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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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jeder Gemeinde Mißvergnügte giebt, welche namentlich
durchaus nicht von dem alten Schlendrian loszubringen
sind und durchaus Alles beim Alten lassen wollen. Den-
ken die alten Leute so, so muß man es entschuldigen,
wenn man es auch nicht billigen kann. Sie sind ihr Le-
belang mit den alten Einrichtungen gut verkommen und
haben sich ganz in sie hineingefügt, so mögen sie sich
nun auf ihre alten Tage nicht davon trennen und sie
denken, wie wir durch's Leben gekommen sind und mit
Ehren grau geworden, so werden's uns're Kinder auch
können. Wie gesagt, den alten Leuten vergeb' ich es im-
mer, wenn sie da stehen bleiben wollen, wo sie stehen, und
auch Alles da stehen lassen, wo sie es gefunden; was
mich aber verdrießt, ist, wenn die jungen Leute es nun
den alten Leuten nachmachen und mitten in ihrer Ju-
gend mit aller Gewalt alt sein wollen -- oft aus bloßer
Trägheit und Faulheit, oder wer weiß was für eigensüch-
tigen Gründen, wie zum Exempel dieser Christlieb."

"Herr Pfarrer, man spricht es nicht gern geradezu"
sagte Traugott, "aber da kann ich mir einmal nicht hel-
fen, den Christlieb halte ich für den schlechtesten Menschen
im ganzen Dorfe."

"Der Pfarrer schwieg und zuckte die Achseln. Nach
einer Pause sagte er: "Es fällt mir schwer, ein hartes
Urtheil über Jemand auszusprechen, aber freilich scheint

jeder Gemeinde Mißvergnuͤgte giebt, welche namentlich
durchaus nicht von dem alten Schlendrian loszubringen
ſind und durchaus Alles beim Alten laſſen wollen. Den-
ken die alten Leute ſo, ſo muß man es entſchuldigen,
wenn man es auch nicht billigen kann. Sie ſind ihr Le-
belang mit den alten Einrichtungen gut verkommen und
haben ſich ganz in ſie hineingefuͤgt, ſo moͤgen ſie ſich
nun auf ihre alten Tage nicht davon trennen und ſie
denken, wie wir durch’s Leben gekommen ſind und mit
Ehren grau geworden, ſo werden’s unſ’re Kinder auch
koͤnnen. Wie geſagt, den alten Leuten vergeb’ ich es im-
mer, wenn ſie da ſtehen bleiben wollen, wo ſie ſtehen, und
auch Alles da ſtehen laſſen, wo ſie es gefunden; was
mich aber verdrießt, iſt, wenn die jungen Leute es nun
den alten Leuten nachmachen und mitten in ihrer Ju-
gend mit aller Gewalt alt ſein wollen — oft aus bloßer
Traͤgheit und Faulheit, oder wer weiß was fuͤr eigenſuͤch-
tigen Gruͤnden, wie zum Exempel dieſer Chriſtlieb.“

„Herr Pfarrer, man ſpricht es nicht gern geradezu“
ſagte Traugott, „aber da kann ich mir einmal nicht hel-
fen, den Chriſtlieb halte ich fuͤr den ſchlechteſten Menſchen
im ganzen Dorfe.“

„Der Pfarrer ſchwieg und zuckte die Achſeln. Nach
einer Pauſe ſagte er: „Es faͤllt mir ſchwer, ein hartes
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[140/0148] jeder Gemeinde Mißvergnuͤgte giebt, welche namentlich durchaus nicht von dem alten Schlendrian loszubringen ſind und durchaus Alles beim Alten laſſen wollen. Den- ken die alten Leute ſo, ſo muß man es entſchuldigen, wenn man es auch nicht billigen kann. Sie ſind ihr Le- belang mit den alten Einrichtungen gut verkommen und haben ſich ganz in ſie hineingefuͤgt, ſo moͤgen ſie ſich nun auf ihre alten Tage nicht davon trennen und ſie denken, wie wir durch’s Leben gekommen ſind und mit Ehren grau geworden, ſo werden’s unſ’re Kinder auch koͤnnen. Wie geſagt, den alten Leuten vergeb’ ich es im- mer, wenn ſie da ſtehen bleiben wollen, wo ſie ſtehen, und auch Alles da ſtehen laſſen, wo ſie es gefunden; was mich aber verdrießt, iſt, wenn die jungen Leute es nun den alten Leuten nachmachen und mitten in ihrer Ju- gend mit aller Gewalt alt ſein wollen — oft aus bloßer Traͤgheit und Faulheit, oder wer weiß was fuͤr eigenſuͤch- tigen Gruͤnden, wie zum Exempel dieſer Chriſtlieb.“ „Herr Pfarrer, man ſpricht es nicht gern geradezu“ ſagte Traugott, „aber da kann ich mir einmal nicht hel- fen, den Chriſtlieb halte ich fuͤr den ſchlechteſten Menſchen im ganzen Dorfe.“ „Der Pfarrer ſchwieg und zuckte die Achſeln. Nach einer Pauſe ſagte er: „Es faͤllt mir ſchwer, ein hartes Urtheil uͤber Jemand auszuſprechen, aber freilich ſcheint

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/148>, abgerufen am 28.11.2024.