[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.unverdienet stirbst du doch! Sprach Phocyon: Ich sterbe aber nicht unversehens; Denn gemeiniglich tragen ehrliche Leute einen solchen Lohn darvon. Viel sind dieser Meinung/ insonderheit der gemeine Mann/ daß es um einen König/ Regenten / Potentaten ein herrlicher Stand sey. Einjeder wündschet sich dergleichen Ehre zu haben/ in gleichem Glück zu leben/ und mit solchem Purpur umgeben zu seyn: Siehet man aber um sich/ und lieset die Königlichen Geschichte/ so befindet man/ daß man öffters nach der grösten Verräherey/ nach dem stärcksten Gifft / nach dem grausamsten Mord/ und nach der allerschädlichsten Unruhe greiffet. Wie Niemand weiß wo Einen der Schuch drücket; Also weiß auch keiner was die Last der Regierung mit sich bringet ohne allein der/ welcher sie träget. Keyser Saturninus, sagte zu den Seinigen: Ihr meine Freunde wisset nicht was es für eine beschwerliche Sache um die Regierung sey. Denn man ist auch vielmahls nicht sicher für denen/ die einen bewachen sollen. Spieß und Schwerd liegt einem solchen Regenten täglich auf dem Halse. Man vermag weder mit Appetit zu essen noch zu schlaffen: Alle Kriege fallen Ihm beschwerlich: und wenn die Waffen ruhen/ so ruhen bey Ihme am wenigsten die Sorgen: Ist er alt/ so wird er für untüchtig gehalten: Ist er aber jung/ so verlacht man sein unbesonnenes Vornehmen: Nimmet er sich nicht in Acht/ so trachtet man Ihme mit Giffte nach dem Leben/ und mit einem Worte/ ob er täglich viel Trabanten um sich/ so ist er doch für der Gewalt nicht sicher. Wie mit mehrern aus folgenden Versen zu sehen: Semper habet varias immensa potentia curas, Et refici placido membra Sopore vetat. Non prodit Princeps, nisi milite cinctus & armis, Infelix aliquo semper ab hoste timet. Vescendum est quoties, aliquis praegustet oportet, Praebibat atq; prius, quam bibat ille merum. Esse parum tutum declarant talia Regem, Quam grave sustineat magna tyrannis onus. Nempe satellitium metuendos judicat hostes, Toxica praegustans ille cavenda monet. Ergo metu quisnam vacat hic locus? Illa timorem Quae pellunt, eadem plena timore vides. Wo grosse Macht sich findt/ da giebt es viel zu schaffen/ Und wo ein hohes Ambt / da läßt es sich nicht ruhn: Der Fürste kömmt nicht aus/ als unter Volck und Waffen/ gleich hätt Er jederzeit mit Feinden nur zu thun: So offt Er speiset/ muß vorhero man es kosten: Eh Er den Trunck ansetzt / credentzt man Ihm den Wein / Zu zeigen/ daß ein Fürst nicht steh auf sichren Posten/ und was Regieren muß für eine Last doch seyn? unverdienet stirbst du doch! Sprach Phocyon: Ich sterbe aber nicht unversehens; Denn gemeiniglich tragen ehrliche Leute einen solchen Lohn darvon. Viel sind dieser Meinung/ insonderheit der gemeine Mann/ daß es um einen König/ Regenten / Potentaten ein herrlicher Stand sey. Einjeder wündschet sich dergleichen Ehre zu haben/ in gleichem Glück zu leben/ und mit solchem Purpur umgeben zu seyn: Siehet man aber um sich/ und lieset die Königlichen Geschichte/ so befindet man/ daß man öffters nach der grösten Verräherey/ nach dem stärcksten Gifft / nach dem grausamsten Mord/ und nach der allerschädlichsten Unruhe greiffet. Wie Niemand weiß wo Einen der Schuch drücket; Also weiß auch keiner was die Last der Regierung mit sich bringet ohne allein der/ welcher sie träget. Keyser Saturninus, sagte zu den Seinigen: Ihr meine Freunde wisset nicht was es für eine beschwerliche