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Sonntags-Blatt. Nr. 4. Berlin, 26. Januar 1868.

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Album. [Beginn Spaltensatz]
Aus dem Jtalienischen:
La prima viola, romanza di Maffei.
Deutsch
von
Felix Friedeberg.
An das erste Veilchen.
Duftige Lenzes=Verkündung,
Die so zart aus der Erde sich hebet
Wie der ersten Liebe Empfindung
Jn einer Jungfrau Herz.
Deine Blüthe auf grasloser Heide
Betrübte mit Hoffnung belebet,
Sie lächelt wie Heilung und Freude
Nach bitterem Leid und Schmerz.
Wenn der Schnee im Südwind zerronnen,
Dann pflück' ich dich, Erstling der Wiesen,
Und schlürfe des Lebens Wonnen
[Spaltenumbruch] Aus dem Jnnern des Kelches dir.
Nur schade, daß Worte nicht können
Dein himmlisches Räthsel erschließen,
O sprächen in geistigen Tönen
Diese süßesten Düfte zu mir.
Dann wüßt' ich, warum, wenn vertrieben
Der Winter, die Sonne dich sendet,
Warum dich die Mädchen so lieben
Wenn fern der Geliebte seufzt;
Warum dein Erscheinen die Blicke
Des Wandrers zur Heimat wendet,
Warum du zum herben Geschicke
Vergebliche Sehnsucht häufst.
O, Veilchen, du Balsam der Kranken,
Kein Glücklicher kann dich verstehen,
Du weckst in mir liebe Gedanken
An Freuden, die lange verblüht.
An Freuden, die alle wie Schaaren
Treuloser Freunde verwehen,
Wenn von fröhlichen Jugend=Jahren
Der liebliche Wahn entflieht.
[Ende Spaltensatz]

Aus der Zeit.
[Beginn Spaltensatz]
Ein Jubiläum.
( Fortsetzung. )

Ratibor starb 1151, und die beiden Brüder Bogislaw I. und Kasimir I.,
für die er regiert hatte, übernahmen jetzt selbst die Herrschaft; fortwährend
bedroht, doch vorläufig nicht angegriffen, suchten sie den Frieden zu erhal-
ten, mußten jedoch an den eingetretenen polnischen Händeln theilnehmen.
Jn Dänemark herrschten seit 1150 Bürgerkriege, wodurch die Ranen *) ihr
altes Wesen ungestört treiben konnten und auch trieben. König Swend
schenkte ihrem Tempel zu Arkona sogar, um Ruhe zu haben, ein kostbares
Trinkgeschirr. Doch endlich ging Waldemar, der Sohn Erichs, aus diesen
Wirren 1157 als Alleinherrscher hervor, und sein Rathgeber, seine rechte
Hand ward sein Milchbruder, der Bischof Absalon, eigentlich Axel von
Roeskilde.

Absalon war der Sohn eines Bauers auf Seeland, und wie er der
Milchbruder des Prinzen Waldemar gewesen, ward er auch dessen Studien-
genosse auf der Universität zu Paris. Er bildete sich für den geistlichen
Stand und ward, obgleich er noch nicht das erforderliche Alter erreicht
hatte, 1158 Bischof.

Waldemar und dieser Mann waren es, welche hauptsächlich den letzten
Rest wendischer Macht zertrümmern sollten. Beide richteten ihre Auf-
merksamkeit dahin, die Geißel des Landes, die Raubzüge der Ranen und
Wolgaster, aufzuheben.

Ein Unternehmen auf Rügen im Jahre 1158 scheiterte.

Jm folgenden Jahre wurde in der Stille eine Flotte von 260 Schiffen
im Sund versammelt; die Flotte ging nach Moen; Bischof Absalon als
Späher voraus nach Rügen; er wollte ebenfalls bekehren, doch in anderer
Weise als der Bischof Otto. Als er die Flotte herbeigerufen, ward diese
durch Sturm zerstreut, und nur wenige Schiffe konnten sich zusammen bei
Hiddensee halten. Statt das feste Arkona anzugreifen, ging man nach dem
Winkel von Barth und machte einen Raub= und Verheerungszug in das
Land. Jnzwischen waren auch die Ranen erschienen; die Dänen konnten
sich kaum auf ihre Schiffe retten und eilten in voller Flucht, ohne ernstlich
verfolgt zu werden, nach Norden.

