[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.thesin Plutarchus l. 9. Symp. bey. Nichts ist Ehre/ und Reichthum ohne die Weißheit / welche gantz ungewisse Güter sind. Denn diese ist das rechte Saltz/ mit welchem alle Dinge/ wo sie nicht anders zerfallen sollen/ müssen gewürtzt werden: Sie wird nicht verspüret in Betrachtung des Bösen/ sondern in löblichen Coelius Rhodigin[unleserliches Material]9 lib, 4. ansiq. Lect. Wercken. Viel geben vor/ man könne zu keiner vollkommenen Philosophi oder Erkäntnüß der rechten und höchsten Warheit ohne Beysprung der Mathematica kommen/ alldieweiln dieselbe nach verborgener Kunst mit subtilen/ und hohen Dingen umbgienge/ und dadurch/ wer Ihr fleissig obliege/ an Verstand und Sinnen geschärfft würde: Ihre Species oder Arten sey Arithmetica, Geometria, Musica, und Astrologia: Ihr Verstand würcke/ daß man geistliche Sachen begreiffe/ himmliche Contemplationes an sich nehme/ und solche Dinge/ die man mit Vernunfft fassete / gleich dem Schatten abbildete. Wie nun Clio die erste/ so nach Ehren strebet; Also folget die Lust aus deme/ daß man Melpomene. solche zu erwerben suchet. Die Welt ist nichts anders als eine Tragoedia, darinnen man böses und gutes repraesentiret: Melpomene tichtet Verse/ führet die Welt durch Gesänge in einer Mummerey auf/ und weiset daselbst auff verkehrter Art/ wie der Unvergnügsamste der Reicheste/ der Unersättlichste der Gelehrteste/ der Unerträglichste der Hochmüthigste und der Einbildsamste der Geadelte sey/ ja daß man den Schalck für den Verschlagensten/ den Bund-Brüchtigen für den Klügsten/ den Boßhafftigsten für den Tapfersten/ den Tyrannen für den sträfflichsten/ den Schmeichler für den Angenehmsten/ und den Verschwender für den Freygebensten/ halte. Der Beschluß aber hierinne ist dieser/ daß ein Jeder seiner Seele wohl warnehme/ das Betrügliche bey Zeiten verlasse/ und den Kern der rechten Tugend suche. Kein Mensch ist sonst Terpsichore. mit seinem Stande zu Frieden und wirfft dahero auf den andern ein scheeles Auge/ ohne allein die Terpsichore, welche sich an deme/ was sie erlernet hat/ vergnüget/ und behält das/ so sie durch Aufrichtigkeit überkommen/ als ein Kleinod vor sich. Sie achtet mit denen klügsten das jenige sehr hoch/ was sie viel Mühe gekostet/ da hingegen die Unachtsamen das Ihrige/ so sie mühsam und schwerlich erworben/ schändlich verlieren. Ihr Thun und Wesen bestehet in der Music, und dem Tantze/ nicht zwar / wie die Unsinnigen/ sondern durch höffliche Geberden und Schritte nach dem Klange des Saitenspiels. Und gleichwie zu einem Tantze die Music gehöret: Also vollbrachten auch damals die Griechen in Delos kein Fest noch Opfer ohne Tantz: Die Brachmanni verehreten die auf- und nidergehende Sonne gleichfalls mit tantzen/ und die AEgyptier, Thracier und Mohren bedienten sich desselben als heilige Ceremonien bey ihren Opfern/ wodurch Erato. man zu verstehen gegeben/ daß die Music Göttern und Menschen nicht unannehmlich falle. Erato stellet uns nicht zwar die Venus-Liebe/ sondern eine solche vor / welche vielmehr mit dem Verstande als lieblichem Angesichte/ als da ist Kunst und Wissenschafft könne verehret werden. Jene ist gleich einem Diebe/ welche dieMenschen heimlich hinterschleicht/ diese aber ein standhafftes Erbgut/ und zwar ein solches/ das sich weder für Ungewitter/ Sturm/ Wasser - Fluthen / noch Menschlicher Gewalt zu befahren. Denn in der Welt ist nichts böhers/ und nichts grössers/ noch würdigers als ein weiser Mann/ der gleichsam über den Himmel/ und das Gestirne herrschet. Mit hundert Pfund unnützen Gedancken/ kan man nicht eine Unze bezahlen/ Also gehet es auch mit der ungleichen Welt- thesin Plutarchus l. 9. Symp. bey. Nichts