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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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chen Tugend und Laster/ die einem König bald auf den höchsten Thron der Glückseligkeit geholffen/ bald aber in das euserste Verderben gestürzet/ zu befinden/ als in den alten Geschichten. Dieses sind Tugend und Laster-Spiegel/ darinne man Gutes und Böses siehet. Des Menschen verrückte Natur ist blind/ unbesonnen/ und vergeßlich / und weis nicht aus was Veränderungen ein und das andere Regiment entsprungen: Warum sich Ein und das Andere zugetragen/ wann Er nicht die Geschichte gelesen. Nichts im Alter von den Sachen wissen/ die sich vor diesen zugetragen haben/ scheinet mehr kindisch als mannbar zu seyn. Es ist nicht ein geringer Vortheil/ wenn man aus Historien siehet/ was sich von Jahren zu Jahren begeben. Was die Alten für Fehler in ihrem Leben begangen: Was für Anschläge sie geführet/ wie sie dieselben gebessert/ und auf den heutigen Staat gerichtet. Es sind dieselben Zeugnisse der vergangenen Zeit/ Liechter der Warheit/ Lehrer des Lebens und Athem des Gedächtnisses. Sie unterrichten uns in dem bürgerlichen Leben/ zeugen den geistlichen Stand/ erklären die Schrifft / befördern die Menschliche Weißheit/ bessern die Wohlberedenheit/ und sind eine Ausübung vieler Wissenschafften. Demetrius Phalereus riethe dem Ptolomeo Könige in Aegypten/ daß Er seine Historien/ so Er von einer königlichen Regierung geschrieben/ nicht ungelesen lassen sollte. Die Römer hielten den Jüdischen Geschichtschreiber Josephum nicht allein in grossen Ehren/ sondern richteten Ihm auch/ wegen seiner geschriebenen Jüdischen/ und anderen Geschichten zu Ehren/ eine besondere Statuam auf. Der weise Aristoteles war um des willen dem Alexandro Magno: Erathosthenes dem Könige Ptolomaeo Evergetae/ Hellanicus Militensis/ dem Macedonischen Könige Amyntae sehr lieb. Da man den weisen Socratem fragte: Was auf dieser Welt das allerlieblichste? sagte Er: Die gute Zeit/ die wahre Tugend/ und die Geschichte. An grosser Herren Höfe giebt es grosse Thürne/ und auch hohe Sprünge. Je geschwinder einer empor kömmet/ ie behender und tieffer wird er offters zu Boden geworffen. Beydes siehet man aus den Geschichten/ und die lernen zugleich/ wie man mit beyden behutsam soll umgehen. Sobald als Julius Caesar des Alexandri Magni tapfere Thaten und Geschichte laß/ eyferte Er gleichsam über dessen Tugenden. Wie aber der Türckische Keyser Selim dierühmliche Thaten lase/ bemühete Er sich gleichfalls in dessen Fußstapfen zu treten. Keyser Carl der Fünffte wollte nicht allein bey dieser Nachwelt/ für einen berühmten Helden angesehen seyn/ sondern/ der auch in den vergangenen Geschichten wohl bekannt und beruffen sey. Denn Er hielte darfür/ daß man sich dadurch theils klug und hurtig/ theils auch unsterblich machen könte. Nicht allein denen Alten/ sondern auch denen Jungen dienet diese Wissenschafft. Denen Jungen/ daß sie ihre Fehler und Gebrechen darnach richten / der Tugend nachhangen/ und darfür halten/ als hätten sie schon vor langen Zeiten in der Welt gelebet. Daß Sie Jhre Tugend/ Aufrichtigkeit/ und löbliches Regiment bis in das Grab verwahren/ und Ihnen nach dem Tode nichts böses nachgeschrieben werde. Und/ was kan auch nöthiger und nützlicher gefunden werden/ als die Historia und Geschicht? Sie entzündet die Gemüther zur Tugend / erschrecket die Untugend. Machet die Tugend hafften nach dem Tode wieder lebendig. Beweget die Traurigkeit und Freude. Ehret die Gelehrten/ schändet die Laster: Richtet die Gerechtigkeit und Billigkeit/ die Weißheit und Standhafftigkeit/ die Gedult und Tapferkeit/ die Liebe und Freundlichkeit / die Sanfftmuth und Keuschheit/ die Sparsamkeit und