Doch schon im Herbst desselben Jahres erschienen die Dänen wiederum
auf Rügen; es kam zum Treffen, in dem die Ranen geschlagen wurden.
Eine zweite verlorene Schlacht im Jahre 1160 ließ sie um Frieden bitten.
Als Dambar, ihr Gesandter, in Dänemark eingetroffen, die Schwäche der
Dänen erkannte, änderte er seine Sprache und drohte. Wirklich erreichte
er, daß ein neuer beabsichtigter Zug der Dänen nach Rügen unterblieb.

Dagegen verband sich jetzt Waldemar mit Heinrich dem Löwen zur
Vernichtung der Wenden; der erste Schlag sollte Niklot treffen. Der
kühne Wende kam den Gegnern wieder zuvor mit seinem Angriff, doch es
nutzte ihm nichts; er ward geschlagen, verbrannte seine Burgen Jlow,
Mecklenburg, Schwerin und Dobin, wagte einen neuen Kampf, fiel aber,
und sein Kopf ward im sächsischen Lager umhergetragen.

Die Geschichte nennt Niklot als den Fürsten, der die Wenden hätte
halten können, wenn sie ihm gefolgt wären. Ein bedeutender Mann seiner
Zeit war er jedenfalls; er hatte den Schmerz, einen seiner Söhne, mit
Waldemars Schwester vermählt, als dänischen Vasallen unter seinen
Gegnern zu sehen. Dieser Sohn hieß Pribislaw; die zum Vater stehenden
Brüder desselben wurden verjagt, später gnädig mit kleinem Besitz bedacht;
das Land Niklots deutschen Ansiedlern übergeben.

Dieser neue Schlag öffnete allen Wenden nochmals über ihre Zukunft
die Augen; die Heroge von Pommern und die Ranen verbanden sich
[Spaltenumbruch] gegen Waldemar, doch Waldemar kam ihnen zuvor und verwüstete zwei
Tage die südliche Küste von Rügen; dasselbe geschah in Nordwesten, und
im Frühling 1162 waren die Ranen bereits so geschwächt und nieder-
gedrückt, daß der Bischof Absalon sie zur Heeresfolge gegen Wolgast zwin-
gen konnte.

Die Ranen waren somit durch Friedensbedingungen von Waldemar
abhängig geworden; doch Heinrich der Löwe ward auf die Erfolge
des Letzteren eifersüchtig, ließ den Ranen seinen Schutz anbieten, den die-
selben auch annahmen, wodurch Waldemar gezwungen ward, seine Unter-
nehmung aufzugeben, was denn auch Pommern schützte.

Jm Jahre 1163 veranlaßten die Söhne Niklots eine Empörung.
Herzog Heinrich, vom Grafen Gunzelin von Schwerin herbeigerufen,
erschien; der Aufstand ward unterdrückt, die Brüder gefangen und nach
Braunschweig geführt.

Jm Jahre 1164 rief der von den Brüdern entflohene Pribislaw aber-
mals einen Aufstand hervor, und jetzt verbanden sich Heinrich, Albrecht
von Brandenburg und Waldemar, allem Wendenwesen ein Ende zu machen.
Gezwungen mußten die Ranen dem Letzteren Heeresfolge leisten.

Heinrich begann den Vertilgungskrieg der obotritischen Wenden mit der
Aufknüpfung eines Sohnes Niklots, Wartislaw, und der Zerstörung Mal-
chows; "das Land diesseits der Oder ward ausgemordet", sagt ein Chronist.