ist Ehre/ und Reichthum ohne die Weißheit / welche gantz ungewisse Güter sind. Denn diese ist das rechte Saltz/ mit welchem alle Dinge/ wo sie nicht anders zerfallen sollen/ müssen gewürtzt werden: Sie wird nicht verspüret in Betrachtung des Bösen/ sondern in löblichen Coelius Rhodigin[unleserliches Material]9 lib, 4. ansiq. Lect. Wercken. Viel geben vor/ man könne zu keiner vollkommenen Philosophi oder Erkäntnüß der rechten und höchsten Warheit ohne Beysprung der Mathematica kommen/ alldieweiln dieselbe nach verborgener Kunst mit subtilen/ und hohen Dingen umbgienge/ und dadurch/ wer Ihr fleissig obliege/ an Verstand und Sinnen geschärfft würde: Ihre Species oder Arten sey Arithmetica, Geometria, Musica, und Astrologia: Ihr Verstand würcke/ daß man geistliche Sachen begreiffe/ himmliche Contemplationes an sich nehme/ und solche Dinge/ die man mit Vernunfft fassete / gleich dem Schatten abbildete. Wie nun Clio die erste/ so nach Ehren strebet; Also folget die Lust aus deme/ daß man Melpomene. solche zu erwerben suchet. Die Welt ist nichts anders als eine Tragoedia, darinnen man böses und gutes repraesentiret: Melpomene tichtet Verse/ führet die Welt durch Gesänge in einer Mummerey auf/ und weiset daselbst auff verkehrter Art/ wie der Unvergnügsamste der Reicheste/ der Unersättlichste der Gelehrteste/ der Unerträglichste der Hochmüthigste und der Einbildsamste der Geadelte sey/ ja daß man den Schalck für den Verschlagensten/ den Bund-Brüchtigen für den Klügsten/ den Boßhafftigsten für den Tapfersten/ den Tyrannen für den sträfflichsten/ den Schmeichler für den Angenehmsten/ und den Verschwender für den Freygebensten/ halte. Der Beschluß aber hierinne ist dieser/ daß ein Jeder seiner Seele wohl warnehme/ das Betrügliche bey Zeiten verlasse/ und den Kern der rechten Tugend suche. Kein Mensch ist sonst Terpsichore. mit seinem Stande zu Frieden und wirfft dahero auf den andern ein scheeles Auge/ ohne allein die Terpsichore, welche sich an deme/ was sie erlernet hat/ vergnüget/ und behält das/ so sie durch Aufrichtigkeit überkommen/ als ein Kleinod vor sich. Sie achtet mit denen klügsten das jenige sehr hoch/ was sie viel Mühe gekostet/ da hingegen die Unachtsamen das Ihrige/ so sie mühsam und schwerlich erworben/ schändlich verlieren. Ihr Thun und Wesen bestehet in der Music, und dem Tantze/ nicht zwar / wie die Unsinnigen/ sondern durch höffliche Geberden und Schritte nach dem Klange des Saitenspiels. Und gleichwie zu einem Tantze die Music gehöret: Also vollbrachten auch damals die Griechen in Delos kein Fest noch Opfer ohne Tantz: Die Brachmanni verehreten die auf- und nidergehende Sonne gleichfalls mit tantzen/ und die AEgyptier, Thracier und Mohren bedienten sich desselben als heilige Ceremonien bey ihren Opfern/ wodurch Erato. man zu verstehen gegeben/ daß die Music Göttern und Menschen nicht unannehmlich falle. Erato stellet uns nicht zwar die Venus-Liebe/ sondern eine solche vor / welche vielmehr mit dem Verstande als lieblichem Angesichte/ als da ist Kunst und Wissenschafft könne verehret werden. Jene ist gleich einem Diebe/ welche dieMenschen heimlich hinterschleicht/ diese aber ein standhafftes Erbgut/ und zwar ein solches/ das sich weder für Ungewitter/ Sturm/ Wasser - Fluthen / noch Menschlicher Gewalt zu befahren. Denn in der Welt ist nichts böhers/ und nichts grössers/ noch würdigers als ein weiser Mann/ der gleichsam über den Himmel/ und das Gestirne herrschet. Mit hundert Pfund unnützen Gedancken/ kan man nicht eine Unze bezahlen/ Also gehet es auch mit der ungleichen Welt- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0136" n="124"/> thesin <note place="left">Plutarchus l. 9. Symp.