[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.rigen und unsern Rath angenommen, und mehr als eine Probe der standhaften Treue bei der grö- sten Kaltsinnigkeit, und einer edlen Gelassenheit bei rasender Wuth, abgeleget. Wie elend wird es doch um einem Manne stehen, der solcher Mäs- sigungen und Beispiele entbehren soll? können sie solches geschehen lassen? Jch weiß es, sie sind be- reits zu derienigen Stärcke des Gemüthes gelan- get; die alle Arten der empfindlichsten Beleidigun- gen unerschrocken kann ausstehen; so lassen sie doch diesen Schluß fahren, und trennen nicht das Band, so sie mit einem Manne verbunden hat, der nur durch die Standhaftigkeit ihrer Tugenden kann erweichet und gebessert werden. Jst es zu glauben, daß ihre, dahin gehende Bemühung so gar ohne Nutzen seyn werde? erwarten sie die- ses nicht von der Hand dessen, der alles lenket, und zu einem gewünschten Zweck leitet? Geehrte Freundin, womit werden sie sich beruhigen, wenn ihnen was wiedriges fernerhin solte zustossen? werden sie sich nicht selbst mit beschuldigen, wenn ihr bisheriger Ehemann in noch weit schändlichere Dinge verfallen solte? Tugendhold. Ach, liebste Freundin, wollen sie uns verlassen, und sich nun überwinden lassen, da es am nöthigsten ist stark zu seyn? Sie haben ia die Vortheile vor sich, das iedermann sie auch darum hoch hält, weil sie unschuldig leiden, und keinen Theil haben an der Unordnung ihres Hauses. Wollen sie sich solcher begeben, und diesem durch ihre Entfernung zu allen Lastern Thür E 5
rigen und unſern Rath angenommen, und mehr als eine Probe der ſtandhaften Treue bei der groͤ- ſten Kaltſinnigkeit, und einer edlen Gelaſſenheit bei raſender Wuth, abgeleget. Wie elend wird es doch um einem Manne ſtehen, der ſolcher Maͤſ- ſigungen und Beiſpiele entbehren ſoll? koͤnnen ſie ſolches geſchehen laſſen? Jch weiß es, ſie ſind be- reits zu derienigen Staͤrcke des Gemuͤthes gelan- get; die alle Arten der empfindlichſten Beleidigun- gen unerſchrocken kann ausſtehen; ſo laſſen ſie doch dieſen Schluß fahren, und trennen nicht das Band, ſo ſie mit einem Manne verbunden hat, der nur durch die Standhaftigkeit ihrer Tugenden kann erweichet und gebeſſert werden. Jſt es zu glauben, daß ihre, dahin gehende Bemuͤhung ſo gar ohne Nutzen ſeyn werde? erwarten ſie die- ſes nicht von der Hand deſſen, der alles lenket, und zu einem gewuͤnſchten Zweck leitet? Geehrte Freundin, womit werden ſie ſich beruhigen, wenn ihnen was wiedriges fernerhin ſolte zuſtoſſen? werden ſie ſich nicht ſelbſt mit beſchuldigen, wenn ihr bisheriger Ehemann in noch weit ſchaͤndlichere Dinge verfallen ſolte? Tugendhold. Ach, liebſte Freundin, wollen ſie uns verlaſſen, und ſich nun uͤberwinden laſſen, da es am noͤthigſten iſt ſtark zu ſeyn? Sie haben ia die Vortheile vor ſich, das iedermann ſie auch darum hoch haͤlt, weil ſie unſchuldig leiden, und keinen Theil haben an der Unordnung ihres Hauſes. Wollen ſie ſich ſolcher begeben, und dieſem durch ihre Entfernung zu allen Laſtern Thuͤr E 5
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rigen und unſern Rath angenommen, und mehr
als eine Probe der ſtandhaften Treue bei der groͤ-
ſten Kaltſinnigkeit, und einer edlen Gelaſſenheit
bei raſender Wuth, abgeleget. Wie elend wird
es doch um einem Manne ſtehen, der ſolcher Maͤſ-
ſigungen und Beiſpiele entbehren ſoll? koͤnnen ſie
ſolches geſchehen laſſen? Jch weiß es, ſie ſind be-
reits zu derienigen Staͤrcke des Gemuͤthes gelan-
get; die alle Arten der empfindlichſten Beleidigun-
gen unerſchrocken kann ausſtehen; ſo laſſen ſie
doch dieſen Schluß fahren, und trennen nicht das
Band, ſo ſie mit einem Manne verbunden hat,
der nur durch die Standhaftigkeit ihrer Tugenden
kann erweichet und gebeſſert werden. Jſt es zu
glauben, daß ihre, dahin gehende Bemuͤhung
ſo gar ohne Nutzen ſeyn werde? erwarten ſie die-
ſes nicht von der Hand deſſen, der alles lenket,
und zu einem gewuͤnſchten Zweck leitet? Geehrte
Freundin, womit werden ſie ſich beruhigen, wenn
ihnen was wiedriges fernerhin ſolte zuſtoſſen?
werden ſie ſich nicht ſelbſt mit beſchuldigen, wenn
ihr bisheriger Ehemann in noch weit ſchaͤndlichere
Dinge verfallen ſolte?
Tugendhold. Ach, liebſte Freundin, wollen
ſie uns verlaſſen, und ſich nun uͤberwinden laſſen,
da es am noͤthigſten iſt ſtark zu ſeyn? Sie haben
ia die Vortheile vor ſich, das iedermann ſie auch
darum hoch haͤlt, weil ſie unſchuldig leiden, und
keinen Theil haben an der Unordnung ihres
Hauſes. Wollen ſie ſich ſolcher begeben, und
dieſem durch ihre Entfernung zu allen Laſtern
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