Die pommerschen Herzoge und der mit ihnen vereinigte Pribislaw
sammelten indessen ein slawisches Heer bei Demmin, überfielen die Vorhut
Heinrichs und warfen sie zurück; doch vom Hauptheer der Sachsen an-
gegriffen und geschlagen, ließen die Slawen 2500 Mann auf dem Platze.
Heinrich benutzte gar nicht mehr den Vorwand, gegen heidnische Wenden
zu kämpfen, sondern focht kurzweg gegen Alles, was wendischer Abstammung
war. Graf Adolph von Schauenburg, der die Vorhut Heinrichs befehligte,
fiel in diesem Kampf. Die Stadt Demmin ward geplündert und ver-
brannt, schließlich sogar der Erde gleich gemacht. Die Pommern flohen
hinter die Oder, ihnen nach die Bewohner von Wolgast und Usedom,
welche ihre Stadt verbrannten. Heinrich folgte, legte in Wolgast Truppen,
verbrannte Gutzkow und traf mit Waldemar bei Stolpe an der Peene
zusammen, wonach Beide gemeinschaftlich das Land verwüsteten und zur
Einöde machten; nicht Kirchen und Klöster wurden verschont, Heinrich
zeigte sich ganz als der zürnende Löwe, und sein Gefolge glich den denselben
begleitenden Hyänen und Schakals.

Allein nur bis Wollin konnten die Zerstörer ihr Werk vollbringen,
denn jenseits der Oder thaten es die verzweifelten Pommern selbst, wie
häufig Völker, denen nichts weiter übrig bleibt, als zu sterben. Man
erblickte weit und breit keinen pommerschen Wenden mehr, auch nicht ein-
mal, um Unterwürfigkeits= und Friedensvorschläge zu machen.

Jnzwischen erwachte auch die alte Ehr= und Eifersucht der beiden hohen
Verbündeten wieder. Man beschloß, sich zu trennen, und Heinrich zog ab.
Waldemar blieb noch; das heutige Mecklenburg und Neu=Vorpommern war
eine menschenleere Wüste geworden.

Die Pommern erschienen jetzt wieder, boten Geißeln und baten um
Frieden. Der Däne gewährte denselben mit Zustimmung Heinrichs; das
Gebiet von Wolgast ward getheilt unter den Fürsten von Rügen, den
untreuen Sohn Niklots und Kasimar. Den Sachsen sollte der Besitz
aller anderen eroberten, oder besser, zerstörten Ländereien bleiben. Die
Dänen erhielten nichts, als fahrbare Beute, und zogen davon. Kaum war
dies jedoch geschehen, als die Wolgaster, Kasimars Burgmann an der
Spitze, die ranische Besatzung zwang, die Burg zu verlassen. Der Krieg
hatte die letzten beiden Völker der Wenden noch schließlich mit wildem
Haß gegen einander erfüllt. Die kühnen Wolgaster ehrten übrigens sofort
die Dänen durch einen Gegenbesuch im eigenen Lande, der um so böser
ausfiel, als Niemand denselben unter den bestehenden Verhältnissen erwarten
konnte.

[Ende Spaltensatz]
*) Durch ein Versehen des Correctors ist in unserer letzten Nummer
statt " Ranen " überall "Manen" gesetzt. Wir bitten, den leicht verzeih-
lichen Druckfehler zu verbessern und zu entschuldigen.

Album. [Beginn Spaltensatz]
Aus dem Jtalienischen:
La prima viola, romanza di Maffei.
Deutsch
von
Felix Friedeberg.
An das erste Veilchen.
Duftige Lenzes=Verkündung,
Die so zart aus der Erde sich hebet
Wie der ersten Liebe Empfindung
Jn einer Jungfrau Herz.
Deine Blüthe auf grasloser Heide
Betrübte mit Hoffnung belebet,
Sie lächelt wie Heilung und Freude
Nach bitterem Leid und Schmerz.
Wenn der Schnee im Südwind zerronnen,
Dann pflück' ich dich, Erstling der Wiesen,
Und schlürfe des Lebens Wonnen
[Spaltenumbruch] Aus dem Jnnern des Kelches dir.
Nur schade, daß Worte nicht können
Dein himmlisches Räthsel erschließen,
O sprächen in geistigen Tönen
Diese süßesten Düfte zu mir.
Dann wüßt' ich, warum, wenn vertrieben
Der Winter, die Sonne dich sendet,
Warum dich die Mädchen so lieben
Wenn fern der Geliebte seufzt;
Warum dein Erscheinen die Blicke
Des Wandrers zur Heimat wendet,
Warum du zum herben Geschicke
Vergebliche Sehnsucht häufst.
O, Veilchen, du Balsam der Kranken,
Kein Glücklicher kann dich verstehen,
Du weckst in mir liebe Gedanken
An Freuden, die lange verblüht.
An Freuden, die alle wie Schaaren
Treuloser Freunde verwehen,
Wenn von fröhlichen Jugend=Jahren
Der liebliche Wahn entflieht.
[Ende Spaltensatz]