</note> bey. Nichts ist Ehre/ und Reichthum ohne die Weißheit / welche gantz ungewisse Güter sind. Denn diese ist das rechte Saltz/ mit welchem alle Dinge/ wo sie nicht anders zerfallen sollen/ müssen gewürtzt werden: Sie wird nicht verspüret in Betrachtung des Bösen/ sondern in löblichen <note place="left">Coelius Rhodigin<gap reason="illegible"/>9 lib, 4. ansiq. Lect.</note> Wercken. Viel geben vor/ man könne zu keiner vollkommenen Philosophi oder Erkäntnüß der rechten und höchsten Warheit ohne Beysprung der Mathematica kommen/ alldieweiln dieselbe nach verborgener Kunst mit subtilen/ und hohen Dingen umbgienge/ und dadurch/ wer Ihr fleissig obliege/ an Verstand und Sinnen geschärfft würde: Ihre Species oder Arten sey Arithmetica, Geometria, Musica, und Astrologia: Ihr Verstand würcke/ daß man geistliche Sachen begreiffe/ himmliche Contemplationes an sich nehme/ und solche Dinge/ die man mit Vernunfft fassete / gleich dem Schatten abbildete. Wie nun Clio die erste/ so nach Ehren strebet; Also folget die Lust aus deme/ daß man <note place="left">Melpomene.</note> solche zu erwerben suchet. Die Welt ist nichts anders als eine Tragoedia, darinnen man böses und gutes repraesentiret: Melpomene tichtet Verse/ führet die Welt durch Gesänge in einer Mummerey auf/ und weiset daselbst auff verkehrter Art/ wie der Unvergnügsamste der Reicheste/ der Unersättlichste der Gelehrteste/ der Unerträglichste der Hochmüthigste und der Einbildsamste der Geadelte sey/ ja daß man den Schalck für den Verschlagensten/ den Bund-Brüchtigen für den Klügsten/ den Boßhafftigsten für den Tapfersten/ den Tyrannen für den sträfflichsten/ den Schmeichler für den Angenehmsten/ und den Verschwender für den Freygebensten/ halte. Der Beschluß aber hierinne ist dieser/ daß ein Jeder seiner Seele wohl warnehme/ das Betrügliche bey Zeiten verlasse/ und den Kern der rechten Tugend suche. Kein Mensch ist sonst <note place="left">Terpsichore.</note> mit seinem Stande zu Frieden und wirfft dahero auf den andern ein scheeles Auge/ ohne allein die Terpsichore, welche sich an deme/ was sie erlernet hat/ vergnüget/ und behält das/ so sie durch Aufrichtigkeit überkommen/ als ein Kleinod vor sich. Sie achtet mit denen klügsten das jenige sehr hoch/ was sie viel Mühe gekostet/ da hingegen die Unachtsamen das Ihrige/ so sie mühsam und schwerlich erworben/ schändlich verlieren. Ihr Thun und Wesen bestehet in der Music, und dem Tantze/ nicht zwar / wie die Unsinnigen/ sondern durch höffliche Geberden und Schritte nach dem Klange des Saitenspiels. Und gleichwie zu einem Tantze die Music gehöret: Also vollbrachten auch damals die Griechen in Delos kein Fest noch Opfer ohne Tantz: Die Brachmanni verehreten die auf- und nidergehende Sonne gleichfalls mit tantzen/ und die AEgyptier, Thracier und Mohren bedienten sich desselben als heilige Ceremonien bey ihren Opfern/ wodurch <note place="left">Erato.</note> man zu verstehen gegeben/ daß die Music Göttern und Menschen nicht unannehmlich falle. Erato stellet uns nicht zwar die Venus-Liebe/ sondern eine solche vor / welche vielmehr mit dem Verstande als lieblichem Angesichte/ als da ist Kunst und Wissenschafft könne verehret werden. Jene ist gleich einem Diebe/ welche dieMenschen heimlich hinterschleicht/ diese aber ein standhafftes Erbgut/ und zwar ein solches/ das sich weder für Ungewitter/ Sturm/ Wasser - Fluthen / noch Menschlicher Gewalt zu befahren. Denn in der Welt ist nichts böhers/ und nichts grössers/ noch würdigers als ein weiser Mann/ der gleichsam über den Himmel/ und das Gestirne herrschet. Mit hundert Pfund unnützen Gedancken/ kan man nicht eine Unze bezahlen/ Also gehet es auch mit der ungleichen Welt- </p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0136]
