Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite

Angelobt, als um die Schnur ich freite, 620
Daß, so viel ich Hochzeitgäste brächte,
Und Lateiner in Venedig wären,
Schön'ren Helden es nicht geben solle,
Als den Bräutigam des schlanken Mädchens!
Und nun ist er häßlicher, als Alle! 625
Große Sorge hat mich drum befallen!
Kommen wir nun zu den neuen Freunden:
Schämen müssen wir uns vor dem Dogen,
Und gar leicht kann Zank und Streit beginnen!
Drum vernehmt, geschmückte Hochzeitgäste! 630
Unter uns befindet heut' sich Einer,
Milosch, der Woiwod', ein Held von Ansehn,
Milosch Obrenbegowitsch, Ihr kennt ihn!
Dessen Schönheit Alles überstrahlet.
Wie bei uns, so auch bei den Lateinern. 635
Wollt Ihr meinem Rathe folgen, Brüder!
Laßt Maxim uns, meinem lieben Sohne,
Von Tschelenk' und Federn uns entkleiden,
Und damit den schönen Milosch schmücken,
Daß er für den Bräutigam dort gelte, 640
Bis wir die Latein'rin heimgeführet!" --
Als dieß hörten die geschmückten Schaaren,
Keiner war, kein Mann und Bruder drunter,
Der es eigenmächtig wollt' entscheiden.
Keiner wagt es von den Hochzeitgästen; 645
Denn Maxim ist mördrischen Geschlechtes,
Ihn beleid'gen könnten sie, bejahend,

Angelobt, als um die Schnur ich freite, 620
Daß, so viel ich Hochzeitgäste brächte,
Und Lateiner in Venedig wären,
Schön'ren Helden es nicht geben solle,
Als den Bräutigam des schlanken Mädchens!
Und nun ist er häßlicher, als Alle! 625
Große Sorge hat mich drum befallen!
Kommen wir nun zu den neuen Freunden:
Schämen müssen wir uns vor dem Dogen,
Und gar leicht kann Zank und Streit beginnen!
Drum vernehmt, geschmückte Hochzeitgäste! 630
Unter uns befindet heut' sich Einer,
Milosch, der Woiwod', ein Held von Ansehn,
Milosch Obrenbegowitsch, Ihr kennt ihn!
Dessen Schönheit Alles überstrahlet.
Wie bei uns, so auch bei den Lateinern. 635
Wollt Ihr meinem Rathe folgen, Brüder!
Laßt Maxim uns, meinem lieben Sohne,
Von Tschelenk' und Federn uns entkleiden,
Und damit den schönen Milosch schmücken,
Daß er für den Bräutigam dort gelte, 640
Bis wir die Latein'rin heimgeführet!“ —
Als dieß hörten die geschmückten Schaaren,
Keiner war, kein Mann und Bruder drunter,
Der es eigenmächtig wollt' entscheiden.
Keiner wagt es von den Hochzeitgästen; 645
Denn Maxim ist mördrischen Geschlechtes,
Ihn beleid'gen könnten sie, bejahend,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <pb facs="#f0160" n="94"/>
              <lg>
                <l>Angelobt, als um die Schnur ich freite, <note place="right">620</note></l><lb/>
                <l>Daß, so viel ich Hochzeitgäste brächte,</l><lb/>
                <l>Und Lateiner in Venedig wären,</l><lb/>
                <l>Schön'ren Helden es nicht geben solle,</l><lb/>
                <l>Als den Bräutigam des schlanken Mädchens!</l><lb/>
                <l>Und nun ist er häßlicher, als Alle! <note place="right">625</note></l><lb/>
                <l>Große Sorge hat mich drum befallen!</l><lb/>
                <l>Kommen wir nun zu den neuen Freunden:</l><lb/>
                <l>Schämen müssen wir uns vor dem Dogen,</l><lb/>
                <l>Und gar leicht kann Zank und Streit beginnen!</l><lb/>
                <l>Drum vernehmt, geschmückte Hochzeitgäste! <note place="right">630</note></l><lb/>
                <l>Unter uns befindet heut' sich Einer,</l><lb/>
                <l>Milosch, der Woiwod', ein Held von Ansehn,</l><lb/>
                <l>Milosch Obrenbegowitsch, Ihr kennt ihn!</l><lb/>
                <l>Dessen Schönheit Alles überstrahlet.</l><lb/>
                <l>Wie bei uns, so auch bei den Lateinern. <note place="right">635</note></l><lb/>
                <l>Wollt Ihr meinem Rathe folgen, Brüder!</l><lb/>
                <l>Laßt Maxim uns, meinem lieben Sohne,</l><lb/>
                <l>Von Tschelenk' und Federn uns entkleiden,</l><lb/>
                <l>Und damit den schönen Milosch schmücken,</l><lb/>
                <l>Daß er für den Bräutigam dort gelte, <note place="right">640</note></l><lb/>
                <l>Bis wir die Latein'rin heimgeführet!&#x201C; &#x2014;</l>
              </lg><lb/>
              <lg>
                <l>Als dieß hörten die geschmückten Schaaren,</l><lb/>
                <l>Keiner war, kein Mann und Bruder drunter,</l><lb/>
                <l>Der es eigenmächtig wollt' entscheiden.</l><lb/>
                <l>Keiner wagt es von den Hochzeitgästen; <note place="right">645</note></l><lb/>
                <l>Denn Maxim ist mördrischen Geschlechtes,</l><lb/>
                <l>Ihn beleid'gen könnten sie, bejahend,</l>
              </lg><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0160] Angelobt, als um die Schnur ich freite, Daß, so viel ich Hochzeitgäste brächte, Und Lateiner in Venedig wären, Schön'ren Helden es nicht geben solle, Als den Bräutigam des schlanken Mädchens! Und nun ist er häßlicher, als Alle! Große Sorge hat mich drum befallen! Kommen wir nun zu den neuen Freunden: Schämen müssen wir uns vor dem Dogen, Und gar leicht kann Zank und Streit beginnen! Drum vernehmt, geschmückte Hochzeitgäste! Unter uns befindet heut' sich Einer, Milosch, der Woiwod', ein Held von Ansehn, Milosch Obrenbegowitsch, Ihr kennt ihn! Dessen Schönheit Alles überstrahlet. Wie bei uns, so auch bei den Lateinern. Wollt Ihr meinem Rathe folgen, Brüder! Laßt Maxim uns, meinem lieben Sohne, Von Tschelenk' und Federn uns entkleiden, Und damit den schönen Milosch schmücken, Daß er für den Bräutigam dort gelte, Bis wir die Latein'rin heimgeführet!“ — Als dieß hörten die geschmückten Schaaren, Keiner war, kein Mann und Bruder drunter, Der es eigenmächtig wollt' entscheiden. Keiner wagt es von den Hochzeitgästen; Denn Maxim ist mördrischen Geschlechtes, Ihn beleid'gen könnten sie, bejahend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/160
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/160>, abgerufen am 28.03.2024.