Aus der Zeit.
[Beginn Spaltensatz]
Ein Jubiläum.
( Fortsetzung. )

Ratibor starb 1151, und die beiden Brüder Bogislaw I. und Kasimir I.,
für die er regiert hatte, übernahmen jetzt selbst die Herrschaft; fortwährend
bedroht, doch vorläufig nicht angegriffen, suchten sie den Frieden zu erhal-
ten, mußten jedoch an den eingetretenen polnischen Händeln theilnehmen.
Jn Dänemark herrschten seit 1150 Bürgerkriege, wodurch die Ranen *) ihr
altes Wesen ungestört treiben konnten und auch trieben. König Swend
schenkte ihrem Tempel zu Arkona sogar, um Ruhe zu haben, ein kostbares
Trinkgeschirr. Doch endlich ging Waldemar, der Sohn Erichs, aus diesen
Wirren 1157 als Alleinherrscher hervor, und sein Rathgeber, seine rechte
Hand ward sein Milchbruder, der Bischof Absalon, eigentlich Axel von
Roeskilde.

Absalon war der Sohn eines Bauers auf Seeland, und wie er der
Milchbruder des Prinzen Waldemar gewesen, ward er auch dessen Studien-
genosse auf der Universität zu Paris. Er bildete sich für den geistlichen
Stand und ward, obgleich er noch nicht das erforderliche Alter erreicht
hatte, 1158 Bischof.

Waldemar und dieser Mann waren es, welche hauptsächlich den letzten
Rest wendischer Macht zertrümmern sollten. Beide richteten ihre Auf-
merksamkeit dahin, die Geißel des Landes, die Raubzüge der Ranen und
Wolgaster, aufzuheben.

Ein Unternehmen auf Rügen im Jahre 1158 scheiterte.

Jm folgenden Jahre wurde in der Stille eine Flotte von 260 Schiffen
im Sund versammelt; die Flotte ging nach Moen; Bischof Absalon als
Späher voraus nach Rügen; er wollte ebenfalls bekehren, doch in anderer
Weise als der Bischof Otto. Als er die Flotte herbeigerufen, ward diese
durch Sturm zerstreut, und nur wenige Schiffe konnten sich zusammen bei
Hiddensee halten. Statt das feste Arkona anzugreifen, ging man nach dem
Winkel von Barth und machte einen Raub= und Verheerungszug in das
Land. Jnzwischen waren auch die Ranen erschienen; die Dänen konnten
sich kaum auf ihre Schiffe retten und eilten in voller Flucht, ohne ernstlich
verfolgt zu werden, nach Norden.

Doch schon im Herbst desselben Jahres erschienen die Dänen wiederum
auf Rügen; es kam zum Treffen, in dem die Ranen geschlagen wurden.
Eine zweite verlorene Schlacht im Jahre 1160 ließ sie um Frieden bitten.
Als Dambar, ihr Gesandter, in Dänemark eingetroffen, die Schwäche der
Dänen erkannte, änderte er seine Sprache und drohte. Wirklich erreichte
er, daß ein neuer beabsichtigter Zug der Dänen nach Rügen unterblieb.

Dagegen verband sich jetzt Waldemar mit Heinrich dem Löwen zur
Vernichtung der Wenden; der erste Schlag sollte Niklot treffen. Der
kühne Wende kam den Gegnern wieder zuvor mit seinem Angriff, doch es
nutzte ihm nichts; er ward geschlagen, verbrannte seine Burgen Jlow,
Mecklenburg, Schwerin und Dobin, wagte einen neuen Kampf, fiel aber,
und sein Kopf ward im sächsischen Lager umhergetragen.