thesin bey. Nichts ist Ehre/ und Reichthum ohne die Weißheit / welche gantz ungewisse Güter sind. Denn diese ist das rechte Saltz/ mit welchem alle Dinge/ wo sie nicht anders zerfallen sollen/ müssen gewürtzt werden: Sie wird nicht verspüret in Betrachtung des Bösen/ sondern in löblichen Wercken. Viel geben vor/ man könne zu keiner vollkommenen Philosophi oder Erkäntnüß der rechten und höchsten Warheit ohne Beysprung der Mathematica kommen/ alldieweiln dieselbe nach verborgener Kunst mit subtilen/ und hohen Dingen umbgienge/ und dadurch/ wer Ihr fleissig obliege/ an Verstand und Sinnen geschärfft würde: Ihre Species oder Arten sey Arithmetica, Geometria, Musica, und Astrologia: Ihr Verstand würcke/ daß man geistliche Sachen begreiffe/ himmliche Contemplationes an sich nehme/ und solche Dinge/ die man mit Vernunfft fassete / gleich dem Schatten abbildete. Wie nun Clio die erste/ so nach Ehren strebet; Also folget die Lust aus deme/ daß man solche zu erwerben suchet. Die Welt ist nichts anders als eine Tragoedia, darinnen man böses und gutes repraesentiret: Melpomene tichtet Verse/ führet die Welt durch Gesänge in einer Mummerey auf/ und weiset daselbst auff verkehrter Art/ wie der Unvergnügsamste der Reicheste/ der Unersättlichste der Gelehrteste/ der Unerträglichste der Hochmüthigste und der Einbildsamste der Geadelte sey/ ja daß man den Schalck für den Verschlagensten/ den Bund-Brüchtigen für den Klügsten/ den Boßhafftigsten für den Tapfersten/ den Tyrannen für den sträfflichsten/ den Schmeichler für den Angenehmsten/ und den Verschwender für den Freygebensten/ halte. Der Beschluß aber hierinne ist dieser/ daß ein Jeder seiner Seele wohl warnehme/ das Betrügliche bey Zeiten verlasse/ und den Kern der rechten Tugend suche. Kein Mensch ist sonst mit seinem Stande zu Frieden und wirfft dahero auf den andern ein scheeles Auge/ ohne allein die Terpsichore, welche sich an deme/ was sie erlernet hat/ vergnüget/ und behält das/ so sie durch Aufrichtigkeit überkommen/ als ein Kleinod vor sich. Sie achtet mit denen klügsten das jenige sehr hoch/ was sie viel Mühe gekostet/ da hingegen die Unachtsamen das Ihrige/ so sie mühsam und schwerlich erworben/ schändlich verlieren. Ihr Thun und Wesen bestehet in der Music, und dem Tantze/ nicht zwar / wie die Unsinnigen/ sondern durch höffliche Geberden und Schritte nach dem Klange des Saitenspiels. Und gleichwie zu einem Tantze die Music gehöret: Also vollbrachten auch damals die Griechen in Delos kein Fest noch Opfer ohne Tantz: Die Brachmanni verehreten die auf- und nidergehende Sonne gleichfalls mit tantzen/ und die AEgyptier, Thracier und Mohren bedienten sich desselben als heilige Ceremonien bey ihren Opfern/ wodurch man zu verstehen gegeben/ daß die Music Göttern und Menschen nicht unannehmlich falle. Erato stellet uns nicht zwar die Venus-Liebe/ sondern eine solche vor / welche vielmehr mit dem Verstande als lieblichem Angesichte/ als da ist Kunst und Wissenschafft könne verehret werden. Jene ist gleich einem Diebe/ welche dieMenschen heimlich hinterschleicht/ diese aber ein standhafftes Erbgut/ und zwar ein solches/ das sich weder für Ungewitter/ Sturm/ Wasser - Fluthen / noch Menschlicher Gewalt zu befahren. Denn in der Welt ist nichts böhers/ und nichts grössers/ noch würdigers als ein weiser Mann/ der gleichsam über den Himmel/ und das Gestirne herrschet. Mit hundert Pfund unnützen Gedancken/ kan man nicht eine Unze bezahlen/ Also gehet es auch mit der ungleichen Welt-
Plutarchus l. 9. Symp.
Coelius Rhodigin_ 9 lib, 4. ansiq. Lect.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/136>, abgerufen am 16.02.2025. |