Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite

Unter den Lateinern und den Seinen,
Keiner ihm an Heldenschönheit gleiche.
Leicht zu kennen war des Dogen Eidam
An den Federn und an der Tschelenke, 705
An dem Wuchs' auch und dem Angesichte.
Als nun, daß es wahr sey, sich verbreitet,
Eilten auch herbei des Dogen Söhne,
Ihren lieben Schwager zu empfangen.
Drauf von allen Seiten ihn umarmend, 710
Führten sie ihn in den kleinen Erker.
In die Wohnungen, zu dreien, vieren,
Wurden die Begleiter all' zerstreuet,
Jeder, wo's am besten ihm gefiele.
Wunderbar ist der Lateiner Sitte, 715
Hochzeit feiernd bei der Braut Verwandten,
Während dessen Roß' und Helden rasten.
In Venedig weilten sie drei Tage;
Aber als der vierte Morgen anbrach,
Krachten von der Feste die Kanonen, 720
Rief der Herold, Feldmusik ertönte,
Rüsten sollen sich die Hochzeitleute,
Zeit ist's, wiederum nach Haus zu kehren!
Und es sammeln sich die Serben alle
In dem großen Hof von bunten Steinen; 725
Aber sieh! die Thore sind verschlossen,
Zugeschlossen fest und zugeriegelt,
Und am Thore stehn vier Henkersknechte,

7

Unter den Lateinern und den Seinen,
Keiner ihm an Heldenschönheit gleiche.
Leicht zu kennen war des Dogen Eidam
An den Federn und an der Tschelenke, 705
An dem Wuchs' auch und dem Angesichte.
Als nun, daß es wahr sey, sich verbreitet,
Eilten auch herbei des Dogen Söhne,
Ihren lieben Schwager zu empfangen.
Drauf von allen Seiten ihn umarmend, 710
Führten sie ihn in den kleinen Erker.
In die Wohnungen, zu dreien, vieren,
Wurden die Begleiter all' zerstreuet,
Jeder, wo's am besten ihm gefiele.
Wunderbar ist der Lateiner Sitte, 715
Hochzeit feiernd bei der Braut Verwandten,
Während dessen Roß' und Helden rasten.
In Venedig weilten sie drei Tage;
Aber als der vierte Morgen anbrach,
Krachten von der Feste die Kanonen, 720
Rief der Herold, Feldmusik ertönte,
Rüsten sollen sich die Hochzeitleute,
Zeit ist's, wiederum nach Haus zu kehren!
Und es sammeln sich die Serben alle
In dem großen Hof von bunten Steinen; 725
Aber sieh! die Thore sind verschlossen,
Zugeschlossen fest und zugeriegelt,
Und am Thore stehn vier Henkersknechte,

7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <pb facs="#f0163" n="97"/>
              <lg>
                <l>Unter den Lateinern und den Seinen,</l><lb/>
                <l>Keiner ihm an Heldenschönheit gleiche.</l><lb/>
                <l>Leicht zu kennen war des Dogen Eidam</l><lb/>
                <l>An den Federn und an der Tschelenke, <note place="right">705</note></l><lb/>
                <l>An dem Wuchs' auch und dem Angesichte.</l>
              </lg><lb/>
              <lg>
                <l>Als nun, daß es wahr sey, sich verbreitet,</l><lb/>
                <l>Eilten auch herbei des Dogen Söhne,</l><lb/>
                <l>Ihren lieben Schwager zu empfangen.</l><lb/>
                <l>Drauf von allen Seiten ihn umarmend, <note place="right">710</note></l><lb/>
                <l>Führten sie ihn in den kleinen Erker.</l><lb/>
                <l>In die Wohnungen, zu dreien, vieren,</l><lb/>
                <l>Wurden die Begleiter all' zerstreuet,</l><lb/>
                <l>Jeder, wo's am besten ihm gefiele.</l>
              </lg><lb/>
              <lg>
                <l>Wunderbar ist der Lateiner Sitte, <note place="right">715</note></l><lb/>
                <l>Hochzeit feiernd bei der Braut Verwandten,</l><lb/>
                <l>Während dessen Roß' und Helden rasten.</l><lb/>
                <l>In Venedig weilten sie drei Tage;</l><lb/>
                <l>Aber als der vierte Morgen anbrach,</l><lb/>
                <l>Krachten von der Feste die Kanonen, <note place="right">720</note></l><lb/>
                <l>Rief der Herold, Feldmusik ertönte,</l><lb/>
                <l>Rüsten sollen sich die Hochzeitleute,</l><lb/>
                <l>Zeit ist's, wiederum nach Haus zu kehren!</l><lb/>
                <l>Und es sammeln sich die Serben alle</l><lb/>
                <l>In dem großen Hof von bunten Steinen; <note place="right">725</note></l><lb/>
                <l>Aber sieh! die Thore sind verschlossen,</l><lb/>
                <l>Zugeschlossen fest und zugeriegelt,</l><lb/>
                <l>Und am Thore stehn vier Henkersknechte,</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">7</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0163] Unter den Lateinern und den Seinen, Keiner ihm an Heldenschönheit gleiche. Leicht zu kennen war des Dogen Eidam An den Federn und an der Tschelenke, An dem Wuchs' auch und dem Angesichte. Als nun, daß es wahr sey, sich verbreitet, Eilten auch herbei des Dogen Söhne, Ihren lieben Schwager zu empfangen. Drauf von allen Seiten ihn umarmend, Führten sie ihn in den kleinen Erker. In die Wohnungen, zu dreien, vieren, Wurden die Begleiter all' zerstreuet, Jeder, wo's am besten ihm gefiele. Wunderbar ist der Lateiner Sitte, Hochzeit feiernd bei der Braut Verwandten, Während dessen Roß' und Helden rasten. In Venedig weilten sie drei Tage; Aber als der vierte Morgen anbrach, Krachten von der Feste die Kanonen, Rief der Herold, Feldmusik ertönte, Rüsten sollen sich die Hochzeitleute, Zeit ist's, wiederum nach Haus zu kehren! Und es sammeln sich die Serben alle In dem großen Hof von bunten Steinen; Aber sieh! die Thore sind verschlossen, Zugeschlossen fest und zugeriegelt, Und am Thore stehn vier Henkersknechte, 7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/163
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/163>, abgerufen am 24.11.2024.