Die Geschichte nennt Niklot als den Fürsten, der die Wenden hätte
halten können, wenn sie ihm gefolgt wären. Ein bedeutender Mann seiner
Zeit war er jedenfalls; er hatte den Schmerz, einen seiner Söhne, mit
Waldemars Schwester vermählt, als dänischen Vasallen unter seinen
Gegnern zu sehen. Dieser Sohn hieß Pribislaw; die zum Vater stehenden
Brüder desselben wurden verjagt, später gnädig mit kleinem Besitz bedacht;
das Land Niklots deutschen Ansiedlern übergeben.

Dieser neue Schlag öffnete allen Wenden nochmals über ihre Zukunft
die Augen; die Heroge von Pommern und die Ranen verbanden sich
[Spaltenumbruch] gegen Waldemar, doch Waldemar kam ihnen zuvor und verwüstete zwei
Tage die südliche Küste von Rügen; dasselbe geschah in Nordwesten, und
im Frühling 1162 waren die Ranen bereits so geschwächt und nieder-
gedrückt, daß der Bischof Absalon sie zur Heeresfolge gegen Wolgast zwin-
gen konnte.

Die Ranen waren somit durch Friedensbedingungen von Waldemar
abhängig geworden; doch Heinrich der Löwe ward auf die Erfolge
des Letzteren eifersüchtig, ließ den Ranen seinen Schutz anbieten, den die-
selben auch annahmen, wodurch Waldemar gezwungen ward, seine Unter-
nehmung aufzugeben, was denn auch Pommern schützte.

Jm Jahre 1163 veranlaßten die Söhne Niklots eine Empörung.
Herzog Heinrich, vom Grafen Gunzelin von Schwerin herbeigerufen,
erschien; der Aufstand ward unterdrückt, die Brüder gefangen und nach
Braunschweig geführt.

Jm Jahre 1164 rief der von den Brüdern entflohene Pribislaw aber-
mals einen Aufstand hervor, und jetzt verbanden sich Heinrich, Albrecht
von Brandenburg und Waldemar, allem Wendenwesen ein Ende zu machen.
Gezwungen mußten die Ranen dem Letzteren Heeresfolge leisten.

Heinrich begann den Vertilgungskrieg der obotritischen Wenden mit der
Aufknüpfung eines Sohnes Niklots, Wartislaw, und der Zerstörung Mal-
chows; „das Land diesseits der Oder ward ausgemordet“, sagt ein Chronist.

Die pommerschen Herzoge und der mit ihnen vereinigte Pribislaw
sammelten indessen ein slawisches Heer bei Demmin, überfielen die Vorhut
Heinrichs und warfen sie zurück; doch vom Hauptheer der Sachsen an-
gegriffen und geschlagen, ließen die Slawen 2500 Mann auf dem Platze.
Heinrich benutzte gar nicht mehr den Vorwand, gegen heidnische Wenden
zu kämpfen, sondern focht kurzweg gegen Alles, was wendischer Abstammung
war. Graf Adolph von Schauenburg, der die Vorhut Heinrichs befehligte,
fiel in diesem Kampf. Die Stadt Demmin ward geplündert und ver-
brannt, schließlich sogar der Erde gleich gemacht. Die Pommern flohen
hinter die Oder, ihnen nach die Bewohner von Wolgast und Usedom,
welche ihre Stadt verbrannten. Heinrich folgte, legte in Wolgast Truppen,
verbrannte Gutzkow und traf mit Waldemar bei Stolpe an der Peene
zusammen, wonach Beide gemeinschaftlich das Land verwüsteten und zur
Einöde machten; nicht Kirchen und Klöster wurden verschont, Heinrich
zeigte sich ganz als der zürnende Löwe, und sein Gefolge glich den denselben
begleitenden Hyänen und Schakals.

Allein nur bis Wollin konnten die Zerstörer ihr Werk vollbringen,
denn jenseits der Oder thaten es die verzweifelten Pommern selbst, wie
häufig Völker, denen nichts weiter übrig bleibt, als zu sterben. Man
erblickte weit und breit keinen pommerschen Wenden mehr, auch nicht ein-
mal, um Unterwürfigkeits= und Friedensvorschläge zu machen.

