Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Heinrich fühlte die entzückenden Weissa¬
gungen der ersten Lust und Liebe zugleich.
Auch Mathilde ließ sich willig von den
schmeichelnden Wellen tragen, und verbarg
ihr zärtliches Zutrauen, ihre aufkeimende
Neigung zu ihm nur hinter einem leichten
Flor. Der alte Schwaning bemerkte das
kommende Verständniß, und neckte beyde.

Klingsohr hatte Heinrichen lieb gewon¬
nen, und freute sich seiner Zärtlichkeit. Die
andern Jünglinge und Mädchen hatten es
bald bemerkt. Sie zogen die ernste Mathil¬
de mit dem jungen Thüringer auf, und ver¬
hehlten nicht, daß es ihnen lieb sey, Mathil¬
dens Aufmerksamkeit nicht mehr bey ihren
Herzensgeschäften scheuen zu dürfen.

Es war tief in der Nacht, als die Ge¬
sellschaft auseinanderging. Das erste und
einzige Fest meines Lebens, sagte Heinrich zu
sich selbst, als er allein war, und seine Mut¬

Heinrich fühlte die entzückenden Weiſſa¬
gungen der erſten Luſt und Liebe zugleich.
Auch Mathilde ließ ſich willig von den
ſchmeichelnden Wellen tragen, und verbarg
ihr zärtliches Zutrauen, ihre aufkeimende
Neigung zu ihm nur hinter einem leichten
Flor. Der alte Schwaning bemerkte das
kommende Verſtändniß, und neckte beyde.

Klingsohr hatte Heinrichen lieb gewon¬
nen, und freute ſich ſeiner Zärtlichkeit. Die
andern Jünglinge und Mädchen hatten es
bald bemerkt. Sie zogen die ernſte Mathil¬
de mit dem jungen Thüringer auf, und ver¬
hehlten nicht, daß es ihnen lieb ſey, Mathil¬
dens Aufmerkſamkeit nicht mehr bey ihren
Herzensgeſchäften ſcheuen zu dürfen.

Es war tief in der Nacht, als die Ge¬
ſellſchaft auseinanderging. Das erſte und
einzige Feſt meines Lebens, ſagte Heinrich zu
ſich ſelbſt, als er allein war, und ſeine Mut¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0237" n="229"/>
            <p>Heinrich fühlte die entzückenden Wei&#x017F;&#x017F;<lb/>
gungen der er&#x017F;ten Lu&#x017F;t und Liebe zugleich.<lb/>
Auch Mathilde ließ &#x017F;ich willig von den<lb/>
&#x017F;chmeichelnden Wellen tragen, und verbarg<lb/>
ihr zärtliches Zutrauen, ihre aufkeimende<lb/>
Neigung zu ihm nur hinter einem leichten<lb/>
Flor. Der alte Schwaning bemerkte das<lb/>
kommende Ver&#x017F;tändniß, und neckte beyde.</p><lb/>
            <p>Klingsohr hatte Heinrichen lieb gewon¬<lb/>
nen, und freute &#x017F;ich &#x017F;einer Zärtlichkeit. Die<lb/>
andern Jünglinge und Mädchen hatten es<lb/>
bald bemerkt. Sie zogen die ern&#x017F;te Mathil¬<lb/>
de mit dem jungen Thüringer auf, und ver¬<lb/>
hehlten nicht, daß es ihnen lieb &#x017F;ey, Mathil¬<lb/>
dens Aufmerk&#x017F;amkeit nicht mehr bey ihren<lb/>
Herzensge&#x017F;chäften &#x017F;cheuen zu dürfen.</p><lb/>
            <p>Es war tief in der Nacht, als die Ge¬<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft auseinanderging. Das er&#x017F;te und<lb/>
einzige Fe&#x017F;t meines Lebens, &#x017F;agte Heinrich zu<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, als er allein war, und &#x017F;eine Mut¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0237] Heinrich fühlte die entzückenden Weiſſa¬ gungen der erſten Luſt und Liebe zugleich. Auch Mathilde ließ ſich willig von den ſchmeichelnden Wellen tragen, und verbarg ihr zärtliches Zutrauen, ihre aufkeimende Neigung zu ihm nur hinter einem leichten Flor. Der alte Schwaning bemerkte das kommende Verſtändniß, und neckte beyde. Klingsohr hatte Heinrichen lieb gewon¬ nen, und freute ſich ſeiner Zärtlichkeit. Die andern Jünglinge und Mädchen hatten es bald bemerkt. Sie zogen die ernſte Mathil¬ de mit dem jungen Thüringer auf, und ver¬ hehlten nicht, daß es ihnen lieb ſey, Mathil¬ dens Aufmerkſamkeit nicht mehr bey ihren Herzensgeſchäften ſcheuen zu dürfen. Es war tief in der Nacht, als die Ge¬ ſellſchaft auseinanderging. Das erſte und einzige Feſt meines Lebens, ſagte Heinrich zu ſich ſelbſt, als er allein war, und ſeine Mut¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/237
Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/237>, abgerufen am 24.11.2024.