Sache um die Regierung sey. Denn man ist auch vielmahls nicht sicher für denen/ die einen bewachen sollen. Spieß und Schwerd liegt einem solchen Regenten täglich auf dem Halse. Man vermag weder mit Appetit zu essen noch zu schlaffen: Alle Kriege fallen Ihm beschwerlich: und wenn die Waffen ruhen/ so ruhen bey Ihme am wenigsten die Sorgen: Ist er alt/ so wird er für untüchtig gehalten: Ist er aber jung/ so verlacht man sein unbesonnenes Vornehmen: Nimmet er sich nicht in Acht/ so trachtet man Ihme mit Giffte nach dem Leben/ und mit einem Worte/ ob er täglich viel Trabanten um sich/ so ist er doch für der Gewalt nicht sicher. Wie mit mehrern aus folgenden Versen zu sehen: Semper habet varias immensa potentia curas, Et refici placido membra Sopore vetat. Non prodit Princeps, nisi milite cinctus & armis, Infelix aliquo semper ab hoste timet. Vescendum est quoties, aliquis praegustet oportet, Praebibat atq; prius, quàm bibat ille merum. Esse parum tutum declarant talia Regem, Quàm grave sustineat magna tyrannis onus. Nempe satellitium metuendos judicat hostes, Toxica praegustans ille cavenda monet. Ergo metu quisnam vacat hic locus? Illa timorem Quae pellunt, eadem plena timore vides. Wo grosse Macht sich findt/ da giebt es viel zu schaffen/ Und wo ein hohes Ambt / da läßt es sich nicht ruhn: Der Fürste kömmt nicht aus/ als unter Volck und Waffen/ gleich hätt Er jederzeit mit Feinden nur zu thun: So offt Er speiset/ muß vorhero man es kosten: Eh Er den Trunck ansetzt / credentzt man Ihm den Wein / Zu zeigen/ daß ein Fürst nicht steh auf sichren Posten/ und was Regieren muß für eine Last doch seyn? <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0311" n="279"/> unverdienet stirbst du doch! Sprach Phocyon: Ich sterbe aber nicht unversehens; Denn gemeiniglich tragen ehrliche Leute einen solchen Lohn darvon. Viel sind dieser Meinung/ insonderheit der gemeine Mann/ daß es um einen König/ Regenten / Potentaten ein herrlicher Stand sey. Einjeder wündschet sich dergleichen Ehre zu haben/ in gleichem Glück zu leben/ und mit solchem Purpur umgeben zu seyn: Siehet man aber um sich/ und lieset die Königlichen Geschichte/ so befindet man/ daß man öffters nach der grösten Verräherey/ nach dem stärcksten Gifft / nach dem grausamsten Mord/ und nach der allerschädlichsten Unruhe greiffet. Wie Niemand weiß wo Einen der Schuch drücket; Also weiß auch keiner was die Last der Regierung mit sich bringet ohne allein der/ welcher sie träget.</p> <p>Keyser Saturninus, sagte zu den Seinigen: Ihr meine Freunde wisset nicht was es für eine beschwerliche Sache um die Regierung sey. Denn man ist auch vielmahls nicht sicher für denen/ die einen bewachen sollen. Spieß und Schwerd liegt einem solchen Regenten täglich auf dem Halse. Man vermag weder mit Appetit zu essen noch zu schlaffen: Alle Kriege fallen Ihm beschwerlich: und wenn die Waffen ruhen/ so ruhen bey Ihme am wenigsten die Sorgen: Ist er alt/ so wird er für untüchtig gehalten: Ist er aber jung/ so verlacht man sein unbesonnenes Vornehmen: Nimmet er sich nicht in Acht/ so trachtet man Ihme mit Giffte nach dem Leben/ und mit einem Worte/ ob er täglich viel Trabanten um sich/ so ist er doch für der Gewalt nicht sicher. Wie mit mehrern aus folgenden Versen zu sehen:</p> <p>Semper habet varias immensa potentia curas, Et refici placido membra Sopore vetat.</p> <p>Non prodit Princeps, nisi milite cinctus & armis, Infelix aliquo semper ab hoste timet.