Jnzwischen erwachte auch die alte Ehr= und Eifersucht der beiden hohen
Verbündeten wieder. Man beschloß, sich zu trennen, und Heinrich zog ab.
Waldemar blieb noch; das heutige Mecklenburg und Neu=Vorpommern war
eine menschenleere Wüste geworden.

Die Pommern erschienen jetzt wieder, boten Geißeln und baten um
Frieden. Der Däne gewährte denselben mit Zustimmung Heinrichs; das
Gebiet von Wolgast ward getheilt unter den Fürsten von Rügen, den
untreuen Sohn Niklots und Kasimar. Den Sachsen sollte der Besitz
aller anderen eroberten, oder besser, zerstörten Ländereien bleiben. Die
Dänen erhielten nichts, als fahrbare Beute, und zogen davon. Kaum war
dies jedoch geschehen, als die Wolgaster, Kasimars Burgmann an der
Spitze, die ranische Besatzung zwang, die Burg zu verlassen. Der Krieg
hatte die letzten beiden Völker der Wenden noch schließlich mit wildem
Haß gegen einander erfüllt. Die kühnen Wolgaster ehrten übrigens sofort
die Dänen durch einen Gegenbesuch im eigenen Lande, der um so böser
ausfiel, als Niemand denselben unter den bestehenden Verhältnissen erwarten
konnte.

