Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.wieder hergeholt, immer noch ein Mal durchgelesen -- und dann mit mir gerungen und gekämpft Tag und Nacht? Auf meine Kniee bin ich gestürzt und das Vaterunser, wie mich's allabendlich die Mutter beten lehrte, da ich ein Knabe war, ist mir wieder durch die Seele gezogen, und auf die Lippen trat immer das einzige Gebet: führ' uns nicht in Versuchung!" "Ja wenn Du immer noch denken willst: beten hilft!" "Mir half's -- ich habe überwunden, ich brauchte nachher nicht mehr zu beten, ich hatte endlich die Kraft, daß ich sagen konnte: Hebe Dich von mir, Versucher! Und da ward ich sein los." "Daß Du ein Feigling bist, mag ich nicht glauben -- so bist Du ein Schwärmer, und mit solchen Leuten fängt man Nichts an." "Sieh einmal, Wilhelm!" sagte Franz mit milder treuherziger Stimme und Thränen traten dabei in seine Augen und mit seiner einen Hand ergriff er die Wilhelms, mit der andern klopft' er ihm freundlich auf die Schultern: "Sieh einmal, Wilhelm, wir waren einander die besten Freunde, waren uns Herzensbrüder! Wir hatten immer einerlei Meinung und haben zusammen manche gute Einrichtung zu Stande gebracht unter unsern Kameraden, wir haben das Beste gewollt und gestrebt, der allgemeinen Neth entgegen zu arbeiten, und habennie Etwas für uns wieder hergeholt, immer noch ein Mal durchgelesen — und dann mit mir gerungen und gekämpft Tag und Nacht? Auf meine Kniee bin ich gestürzt und das Vaterunser, wie mich’s allabendlich die Mutter beten lehrte, da ich ein Knabe war, ist mir wieder durch die Seele gezogen, und auf die Lippen trat immer das einzige Gebet: führ’ uns nicht in Versuchung!“ „Ja wenn Du immer noch denken willst: beten hilft!“ „Mir half’s — ich habe überwunden, ich brauchte nachher nicht mehr zu beten, ich hatte endlich die Kraft, daß ich sagen konnte: Hebe Dich von mir, Versucher! Und da ward ich sein los.“ „Daß Du ein Feigling bist, mag ich nicht glauben — so bist Du ein Schwärmer, und mit solchen Leuten fängt man Nichts an.“ „Sieh einmal, Wilhelm!“ sagte Franz mit milder treuherziger Stimme und Thränen traten dabei in seine Augen und mit seiner einen Hand ergriff er die Wilhelms, mit der andern klopft’ er ihm freundlich auf die Schultern: „Sieh einmal, Wilhelm, wir waren einander die besten Freunde, waren uns Herzensbrüder! Wir hatten immer einerlei Meinung und haben zusammen manche gute Einrichtung zu Stande gebracht unter unsern Kameraden, wir haben das Beste gewollt und gestrebt, der allgemeinen Neth entgegen zu arbeiten, und habennie Etwas für uns <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0189" n="183"/> wieder hergeholt, immer noch ein Mal durchgelesen — und dann mit mir gerungen und gekämpft Tag und Nacht? Auf meine Kniee bin ich gestürzt und das Vaterunser, wie mich’s allabendlich die Mutter beten lehrte, da ich ein Knabe war, ist mir wieder durch die Seele gezogen, und auf die Lippen trat immer das einzige Gebet: führ’ uns nicht in Versuchung!“</p> <p>„Ja wenn Du immer noch denken willst: beten hilft!“</p> <p>„Mir half’s — ich habe überwunden, ich brauchte nachher nicht mehr zu beten, ich hatte endlich die Kraft, daß ich sagen konnte: Hebe Dich von mir, Versucher! Und da ward ich sein los.“</p> <p>„Daß Du ein Feigling bist, mag ich nicht glauben — so bist Du ein Schwärmer, und mit solchen Leuten fängt man Nichts an.“</p> <p>„Sieh einmal, Wilhelm!“ sagte Franz mit milder treuherziger Stimme und Thränen traten dabei in seine Augen und mit seiner einen Hand ergriff er die Wilhelms, mit der andern klopft’ er ihm freundlich auf die Schultern: „Sieh einmal, Wilhelm, wir waren einander die besten Freunde, waren uns Herzensbrüder! Wir hatten immer einerlei Meinung und haben zusammen manche gute Einrichtung zu Stande gebracht unter unsern Kameraden, wir haben das Beste gewollt und gestrebt, der allgemeinen Neth entgegen zu arbeiten, und habennie Etwas für uns </p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0189]
wieder hergeholt, immer noch ein Mal durchgelesen — und dann mit mir gerungen und gekämpft Tag und Nacht? Auf meine Kniee bin ich gestürzt und das Vaterunser, wie mich’s allabendlich die Mutter beten lehrte, da ich ein Knabe war, ist mir wieder durch die Seele gezogen, und auf die Lippen trat immer das einzige Gebet: führ’ uns nicht in Versuchung!“
„Ja wenn Du immer noch denken willst: beten hilft!“
„Mir half’s — ich habe überwunden, ich brauchte nachher nicht mehr zu beten, ich hatte endlich die Kraft, daß ich sagen konnte: Hebe Dich von mir, Versucher! Und da ward ich sein los.“
„Daß Du ein Feigling bist, mag ich nicht glauben — so bist Du ein Schwärmer, und mit solchen Leuten fängt man Nichts an.“
„Sieh einmal, Wilhelm!“ sagte Franz mit milder treuherziger Stimme und Thränen traten dabei in seine Augen und mit seiner einen Hand ergriff er die Wilhelms, mit der andern klopft’ er ihm freundlich auf die Schultern: „Sieh einmal, Wilhelm, wir waren einander die besten Freunde, waren uns Herzensbrüder! Wir hatten immer einerlei Meinung und haben zusammen manche gute Einrichtung zu Stande gebracht unter unsern Kameraden, wir haben das Beste gewollt und gestrebt, der allgemeinen Neth entgegen zu arbeiten, und habennie Etwas für uns
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