</p> <p>Vescendum est quoties, aliquis praegustet oportet, Praebibat atq; prius, quàm bibat ille merum.</p> <p>Esse parum tutum declarant talia Regem, Quàm grave sustineat magna tyrannis onus.</p> <p>Nempe satellitium metuendos judicat hostes, Toxica praegustans ille cavenda monet.</p> <p>Ergo metu quisnam vacat hic locus? Illa timorem Quae pellunt, eadem plena timore vides.</p> <p>Wo grosse Macht sich findt/ da giebt es viel zu schaffen/ Und wo ein hohes Ambt / da läßt es sich nicht ruhn:</p> <p>Der Fürste kömmt nicht aus/ als unter Volck und Waffen/ gleich hätt Er jederzeit mit Feinden nur zu thun:</p> <p>So offt Er speiset/ muß vorhero man es kosten: Eh Er den Trunck ansetzt / credentzt man Ihm den Wein /</p> <p>Zu zeigen/ daß ein Fürst nicht steh auf sichren Posten/ und was Regieren muß für eine Last doch seyn?</p> </div> </body> </text> </TEI> [279/0311]
unverdienet stirbst du doch! Sprach Phocyon: Ich sterbe aber nicht unversehens; Denn gemeiniglich tragen ehrliche Leute einen solchen Lohn darvon. Viel sind dieser Meinung/ insonderheit der gemeine Mann/ daß es um einen König/ Regenten / Potentaten ein herrlicher Stand sey. Einjeder wündschet sich dergleichen Ehre zu haben/ in gleichem Glück zu leben/ und mit solchem Purpur umgeben zu seyn: Siehet man aber um sich/ und lieset die Königlichen Geschichte/ so befindet man/ daß man öffters nach der grösten Verräherey/ nach dem stärcksten Gifft / nach dem grausamsten Mord/ und nach der allerschädlichsten Unruhe greiffet. Wie Niemand weiß wo Einen der Schuch drücket; Also weiß auch keiner was die Last der Regierung mit sich bringet ohne allein der/ welcher sie träget.
Keyser Saturninus, sagte zu den Seinigen: Ihr meine Freunde wisset nicht was es für eine beschwerliche Sache um die Regierung sey. Denn man ist auch vielmahls nicht sicher für denen/ die einen bewachen sollen. Spieß und Schwerd liegt einem solchen Regenten täglich auf dem Halse. Man vermag weder mit Appetit zu essen noch zu schlaffen: Alle Kriege fallen Ihm beschwerlich: und wenn die Waffen ruhen/ so ruhen bey Ihme am wenigsten die Sorgen: Ist er alt/ so wird er für untüchtig gehalten: Ist er aber jung/ so verlacht man sein unbesonnenes Vornehmen: Nimmet er sich nicht in Acht/ so trachtet man Ihme mit Giffte nach dem Leben/ und mit einem Worte/ ob er täglich viel Trabanten um sich/ so ist er doch für der Gewalt nicht sicher. Wie mit mehrern aus folgenden Versen zu sehen:
Semper habet varias immensa potentia curas, Et refici placido membra Sopore vetat.
Non prodit Princeps, nisi milite cinctus & armis, Infelix aliquo semper ab hoste timet.
Vescendum est quoties, aliquis praegustet oportet, Praebibat atq; prius, quàm bibat ille merum.
Esse parum tutum declarant talia Regem, Quàm grave sustineat magna tyrannis onus.
Nempe satellitium metuendos judicat hostes, Toxica praegustans ille cavenda monet.
Ergo metu quisnam vacat hic locus? Illa timorem Quae pellunt, eadem plena timore vides.
Wo grosse Macht sich findt/ da giebt es viel zu schaffen/ Und wo ein hohes Ambt / da läßt es sich nicht ruhn:
Der Fürste kömmt nicht aus/ als unter Volck und Waffen/ gleich hätt Er jederzeit mit Feinden nur zu thun:
So offt Er speiset/ muß vorhero man es kosten: Eh Er den Trunck ansetzt / credentzt man Ihm den Wein /
Zu zeigen/ daß ein Fürst nicht steh auf sichren Posten/ und was Regieren muß für eine Last doch seyn?
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