[Ende Spaltensatz]
*) Durch ein Versehen des Correctors ist in unserer letzten Nummer
statt „ Ranen “ überall „Manen“ gesetzt. Wir bitten, den leicht verzeih-
lichen Druckfehler zu verbessern und zu entschuldigen.
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[28/0004] 28 Album. Aus dem Jtalienischen: La prima viola, romanza di Maffei. Deutsch von Felix Friedeberg. An das erste Veilchen. Duftige Lenzes=Verkündung, Die so zart aus der Erde sich hebet Wie der ersten Liebe Empfindung Jn einer Jungfrau Herz. Deine Blüthe auf grasloser Heide Betrübte mit Hoffnung belebet, Sie lächelt wie Heilung und Freude Nach bitterem Leid und Schmerz. Wenn der Schnee im Südwind zerronnen, Dann pflück' ich dich, Erstling der Wiesen, Und schlürfe des Lebens Wonnen Aus dem Jnnern des Kelches dir. Nur schade, daß Worte nicht können Dein himmlisches Räthsel erschließen, O sprächen in geistigen Tönen Diese süßesten Düfte zu mir. Dann wüßt' ich, warum, wenn vertrieben Der Winter, die Sonne dich sendet, Warum dich die Mädchen so lieben Wenn fern der Geliebte seufzt; Warum dein Erscheinen die Blicke Des Wandrers zur Heimat wendet, Warum du zum herben Geschicke Vergebliche Sehnsucht häufst. O, Veilchen, du Balsam der Kranken, Kein Glücklicher kann dich verstehen, Du weckst in mir liebe Gedanken An Freuden, die lange verblüht. An Freuden, die alle wie Schaaren Treuloser Freunde verwehen, Wenn von fröhlichen Jugend=Jahren Der liebliche Wahn entflieht. Aus der Zeit. Ein Jubiläum. ( Fortsetzung. ) Ratibor starb 1151, und die beiden Brüder Bogislaw I. und Kasimir I., für die er regiert hatte, übernahmen jetzt selbst die Herrschaft; fortwährend bedroht, doch vorläufig nicht angegriffen, suchten sie den Frieden zu erhal- ten, mußten jedoch an den eingetretenen polnischen Händeln theilnehmen. Jn Dänemark herrschten seit 1150 Bürgerkriege, wodurch die Ranen *) ihr altes Wesen ungestört treiben konnten und auch trieben. König Swend schenkte ihrem Tempel zu Arkona sogar, um Ruhe zu haben, ein kostbares Trinkgeschirr. Doch endlich ging Waldemar, der Sohn Erichs, aus diesen Wirren 1157 als Alleinherrscher hervor, und sein Rathgeber, seine rechte Hand ward sein Milchbruder, der Bischof Absalon, eigentlich Axel von Roeskilde. Absalon war der Sohn eines Bauers auf Seeland, und wie er der Milchbruder des Prinzen Waldemar gewesen, ward er auch dessen Studien- genosse auf der Universität zu Paris. Er bildete sich für den geistlichen Stand und ward, obgleich er noch nicht das erforderliche Alter erreicht hatte, 1158 Bischof. Waldemar und dieser Mann waren es, welche hauptsächlich den letzten Rest wendischer Macht zertrümmern sollten. Beide richteten ihre Auf- merksamkeit dahin, die Geißel des Landes, die Raubzüge der Ranen und Wolgaster, aufzuheben. Ein Unternehmen auf Rügen im Jahre 1158 scheiterte. Jm folgenden Jahre wurde in der Stille eine Flotte von 260 Schiffen im Sund versammelt; die Flotte ging nach Moen; Bischof Absalon als Späher voraus nach Rügen; er wollte ebenfalls bekehren, doch in anderer Weise als der Bischof Otto. Als er die Flotte herbeigerufen, ward diese durch Sturm zerstreut, und nur wenige Schiffe konnten sich zusammen bei Hiddensee halten. Statt das feste Arkona anzugreifen, ging man nach dem Winkel von Barth und machte einen Raub= und Verheerungszug in das Land. Jnzwischen waren auch die Ranen erschienen; die Dänen konnten sich kaum auf ihre Schiffe retten und eilten in voller Flucht, ohne ernstlich verfolgt zu werden, nach Norden. Doch schon im Herbst desselben Jahres erschienen die Dänen wiederum auf Rügen; es kam zum Treffen, in dem die Ranen geschlagen wurden. Eine zweite verlorene Schlacht im Jahre 1160 ließ sie um Frieden bitten. Als Dambar, ihr Gesandter, in Dänemark eingetroffen, die Schwäche der Dänen erkannte, änderte er seine Sprache und drohte. Wirklich erreichte er, daß ein neuer beabsichtigter Zug der Dänen nach Rügen unterblieb. Dagegen verband sich jetzt Waldemar mit Heinrich dem Löwen zur Vernichtung der Wenden; der erste Schlag sollte Niklot treffen. Der kühne Wende kam den Gegnern wieder zuvor mit seinem Angriff, doch es nutzte ihm nichts; er ward geschlagen, verbrannte seine Burgen Jlow, Mecklenburg, Schwerin und Dobin, wagte einen neuen Kampf, fiel aber, und sein Kopf ward im sächsischen Lager umhergetragen. Die Geschichte nennt Niklot als den Fürsten, der die Wenden hätte halten können, wenn sie ihm gefolgt wären. Ein bedeutender Mann seiner Zeit war er jedenfalls; er hatte den Schmerz, einen seiner Söhne, mit Waldemars Schwester vermählt, als dänischen Vasallen unter