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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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so Unedles anzutreffen/ welches der meiste Theil der Menschen nicht für eine Ehre/ Hoheit und zeitliche Glückseeligkeit hält; weßwegen dann ihre gröste Sorge dahin stehet/ wie sie sich zum Scheine unter die Tugend mengen/ und mit verlarvtem Gesichte in ihre Fußstapffen tretten mögen: Jhre Anreitzungen sind nichts anders als gefälschter Lorbeer/ ihre Liebe Rache/ ihre Wollüste Schandmahle/ ihre Verführung Reue/ und ihre Cicero pro Amerino, c. 24 Liebkosung eine immerwährende Pein. Man soll aber hierbey nicht eben meinen/ daß die jenigen/ welche etwas Gottloses und Lasterhafftes begegangen/ von denen zornigen Furien eigentlich verfolget/ und sichtlich gepeiniget werden/ sondern ihr eigener Betrug/ ihr eigener Schrecken / ihr eigenes Bubenstücke/ ihr eigenes Ubel/ und ihre eigene bösen Gedancken die sind es/ was sie naget/ plaget/ und erschrecket. Diese Furien sind allezeit der Gottlosen tägliche Gäste/ welche Tag und Nacht der Eltern Straffe wegen ihrer übelgezogenen Kinder/ der Kinder wegen ihrer übelgehaltenen Eltern / der Hurer wegen ihrer Hurerey/ der Diebe wegen des begangenen Diebstahls / der Zornigen wegen ihrer Rache/ der Tyrannen wegen ihrer Ungerechtigkeit/ der Geitzigen wegen ihrer Unersättigkeit/ der Epicurer wegen ihres Fressens und Sauffens/ der Spieler wegen ihres Betruges/ der Regenten wegen ihrer gedrückten Unterthanen/ der Fuchsschwäntzer wegen ihrer Heucheley/ der Faulen wegen ihres Müssigganges/ des Pövels wegen seines Aufftandes/ der Schönheit wegen ihres Mißbrauches/ und der Ungerechtigkeit wegen ihres Unrechts abfordern. Sie sind grausame Göttinnen und Rächerinnen der begangenen Ubelthaten: Sie verfolgen die Menschen nicht mit feurigen Kertzen/ sondern mit Gewissens-Angst/ und peinigen dieselben wegen des Betruges/ und Bösen/ so sie ausgeübet. Wer derohalben sich ihrer nicht will theilhafftig machen/ der befleissige sich der Unschuld/ eines guten Gewissens/ und Aufrichtigkeit / meide Mord und Todschlag/ und fliehe für denen Lastern/ wodurch man sich die Furien/ das ist/ ein böses Gewissen auf den Hals zu laden pfleget.

Cerber[unleserliches Material]. Niemahls wird man finden/ daß die Gerechtigkeit und der Geitz zusammen stallen/ und wie dieser sich einem Weibe vergleichet/ welche mit Freuden empfähet/ und mit Schmertzen gebiehret: Also wird auch der/ welcher sein Hertze an das Reichthum hänget/ und beyzeiten darwider nicht Rath suchet/ dadurch zur Hölle gezogen. Nicht vergebens nennen die Poeten den Cerberum oder Höllen-Hund einen Hüter und Verwahrer der Hölle.

Virgilius lib. 8. AEneid. Tes Stygii tremuere lacus: te janitor orci.

Dennso bald/ wie sie sagen/ eine und die andere Seele dahin gefahren / so würde sie mit grossen Freuden zwar von diesem grausamen und erschrecklichen Thiere aufgenommen und empfangen/ wann sie aber wollte zurück kehren/ so erschrecke er dieselbe auf das hefftigste; wodurch man nichts anders zu verstehen gegeben/ als die menschliche Natur: Denn nach dem sie/ nach Pythagorischer Meinung und Irrthum/ anfänglich die Seelen alle zusammen erschaffen/ ehe und bevor sie in die menschliche Leiber gekommen/ und nachmals dieselben in solche Cörper/ als in einen Kercker gestossen/ so würden sie zwar darinnen freundlich angenommen/ wofern sie sich aber wieder in die Höhe schwingen/ und nach denen Elysischen Feldern begeben wollten/ mit Gewalt darvon abgehalten. Die Natur ist aller Dinge Mutter/ und die Vernunfft aller Sa-