chen Tugend und Laster/ die einem König bald auf den höchsten Thron der Glückseligkeit geholffen/ bald aber in das euserste Verderben gestürzet/ zu befinden/ als in den alten Geschichten. Dieses sind Tugend uñ Laster-Spiegel/ darinne man Gutes und Böses siehet. Des Menschen verrückte Natur ist blind/ unbesonnen/ und vergeßlich / und weis nicht aus was Veränderungen ein und das andere Regiment entsprungen: Warum sich Ein uñ das Andere zugetragen/ wañ Er nicht die Geschichte gelesen. Nichts im Alter von den Sachen wissen/ die sich vor diesen zugetragẽ haben/ scheinet mehr kindisch als mañbar zu seyn. Es ist nicht ein geringer Vortheil/ wenn man aus Historien siehet/ was sich von Jahren zu Jahren begeben. Was die Alten für Fehler in ihrem Leben begangen: Was für Anschläge sie geführet/ wie sie dieselben gebessert/ und auf den heutigen Staat gerichtet. Es sind dieselben Zeugnisse der vergangenen Zeit/ Liechter der Warheit/ Lehrer des Lebens und Athem des Gedächtnisses. Sie unterrichten uns in dem bürgerlichen Leben/ zeugen den geistlichen Stand/ erklären die Schrifft / befördern die Menschliche Weißheit/ bessern die Wohlberedenheit/ und sind eine Ausübung vieler Wissenschafften. Demetrius Phalereus riethe dem Ptolomeo Könige in Aegypten/ daß Er seine Historien/ so Er von einer königlichen Regierung geschrieben/ nicht ungelesen lassen sollte. Die Römer hielten den Jüdischen Geschichtschreiber Josephum nicht allein in grossen Ehren/ sondern richteten Ihm auch/ wegen seiner geschriebenen Jüdischen/ und anderen Geschichten zu Ehren/ eine besondere Statuam auf. Der weise Aristoteles war um des willen dem Alexandro Magno: Erathosthenes dem Könige Ptolomaeo Evergetae/ Hellanicus Militensis/ dem Macedonischen Könige Amyntae sehr lieb. Da man den weisen Socratem fragte: Was auf dieser Welt das allerlieblichste? sagte Er: Die gute Zeit/ die wahre Tugend/ und die Geschichte. An grosser Herren Höfe giebt es grosse Thürne/ und auch hohe Sprünge. Je geschwinder einer empor kömmet/ ie behender und tieffer wird er offters zu Boden geworffen. Beydes siehet man aus den Geschichten/ und die lernen zugleich/ wie man mit beyden behutsam soll umgehen. Sobald als Julius Caesar des Alexandri Magni tapfere Thaten und Geschichte laß/ eyferte Er gleichsam über dessen Tugenden. Wie aber der Türckische Keyser Selim dierühmliche Thaten lase/ bemühete Er sich gleichfalls in dessen Fußstapfen zu treten. Keyser Carl der Fünffte wollte nicht allein bey dieser Nachwelt/ für einen berühmten Helden angesehen seyn/ sondern/ der auch in den vergangenen Geschichten wohl bekannt und beruffen sey. Denn Er hielte darfür/ daß man sich dadurch theils klug und hurtig/ theils auch unsterblich machen könte. Nicht allein denen Alten/ sondern auch denen Jungen dienet diese Wissenschafft. Denen Jungen/ daß sie ihre Fehler und Gebrechen darnach richten / der Tugend nachhangen/ und darfür halten/ als hätten sie schon vor langen Zeiten in der Welt gelebet. Daß Sie Jhre Tugend/ Aufrichtigkeit/ und löbliches Regiment bis in das Grab verwahren/ und Ihnen nach dem Tode nichts böses nachgeschrieben werde. Und/ was kan auch nöthiger und nützlicher gefunden werden/ als die Historia und Geschicht? Sie entzündet die Gemüther zur Tugend / erschrecket die Untugend. Machet die Tugend hafften nach dem Tode wieder lebendig. Beweget die Traurigkeit und Freude. Ehret die Gelehrten/ schändet die Laster: Richtet die Gerechtigkeit und Billigkeit/ die Weißheit und Standhafftigkeit/ die Gedult und Tapferkeit/ die Liebe und Freundlichkeit / die Sanfftmuth und Keuschheit/ die Sparsamkeit und