seinen Gegnern zu sehen. Dieser Sohn hieß Pribislaw; die zum Vater stehenden Brüder desselben wurden verjagt, später gnädig mit kleinem Besitz bedacht; das Land Niklots deutschen Ansiedlern übergeben. Dieser neue Schlag öffnete allen Wenden nochmals über ihre Zukunft die Augen; die Heroge von Pommern und die Ranen verbanden sich gegen Waldemar, doch Waldemar kam ihnen zuvor und verwüstete zwei Tage die südliche Küste von Rügen; dasselbe geschah in Nordwesten, und im Frühling 1162 waren die Ranen bereits so geschwächt und nieder- gedrückt, daß der Bischof Absalon sie zur Heeresfolge gegen Wolgast zwin- gen konnte. Die Ranen waren somit durch Friedensbedingungen von Waldemar abhängig geworden; doch Heinrich der Löwe ward auf die Erfolge des Letzteren eifersüchtig, ließ den Ranen seinen Schutz anbieten, den die- selben auch annahmen, wodurch Waldemar gezwungen ward, seine Unter- nehmung aufzugeben, was denn auch Pommern schützte. Jm Jahre 1163 veranlaßten die Söhne Niklots eine Empörung. Herzog Heinrich, vom Grafen Gunzelin von Schwerin herbeigerufen, erschien; der Aufstand ward unterdrückt, die Brüder gefangen und nach Braunschweig geführt. Jm Jahre 1164 rief der von den Brüdern entflohene Pribislaw aber- mals einen Aufstand hervor, und jetzt verbanden sich Heinrich, Albrecht von Brandenburg und Waldemar, allem Wendenwesen ein Ende zu machen. Gezwungen mußten die Ranen dem Letzteren Heeresfolge leisten. Heinrich begann den Vertilgungskrieg der obotritischen Wenden mit der Aufknüpfung eines Sohnes Niklots, Wartislaw, und der Zerstörung Mal- chows; „das Land diesseits der Oder ward ausgemordet“, sagt ein Chronist. Die pommerschen Herzoge und der mit ihnen vereinigte Pribislaw sammelten indessen ein slawisches Heer bei Demmin, überfielen die Vorhut Heinrichs und warfen sie zurück; doch vom Hauptheer der Sachsen an- gegriffen und geschlagen, ließen die Slawen 2500 Mann auf dem Platze. Heinrich benutzte gar nicht mehr den Vorwand, gegen heidnische Wenden zu kämpfen, sondern focht kurzweg gegen Alles, was wendischer Abstammung war. Graf Adolph von Schauenburg, der die Vorhut Heinrichs befehligte, fiel in diesem Kampf. Die Stadt Demmin ward geplündert und ver- brannt, schließlich sogar der Erde gleich gemacht. Die Pommern flohen hinter die Oder, ihnen nach die Bewohner von Wolgast und Usedom, welche ihre Stadt verbrannten. Heinrich folgte, legte in Wolgast Truppen, verbrannte Gutzkow und traf mit Waldemar bei Stolpe an der Peene zusammen, wonach Beide gemeinschaftlich das Land verwüsteten und zur Einöde machten; nicht Kirchen und Klöster wurden verschont, Heinrich zeigte sich ganz als der zürnende Löwe, und sein Gefolge glich den denselben begleitenden Hyänen und Schakals. Allein nur bis Wollin konnten die Zerstörer ihr Werk vollbringen, denn jenseits der Oder thaten es die verzweifelten Pommern selbst, wie häufig Völker, denen nichts weiter übrig bleibt, als zu sterben. Man erblickte weit und breit keinen pommerschen Wenden mehr, auch nicht ein- mal, um Unterwürfigkeits= und Friedensvorschläge zu machen. Jnzwischen erwachte auch die alte Ehr= und Eifersucht der beiden hohen Verbündeten wieder. Man beschloß, sich zu trennen, und Heinrich zog ab. Waldemar blieb noch; das heutige Mecklenburg und Neu=Vorpommern war eine menschenleere Wüste geworden. Die Pommern erschienen jetzt wieder, boten Geißeln und baten um Frieden. Der Däne gewährte denselben mit Zustimmung Heinrichs; das Gebiet von Wolgast ward getheilt unter den Fürsten von Rügen, den untreuen Sohn Niklots und Kasimar. Den Sachsen sollte der Besitz aller anderen eroberten, oder besser, zerstörten Ländereien bleiben. Die Dänen erhielten nichts, als fahrbare Beute, und zogen davon. Kaum war dies jedoch geschehen, als die Wolgaster, Kasimars Burgmann an der Spitze, die ranische Besatzung zwang, die Burg zu verlassen. Der Krieg hatte die letzten beiden Völker der Wenden noch schließlich mit wildem Haß gegen einander erfüllt. Die kühnen Wolgaster ehrten übrigens sofort die Dänen durch einen Gegenbesuch im eigenen Lande, der um so böser ausfiel, als Niemand denselben unter den bestehenden Verhältnissen erwarten konnte. *) Durch ein Versehen des Correctors ist in unserer letzten Nummer statt „ Ranen “ überall „Manen“ gesetzt. Wir bitten, den leicht verzeih- lichen Druckfehler zu verbessern und zu entschuldigen.

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Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 4. Berlin, 26. Januar 1868, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt04_1868/4>, abgerufen am 18.06.2024.