so Unedles anzutreffen/ welches der meiste Theil der Menschen nicht für eine Ehre/ Hoheit und zeitliche Glückseeligkeit hält; weßwegen dann ihre gröste Sorge dahin stehet/ wie sie sich zum Scheine unter die Tugend mengen/ und mit verlarvtem Gesichte in ihre Fußstapffen tretten mögen: Jhre Anreitzungen sind nichts anders als gefälschter Lorbeer/ ihre Liebe Rache/ ihre Wollüste Schandmahle/ ihre Verführung Reue/ und ihre Cicero pro Amerino, c. 24 Liebkosung eine immerwährende Pein. Man soll aber hierbey nicht eben meinen/ daß die jenigen/ welche etwas Gottloses und Lasterhafftes begegangen/ von denen zornigen Furien eigentlich verfolget/ und sichtlich gepeiniget werden/ sondern ihr eigener Betrug/ ihr eigener Schrecken / ihr eigenes Bubenstücke/ ihr eigenes Ubel/ und ihre eigene bösen Gedancken die sind es/ was sie naget/ plaget/ und erschrecket. Diese Furien sind allezeit der Gottlosen tägliche Gäste/ welche Tag und Nacht der Eltern Straffe wegen ihrer übelgezogenen Kinder/ der Kinder wegen ihrer übelgehaltenen Eltern / der Hurer wegen ihrer Hurerey/ der Diebe wegen des begangenen Diebstahls / der Zornigen wegen ihrer Rache/ der Tyrannen wegen ihrer Ungerechtigkeit/ der Geitzigen wegen ihrer Unersättigkeit/ der Epicurer wegen ihres Fressens und Sauffens/ der Spieler wegen ihres Betruges/ der Regenten wegen ihrer gedrückten Unterthanen/ der Fuchsschwäntzer wegen ihrer Heucheley/ der Faulen wegen ihres Müssigganges/ des Pövels wegen seines Aufftandes/ der Schönheit wegen ihres Mißbrauches/ und der Ungerechtigkeit wegen ihres Unrechts abfordern. Sie sind grausame Göttinnen und Rächerinnen der begangenen Ubelthaten: Sie verfolgen die Menschen nicht mit feurigen Kertzen/ sondern mit Gewissens-Angst/ und peinigen dieselben wegen des Betruges/ und Bösen/ so sie ausgeübet. Wer derohalben sich ihrer nicht will theilhafftig machen/ der befleissige sich der Unschuld/ eines guten Gewissens/ und Aufrichtigkeit / meide Mord und Todschlag/ und fliehe für denen Lastern/ wodurch man sich die Furien/ das ist/ ein böses Gewissen auf den Hals zu laden pfleget.

Cerber[unleserliches Material]. Niemahls wird man finden/ daß die Gerechtigkeit und der Geitz zusammen stallen/ und wie dieser sich einem Weibe vergleichet/ welche mit Freuden empfähet/ und mit Schmertzen gebiehret: Also wird auch der/ welcher sein Hertze an das Reichthum hänget/ und beyzeiten darwider nicht Rath suchet/ dadurch zur Hölle gezogen. Nicht vergebens nennen die Poeten den Cerberum oder Höllen-Hund einen Hüter und Verwahrer der Hölle.

Virgilius lib. 8. AEneid. Tes Stygii tremuêre lacus: te janitor orci.

Deñso bald/ wie sie sagen/ eine und die andere Seele dahin gefahren / so würde sie mit grossen Freuden zwar von diesem grausamen und erschrecklichẽ Thiere aufgenom̃en und empfangen/ wann sie aber wollte zurück kehren/ so erschrecke er dieselbe auf das hefftigste; wodurch man nichts anders zu verstehen gegeben/ als die menschliche Natur: Denn nach dem sie/ nach Pythagorischer Meinung und Irrthum/ anfänglich die Seelen alle zusammen erschaffen/ ehe und bevor sie in die menschliche Leiber gekommen/ und nachmals dieselben in solche Cörper/ als in einen Kercker gestossen/ so würden sie zwar darinnen freundlich angenommen/ wofern sie sich aber wieder in die Höhe schwingen/ und nach denen Elysischen Feldern begeben wollten/ mit Gewalt darvon abgehalten. Die Natur ist aller Dinge Mutter/ und die Vernunfft aller Sa-

