs so selig zusammenschlug -- nicht Liebe war es gewesen, was sie einst für den Lehrer empfunden hatte -- denn noch fühlte sie sich von demselben Gefühl beherrscht wie damals. Es war eine Art kindlicher Ehrfurcht, welche sie vor ihm hatte, und zugleich auch zärtlichste Verehrung, die sie ihm darbrachte, wie einem höhern Wesen. Es war, als habe er eine unsichtbare Gewalt über sie, von der freilich er am Wenigsten Etwas ahnte, die aber sie selbst um so tiefer fühlte. Am Nachmittag im Park ging sie einmal neben Thalheim allein -- die Andern folgten in einiger Entfernung. Die Beiden hatten zusammen von vergangenen Tagen in der Residenz gesprochen. "Als ich Szariny zum ersten Mal sah," sagte Elisabeth, "war es an Ihrer Seite -- er war bei Ihnen gewesen -- Sie hatten ihn herausbegleitet -- ich trat aus der entgegengesetzten Thüre -- nachher war mir der Gedanke immer so freundlich, daß doch gerade Sie es sein mußten, der uns zuerst zusammenführte." Diese Erinnerung durchzuckte Thalheim schmerzlich -- Herz ausfüllen und daß er sie dauernd beglücken werde? Elisabeth war von Thalheims Gegenwart wunderbar ergriffen. Sie fühlte es jetzt wohl, wo ihr Herz mit dem Jaromirs so selig zusammenschlug — nicht Liebe war es gewesen, was sie einst für den Lehrer empfunden hatte — denn noch fühlte sie sich von demselben Gefühl beherrscht wie damals. Es war eine Art kindlicher Ehrfurcht, welche sie vor ihm hatte, und zugleich auch zärtlichste Verehrung, die sie ihm darbrachte, wie einem höhern Wesen. Es war, als habe er eine unsichtbare Gewalt über sie, von der freilich er am Wenigsten Etwas ahnte, die aber sie selbst um so tiefer fühlte. Am Nachmittag im Park ging sie einmal neben Thalheim allein — die Andern folgten in einiger Entfernung. Die Beiden hatten zusammen von vergangenen Tagen in der Residenz gesprochen. „Als ich Szariny zum ersten Mal sah,“ sagte Elisabeth, „war es an Ihrer Seite — er war bei Ihnen gewesen — Sie hatten ihn herausbegleitet — ich trat aus der entgegengesetzten Thüre — nachher war mir der Gedanke immer so freundlich, daß doch gerade Sie es sein mußten, der uns zuerst zusammenführte.“ Diese Erinnerung durchzuckte Thalheim schmerzlich — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="102"/> Herz ausfüllen und daß er sie dauernd beglücken werde?</p> <p>Elisabeth war von Thalheims Gegenwart wunderbar ergriffen. Sie fühlte es jetzt wohl, wo ihr Herz mit dem Jaromirs so selig zusammenschlug — nicht Liebe war es gewesen, was sie einst für den Lehrer empfunden hatte — denn noch fühlte sie sich von demselben Gefühl beherrscht wie damals. Es war eine Art kindlicher Ehrfurcht, welche sie vor ihm hatte, und zugleich auch zärtlichste Verehrung, die sie ihm darbrachte, wie einem höhern Wesen. Es war, als habe er eine unsichtbare Gewalt über sie, von der freilich er am Wenigsten Etwas ahnte, die aber sie selbst um so tiefer fühlte.</p> <p>Am Nachmittag im Park ging sie einmal neben Thalheim allein — die Andern folgten in einiger Entfernung.</p> <p>Die Beiden hatten zusammen von vergangenen Tagen in der Residenz gesprochen.</p> <p>„Als ich Szariny zum ersten Mal sah,“ sagte Elisabeth, „war es an Ihrer Seite — er war bei Ihnen gewesen — Sie hatten ihn herausbegleitet — ich trat aus der entgegengesetzten Thüre — nachher war mir der Gedanke immer so freundlich, daß doch gerade Sie es sein mußten, der uns zuerst zusammenführte.“</p> <p>Diese Erinnerung durchzuckte Thalheim schmerzlich — </p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0106]
Herz ausfüllen und daß er sie dauernd beglücken werde?
Elisabeth war von Thalheims Gegenwart wunderbar ergriffen. Sie fühlte es jetzt wohl, wo ihr Herz mit dem Jaromirs so selig zusammenschlug — nicht Liebe war es gewesen, was sie einst für den Lehrer empfunden hatte — denn noch fühlte sie sich von demselben Gefühl beherrscht wie damals. Es war eine Art kindlicher Ehrfurcht, welche sie vor ihm hatte, und zugleich auch zärtlichste Verehrung, die sie ihm darbrachte, wie einem höhern Wesen. Es war, als habe er eine unsichtbare Gewalt über sie, von der freilich er am Wenigsten Etwas ahnte, die aber sie selbst um so tiefer fühlte.
Am Nachmittag im Park ging sie einmal neben Thalheim allein — die Andern folgten in einiger Entfernung.
Die Beiden hatten zusammen von vergangenen Tagen in der Residenz gesprochen.
„Als ich Szariny zum ersten Mal sah,“ sagte Elisabeth, „war es an Ihrer Seite — er war bei Ihnen gewesen — Sie hatten ihn herausbegleitet — ich trat aus der entgegengesetzten Thüre — nachher war mir der Gedanke immer so freundlich, daß doch gerade Sie es sein mußten, der uns zuerst zusammenführte.“
Diese Erinnerung durchzuckte Thalheim schmerzlich —
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