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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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fahrvollen Zustande gerettet, und auf einem
bequemen, warmen Lager allein nebenein¬
ander.

Ein wilder Mandelstrauch hing mit
Früchten beladen in die Höhle hinein, und
ein nahes Rieseln ließ sie frisches Wasser zur
Stillung ihres Durstes finden. Die Laute
hatte der Jüngling mitgenommen, und sie ge¬
währte ihnen jetzt eine aufheiternde und be¬
ruhigende Unterhaltung bey dem knisternden
Feuer. Eine höhere Macht schien den Kno¬
ten schneller lösen zu wollen, und brachte
sie unter sonderbaren Umständen in diese ro¬
mantische Lage. Die Unschuld ihrer Herzen,
die zauberhafte Stimmung ihrer Gemüther,
und die verbundene unwiderstehliche Macht
ihrer süßen Leidenschaft und ihrer Jugend
ließ sie bald die Welt und ihre Verhältnisse
vergessen, und wiegte sie unter dem Braut¬
gesange des Sturms und den Hochzeitfackeln

fahrvollen Zuſtande gerettet, und auf einem
bequemen, warmen Lager allein nebenein¬
ander.

Ein wilder Mandelſtrauch hing mit
Früchten beladen in die Höhle hinein, und
ein nahes Rieſeln ließ ſie friſches Waſſer zur
Stillung ihres Durſtes finden. Die Laute
hatte der Jüngling mitgenommen, und ſie ge¬
währte ihnen jetzt eine aufheiternde und be¬
ruhigende Unterhaltung bey dem kniſternden
Feuer. Eine höhere Macht ſchien den Kno¬
ten ſchneller löſen zu wollen, und brachte
ſie unter ſonderbaren Umſtänden in dieſe ro¬
mantiſche Lage. Die Unſchuld ihrer Herzen,
die zauberhafte Stimmung ihrer Gemüther,
und die verbundene unwiderſtehliche Macht
ihrer ſüßen Leidenſchaft und ihrer Jugend
ließ ſie bald die Welt und ihre Verhältniſſe
vergeſſen, und wiegte ſie unter dem Braut¬
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[84/0092] fahrvollen Zuſtande gerettet, und auf einem bequemen, warmen Lager allein nebenein¬ ander. Ein wilder Mandelſtrauch hing mit Früchten beladen in die Höhle hinein, und ein nahes Rieſeln ließ ſie friſches Waſſer zur Stillung ihres Durſtes finden. Die Laute hatte der Jüngling mitgenommen, und ſie ge¬ währte ihnen jetzt eine aufheiternde und be¬ ruhigende Unterhaltung bey dem kniſternden Feuer. Eine höhere Macht ſchien den Kno¬ ten ſchneller löſen zu wollen, und brachte ſie unter ſonderbaren Umſtänden in dieſe ro¬ mantiſche Lage. Die Unſchuld ihrer Herzen, die zauberhafte Stimmung ihrer Gemüther, und die verbundene unwiderſtehliche Macht ihrer ſüßen Leidenſchaft und ihrer Jugend ließ ſie bald die Welt und ihre Verhältniſſe vergeſſen, und wiegte ſie unter dem Braut¬ geſange des Sturms und den Hochzeitfackeln

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/92>, abgerufen am 04.05.2024.