Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite
Das Haupt Lasars wird gefunden.


Als das Haupt Lasars ward abgehauen
Auf der schönen Amselfelder Ebne,
Fand es Keiner von den Serben allen,
Fand das Haupt ein junger Türkenknabe,
Zwar ein Türke, doch im Sclavenstande 5
Hatte eine Serbin ihn geboren.
Und es sprach der junge Türkenknabe:
"Hört, Ihr Türken, höret, meine Brüder!
Eines hohen Herren Haupt ist dieses,
Sünde wär' es vor dem einz'gen Gotte, 10
Sollten Adler dran und Raben hacken,
Und mit Füßen Roß und Mann es treten." --
Und er nimmt das Haupt des heil'gen Zaren,
Schlägt es in den rundgefleckten Mantel,
Und zu einem Wasserquell es tragend, 15
Wirft das Haupt er in das kalte Wasser.
Liegen bleibt das Haupt im Quellenwasser,
Schöne Zeit! bleibt vierzig Sommer liegen.
Auf dem Amselfelde liegt der Leichnam,
Doch ihn zehren Adler nicht noch Raben, 20
Noch trifft je ihn Fußtritt oder Hufschlag.
Dank und Preis dafür dem lieben Gotte! --
Das Haupt Lasars wird gefunden.


Als das Haupt Lasars ward abgehauen
Auf der schönen Amselfelder Ebne,
Fand es Keiner von den Serben allen,
Fand das Haupt ein junger Türkenknabe,
Zwar ein Türke, doch im Sclavenstande 5
Hatte eine Serbin ihn geboren.
Und es sprach der junge Türkenknabe:
„Hört, Ihr Türken, höret, meine Brüder!
Eines hohen Herren Haupt ist dieses,
Sünde wär' es vor dem einz'gen Gotte, 10
Sollten Adler dran und Raben hacken,
Und mit Füßen Roß und Mann es treten.“ —
Und er nimmt das Haupt des heil'gen Zaren,
Schlägt es in den rundgefleckten Mantel,
Und zu einem Wasserquell es tragend, 15
Wirft das Haupt er in das kalte Wasser.
Liegen bleibt das Haupt im Quellenwasser,
Schöne Zeit! bleibt vierzig Sommer liegen.
Auf dem Amselfelde liegt der Leichnam,
Doch ihn zehren Adler nicht noch Raben, 20
Noch trifft je ihn Fußtritt oder Hufschlag.
Dank und Preis dafür dem lieben Gotte! —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0333" n="267"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Das Haupt Lasars wird gefunden</hi>.</hi> </hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l><hi rendition="#in">A</hi>ls das Haupt Lasars ward abgehauen</l><lb/>
              <l>Auf der schönen Amselfelder Ebne,</l><lb/>
              <l>Fand es Keiner von den Serben allen,</l><lb/>
              <l>Fand das Haupt ein junger Türkenknabe,</l><lb/>
              <l>Zwar ein Türke, doch im Sclavenstande <note place="right">5</note></l><lb/>
              <l>Hatte eine Serbin ihn geboren.</l><lb/>
              <l>Und es sprach der junge Türkenknabe:</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>&#x201E;Hört, Ihr Türken, höret, meine Brüder!</l><lb/>
              <l>Eines hohen Herren Haupt ist dieses,</l><lb/>
              <l>Sünde wär' es vor dem einz'gen Gotte, <note place="right">10</note></l><lb/>
              <l>Sollten Adler dran und Raben hacken,</l><lb/>
              <l>Und mit Füßen Roß und Mann es treten.&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Und er nimmt das Haupt des heil'gen Zaren,</l><lb/>
              <l>Schlägt es in den rundgefleckten Mantel,</l><lb/>
              <l>Und zu einem Wasserquell es tragend, <note place="right">15</note></l><lb/>
              <l>Wirft das Haupt er in das kalte Wasser.</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Liegen bleibt das Haupt im Quellenwasser,</l><lb/>
              <l>Schöne Zeit! bleibt vierzig Sommer liegen.</l><lb/>
              <l>Auf dem Amselfelde liegt der Leichnam,</l><lb/>
              <l>Doch ihn zehren Adler nicht noch Raben, <note place="right">20</note></l><lb/>
              <l>Noch trifft je ihn Fußtritt oder Hufschlag.</l><lb/>
              <l>Dank und Preis dafür dem lieben Gotte! &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0333] Das Haupt Lasars wird gefunden. Als das Haupt Lasars ward abgehauen Auf der schönen Amselfelder Ebne, Fand es Keiner von den Serben allen, Fand das Haupt ein junger Türkenknabe, Zwar ein Türke, doch im Sclavenstande Hatte eine Serbin ihn geboren. Und es sprach der junge Türkenknabe: „Hört, Ihr Türken, höret, meine Brüder! Eines hohen Herren Haupt ist dieses, Sünde wär' es vor dem einz'gen Gotte, Sollten Adler dran und Raben hacken, Und mit Füßen Roß und Mann es treten.“ — Und er nimmt das Haupt des heil'gen Zaren, Schlägt es in den rundgefleckten Mantel, Und zu einem Wasserquell es tragend, Wirft das Haupt er in das kalte Wasser. Liegen bleibt das Haupt im Quellenwasser, Schöne Zeit! bleibt vierzig Sommer liegen. Auf dem Amselfelde liegt der Leichnam, Doch ihn zehren Adler nicht noch Raben, Noch trifft je ihn Fußtritt oder Hufschlag. Dank und Preis dafür dem lieben Gotte! —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/333
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/333>, abgerufen am 22.11.2024.