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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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hinein, welche nicht zu beschreiben, noch
kunstreich mit Farben nachzubilden möglich
gewesen wäre. Es waren überaus feine Fi¬
guren, und die innigste Lust und Freude, ja
eine himmlische Glückseligkeit war darinn
überall zu schauen, sogar daß die leblosen
Gefäße, das Säulwerk, die Teppiche, Zier¬
rathen und alles, was zu sehen war, nicht
gemacht, sondern wie ein vollsaftiges Kraut
also gewachsen und zusammen gekommen zu
seyn schien. Es waren die schönsten mensch¬
lichen Gestalten, die dazwischen umher gin¬
gen und sich über die Maaßen freund¬
lich und holdselig gegeneinander erzeigten.
Ganz vorn stand die Geliebte des Pilgers,
und es hatte das Ansehn, als wolle sie mit
ihm sprechen, doch war nichts zu hören;
und der Pilger betrachtete nur mit tiefer
Sehnsucht ihre anmuthigen Züge, und wie
sie so freundlich und lächelnd ihm zuwinkte,

hinein, welche nicht zu beſchreiben, noch
kunſtreich mit Farben nachzubilden möglich
geweſen wäre. Es waren überaus feine Fi¬
guren, und die innigſte Luſt und Freude, ja
eine himmliſche Glückſeligkeit war darinn
überall zu ſchauen, ſogar daß die lebloſen
Gefäße, das Säulwerk, die Teppiche, Zier¬
rathen und alles, was zu ſehen war, nicht
gemacht, ſondern wie ein vollſaftiges Kraut
alſo gewachſen und zuſammen gekommen zu
ſeyn ſchien. Es waren die ſchönſten menſch¬
lichen Geſtalten, die dazwiſchen umher gin¬
gen und ſich über die Maaßen freund¬
lich und holdſelig gegeneinander erzeigten.
Ganz vorn ſtand die Geliebte des Pilgers,
und es hatte das Anſehn, als wolle ſie mit
ihm ſprechen, doch war nichts zu hören;
und der Pilger betrachtete nur mit tiefer
Sehnſucht ihre anmuthigen Züge, und wie
ſie ſo freundlich und lächelnd ihm zuwinkte,

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[15/0361] hinein, welche nicht zu beſchreiben, noch kunſtreich mit Farben nachzubilden möglich geweſen wäre. Es waren überaus feine Fi¬ guren, und die innigſte Luſt und Freude, ja eine himmliſche Glückſeligkeit war darinn überall zu ſchauen, ſogar daß die lebloſen Gefäße, das Säulwerk, die Teppiche, Zier¬ rathen und alles, was zu ſehen war, nicht gemacht, ſondern wie ein vollſaftiges Kraut alſo gewachſen und zuſammen gekommen zu ſeyn ſchien. Es waren die ſchönſten menſch¬ lichen Geſtalten, die dazwiſchen umher gin¬ gen und ſich über die Maaßen freund¬ lich und holdſelig gegeneinander erzeigten. Ganz vorn ſtand die Geliebte des Pilgers, und es hatte das Anſehn, als wolle ſie mit ihm ſprechen, doch war nichts zu hören; und der Pilger betrachtete nur mit tiefer Sehnſucht ihre anmuthigen Züge, und wie ſie ſo freundlich und lächelnd ihm zuwinkte,

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/361>, abgerufen am 25.11.2024.