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[297/0329] chen Tugend und Laster/ die einem König bald auf den höchsten Thron der Glückseligkeit geholffen/ bald aber in das euserste Verderben gestürzet/ zu befinden/ als in den alten Geschichten. Dieses sind Tugend uñ Laster-Spiegel/ darinne man Gutes und Böses siehet. Des Menschen verrückte Natur ist blind/ unbesonnen/ und vergeßlich / und weis nicht aus was Veränderungen ein und das andere Regiment entsprungen: Warum sich Ein uñ das Andere zugetragen/ wañ Er nicht die Geschichte gelesen. Nichts im Alter von den Sachen wissen/ die sich vor diesen zugetragẽ haben/ scheinet mehr kindisch als mañbar zu seyn. Es ist nicht ein geringer Vortheil/ wenn man aus Historien siehet/ was sich von Jahren zu Jahren begeben. Was die Alten für Fehler in ihrem Leben begangen: Was für Anschläge sie geführet/ wie sie dieselben gebessert/ und auf den heutigen Staat gerichtet. Es sind dieselben Zeugnisse der vergangenen Zeit/ Liechter der Warheit/ Lehrer des Lebens und Athem des Gedächtnisses. Sie unterrichten uns in dem bürgerlichen Leben/ zeugen den geistlichen Stand/ erklären die Schrifft / befördern die Menschliche Weißheit/ bessern die Wohlberedenheit/ und sind eine Ausübung vieler Wissenschafften. Demetrius Phalereus riethe dem Ptolomeo Könige in Aegypten/ daß Er seine Historien/ so Er von einer königlichen Regierung geschrieben/ nicht ungelesen lassen sollte. Die Römer hielten den Jüdischen Geschichtschreiber Josephum nicht allein in grossen Ehren/ sondern richteten Ihm auch/ wegen seiner geschriebenen Jüdischen/ und anderen Geschichten zu Ehren/ eine besondere Statuam auf. Der weise Aristoteles war um des willen dem Alexandro Magno: Erathosthenes dem Könige Ptolomaeo Evergetae/ Hellanicus Militensis/ dem Macedonischen Könige Amyntae sehr lieb. Da man den weisen Socratem fragte: Was auf dieser Welt das allerlieblichste? sagte Er: Die gute Zeit/ die wahre Tugend/ und die Geschichte. An grosser Herren Höfe giebt es grosse Thürne/ und auch hohe Sprünge. Je geschwinder einer empor kömmet/ ie behender und tieffer wird er offters zu Boden geworffen. Beydes siehet man aus den Geschichten/ und die lernen zugleich/ wie man mit beyden behutsam soll umgehen. Sobald als Julius Caesar des Alexandri Magni tapfere Thaten und Geschichte laß/ eyferte Er gleichsam über dessen Tugenden. Wie aber der Türckische Keyser Selim dierühmliche Thaten lase/ bemühete Er sich gleichfalls in dessen Fußstapfen zu treten. Keyser Carl der Fünffte wollte nicht allein bey dieser Nachwelt/ für einen berühmten Helden angesehen seyn/ sondern/ der auch in den vergangenen Geschichten wohl bekannt und beruffen sey. Denn Er hielte darfür/ daß man sich dadurch theils klug und hurtig/ theils auch unsterblich machen könte. Nicht allein denen Alten/ sondern auch denen Jungen dienet diese Wissenschafft. Denen Jungen/ daß sie ihre Fehler und Gebrechen darnach richten / der Tugend nachhangen/ und darfür halten/ als hätten sie schon vor langen Zeiten in der Welt gelebet. Daß Sie Jhre Tugend/ Aufrichtigkeit/ und löbliches Regiment bis in das Grab verwahren/ und Ihnen nach dem Tode nichts böses nachgeschrieben werde. Und/ was kan auch nöthiger und nützlicher gefunden werden/ als die Historia und Geschicht? Sie entzündet die Gemüther zur Tugend / erschrecket die Untugend. Machet die Tugend hafften nach dem Tode wieder lebendig. Beweget die Traurigkeit und Freude. Ehret die Gelehrten/ schändet die Laster: Richtet die Gerechtigkeit und Billigkeit/ die Weißheit und Standhafftigkeit/ die Gedult und Tapferkeit/ die Liebe und Freundlichkeit / die Sanfftmuth und Keuschheit/ die Sparsamkeit und

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/329>, abgerufen am 28.11.2024.