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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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ter sich ermüdet zur Ruhe gelegt hatte. Ist
mir nicht zu Muthe, wie in jenem Traume,
beym Anblick der blauen Blume? Welcher
sonderbare Zusammenhang ist zwischen Ma¬
thilden und dieser Blume? Jenes Gesicht,
das aus dem Kelche sich mir entgegenneigte,
es war Mathildens himmlisches Gesicht, und
nun erinnere ich mich auch, es in jenem Bu¬
che gesehn zu haben. Aber warum hat es
dort mein Herz nicht so bewegt? O! sie ist
der sichtbare Geist des Gesanges, eine würdi¬
ge Tochter ihres Vaters. Sie wird mich in
Musik auflösen. Sie wird meine innerste
Seele, die Hüterin meines heiligen Feuers
seyn. Welche Ewigkeit von Treue fühle ich
in mir! Ich ward nur geboren, um sie zu
verehren, um ihr ewig zu dienen, um sie zu
denken und zu empfinden. Gehört nicht ein
eigenes ungetheiltes Daseyn zu ihrer An¬
schaung und Anbetung? und bin ich der

ter ſich ermüdet zur Ruhe gelegt hatte. Iſt
mir nicht zu Muthe, wie in jenem Traume,
beym Anblick der blauen Blume? Welcher
ſonderbare Zuſammenhang iſt zwiſchen Ma¬
thilden und dieſer Blume? Jenes Geſicht,
das aus dem Kelche ſich mir entgegenneigte,
es war Mathildens himmliſches Geſicht, und
nun erinnere ich mich auch, es in jenem Bu¬
che geſehn zu haben. Aber warum hat es
dort mein Herz nicht ſo bewegt? O! ſie iſt
der ſichtbare Geiſt des Geſanges, eine würdi¬
ge Tochter ihres Vaters. Sie wird mich in
Muſik auflöſen. Sie wird meine innerſte
Seele, die Hüterin meines heiligen Feuers
ſeyn. Welche Ewigkeit von Treue fühle ich
in mir! Ich ward nur geboren, um ſie zu
verehren, um ihr ewig zu dienen, um ſie zu
denken und zu empfinden. Gehört nicht ein
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ſchaung und Anbetung? und bin ich der

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[230/0238] ter ſich ermüdet zur Ruhe gelegt hatte. Iſt mir nicht zu Muthe, wie in jenem Traume, beym Anblick der blauen Blume? Welcher ſonderbare Zuſammenhang iſt zwiſchen Ma¬ thilden und dieſer Blume? Jenes Geſicht, das aus dem Kelche ſich mir entgegenneigte, es war Mathildens himmliſches Geſicht, und nun erinnere ich mich auch, es in jenem Bu¬ che geſehn zu haben. Aber warum hat es dort mein Herz nicht ſo bewegt? O! ſie iſt der ſichtbare Geiſt des Geſanges, eine würdi¬ ge Tochter ihres Vaters. Sie wird mich in Muſik auflöſen. Sie wird meine innerſte Seele, die Hüterin meines heiligen Feuers ſeyn. Welche Ewigkeit von Treue fühle ich in mir! Ich ward nur geboren, um ſie zu verehren, um ihr ewig zu dienen, um ſie zu denken und zu empfinden. Gehört nicht ein eigenes ungetheiltes Daſeyn zu ihrer An¬ ſchaung und Anbetung? und bin ich der

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/238>, abgerufen am 24.11.2024.