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[554/0580] so Unedles anzutreffen/ welches der meiste Theil der Menschen nicht für eine Ehre/ Hoheit und zeitliche Glückseeligkeit hält; weßwegen dann ihre gröste Sorge dahin stehet/ wie sie sich zum Scheine unter die Tugend mengen/ und mit verlarvtem Gesichte in ihre Fußstapffen tretten mögen: Jhre Anreitzungen sind nichts anders als gefälschter Lorbeer/ ihre Liebe Rache/ ihre Wollüste Schandmahle/ ihre Verführung Reue/ und ihre Liebkosung eine immerwährende Pein. Man soll aber hierbey nicht eben meinen/ daß die jenigen/ welche etwas Gottloses und Lasterhafftes begegangen/ von denen zornigen Furien eigentlich verfolget/ und sichtlich gepeiniget werden/ sondern ihr eigener Betrug/ ihr eigener Schrecken / ihr eigenes Bubenstücke/ ihr eigenes Ubel/ und ihre eigene bösen Gedancken die sind es/ was sie naget/ plaget/ und erschrecket. Diese Furien sind allezeit der Gottlosen tägliche Gäste/ welche Tag und Nacht der Eltern Straffe wegen ihrer übelgezogenen Kinder/ der Kinder wegen ihrer übelgehaltenen Eltern / der Hurer wegen ihrer Hurerey/ der Diebe wegen des begangenen Diebstahls / der Zornigen wegen ihrer Rache/ der Tyrannen wegen ihrer Ungerechtigkeit/ der Geitzigen wegen ihrer Unersättigkeit/ der Epicurer wegen ihres Fressens und Sauffens/ der Spieler wegen ihres Betruges/ der Regenten wegen ihrer gedrückten Unterthanen/ der Fuchsschwäntzer wegen ihrer Heucheley/ der Faulen wegen ihres Müssigganges/ des Pövels wegen seines Aufftandes/ der Schönheit wegen ihres Mißbrauches/ und der Ungerechtigkeit wegen ihres Unrechts abfordern. Sie sind grausame Göttinnen und Rächerinnen der begangenen Ubelthaten: Sie verfolgen die Menschen nicht mit feurigen Kertzen/ sondern mit Gewissens-Angst/ und peinigen dieselben wegen des Betruges/ und Bösen/ so sie ausgeübet. Wer derohalben sich ihrer nicht will theilhafftig machen/ der befleissige sich der Unschuld/ eines guten Gewissens/ und Aufrichtigkeit / meide Mord und Todschlag/ und fliehe für denen Lastern/ wodurch man sich die Furien/ das ist/ ein böses Gewissen auf den Hals zu laden pfleget. Cicero pro Amerino, c. 24 Niemahls wird man finden/ daß die Gerechtigkeit und der Geitz zusammen stallen/ und wie dieser sich einem Weibe vergleichet/ welche mit Freuden empfähet/ und mit Schmertzen gebiehret: Also wird auch der/ welcher sein Hertze an das Reichthum hänget/ und beyzeiten darwider nicht Rath suchet/ dadurch zur Hölle gezogen. Nicht vergebens nennen die Poeten den Cerberum oder Höllen-Hund einen Hüter und Verwahrer der Hölle. Cerber_ . Tes Stygii tremuêre lacus: te janitor orci. Virgilius lib. 8. AEneid. Deñso bald/ wie sie sagen/ eine und die andere Seele dahin gefahren / so würde sie mit grossen Freuden zwar von diesem grausamen und erschrecklichẽ Thiere aufgenom̃en und empfangen/ wann sie aber wollte zurück kehren/ so erschrecke er dieselbe auf das hefftigste; wodurch man nichts anders zu verstehen gegeben/ als die menschliche Natur: Denn nach dem sie/ nach Pythagorischer Meinung und Irrthum/ anfänglich die Seelen alle zusammen erschaffen/ ehe und bevor sie in die menschliche Leiber gekommen/ und nachmals dieselben in solche Cörper/ als in einen Kercker gestossen/ so würden sie zwar darinnen freundlich angenommen/ wofern sie sich aber wieder in die Höhe schwingen/ und nach denen Elysischen Feldern begeben wollten/ mit Gewalt darvon abgehalten. Die Natur ist aller Dinge Mutter/ und die Vernunfft aller Sa-

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/580>, abgerufen am 22.11.2024.