Reichspost. Nr. 179, Wien, 08.08.1905.Wien, Dienstag Reichspost 8. August 1905 179 [Spaltenumbruch] Register hat aber ein Loch, die Rechnung ist "Die Bevölkerung von Wien wird trotz aller Diese Aufforderung zum gemeinsamen Kampf Es erübrigt schließlich noch, den Stadtrats- Theater, Kunst und Musik. -- Raimund-Theater. Als erste Premiere würdige Vornamen. Ehedem warteten es die [Spaltenumbruch] ausgrub. Aber die Wiener werden sich auch durch -- Venedig-Theater. Samstag sahen und -- Schauspielerkongreß. In Hamburg Kirchliches. -- Ernennungen. Der hochwürdige Herr -- Todesfall. Einer der ältesten Geist- -- Prozession nach Maria Drei- Eichen. Der seit dem Jahre 1847 bestehende Aus dem Gerichtssaale. Geprügelte Gasthausgäste. Am 23. Juli Das Handelsgericht -- im Jakober- hof. Im Einvernehmen mit dem Finanzärar Strafantritt der Frau Lützow-Hervay. Bekanntlich ist der wegen Bigamie zu vier Mo- Vereinsnachrichten. § Verein "Christliche Familie". Die Orts- § Katholischer Schulverein für Oesterreich. Pfarrgruppe Breitenfeld. Am Sonntag § Der Verein christlicher Arbeiter und Arbeiterinnen "Weiße Nelke" veranstaltet am Wien, Dienstag Reichspoſt 8. Auguſt 1905 179 [Spaltenumbruch] Regiſter hat aber ein Loch, die Rechnung iſt „Die Bevölkerung von Wien wird trotz aller Dieſe Aufforderung zum gemeinſamen Kampf Es erübrigt ſchließlich noch, den Stadtrats- Theater, Kunſt und Muſik. — Raimund-Theater. Als erſte Première würdige Vornamen. Ehedem warteten es die [Spaltenumbruch] ausgrub. Aber die Wiener werden ſich auch durch — Venedig-Theater. Samstag ſahen und — Schauſpielerkongreß. In Hamburg Kirchliches. — Ernennungen. Der hochwürdige Herr — Todesfall. Einer der älteſten Geiſt- — Prozeſſion nach Maria Drei- Eichen. Der ſeit dem Jahre 1847 beſtehende Aus dem Gerichtsſaale. Geprügelte Gaſthausgäſte. Am 23. Juli Das Handelsgericht — im Jakober- hof. Im Einvernehmen mit dem Finanzärar Strafantritt der Frau Lützow-Hervay. Bekanntlich iſt der wegen Bigamie zu vier Mo- Vereinsnachrichten. § Verein „Chriſtliche Familie“. Die Orts- § Katholiſcher Schulverein für Oeſterreich. Pfarrgruppe Breitenfeld. Am Sonntag § Der Verein chriſtlicher Arbeiter und Arbeiterinnen „Weiße Nelke“ veranſtaltet am <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0010" n="10"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Dienstag Reichspoſt 8. Auguſt 1905 179</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jVarious" n="1"> <div xml:id="fleischteuerung2" prev="#fleischteuerung1" type="jArticle" n="2"> <p>Regiſter hat aber ein Loch, die Rechnung iſt<lb/> unrichtig, die Fleiſchhauer ſind zu dieſer<lb/> Erhöhung nicht berechtigt. Umſomehr komiſch<lb/> klingt dann die Verſicherung der Genoſſenſchaft<lb/> der Fleiſchhauer, die lautet:</p><lb/> <p>„Die Bevölkerung von Wien wird trotz aller<lb/> Entſtellungen der Sachlage auf die Seite eines<lb/> Gewerbes teten, das unter der Ungunſt der<lb/> Zeiten und der Gehäſſigkeit ſeiner Gegner einen<lb/> verzweifelten Kampf um ſeine Exiſtenz führt. Zur<lb/> Beſeitigung der wahren Urſachen der Fleiſchteue-<lb/> rung werden die Wiener Fleiſchhauer ſtets<lb/><hi rendition="#g">Schulter an Schulter</hi> mit der Bevölkerung<lb/> Wiens kämpfen!“</p><lb/> <p>Dieſe Aufforderung zum gemeinſamen Kampf<lb/> — wohl gegen die Aktien-Großſchlächterei —<lb/> klingt wie eine Ironie. Die Bevölkerung, die ſie<lb/> höhere Preiſe zahlen laſſen, ſoll jetzt die Fleiſch-<lb/> hauer retten! Die allgemeine Zuſtimmung, welche<lb/> die Aktion der Kommune findet, iſt die ent-<lb/> ſprechende Antwort.</p><lb/> <p>Es erübrigt ſchließlich noch, den Stadtrats-<lb/> beſchlüſſen einige Worte zu widmen. Es wird<lb/> die Errichtung von Detailverkaufsſtänden in den<lb/> ſogenannten Arbeiterbezirken vorgenommen. In<lb/> Favoriten, Ottakring und in der Brigittenau,<lb/> wo gerade die ärmeren Schichten der Stadt unter<lb/> den Laſten der Teuerung zu leiden haben. Dort<lb/> kommt in vielen Familien nicht einmal täglich<lb/> Fleiſch auf den Tiſch. Allein auch in manchem<lb/> anderen Viertel der Stadt Wien würde man die<lb/> Detailverkaufsſtände begrüßen. Die beiden<lb/> übrigen Punkte beweiſen wohl deutlich, daß man<lb/> im Rathauſe Ernſt macht und zu den ſchärferen<lb/> Mitteln greift. Die Berechtigung dazu iſt vor-<lb/> handen, auch zur Anlegung einer Liſte der<lb/> Fleiſchhauer, die ungerechtfertigt mit den Preiſen<lb/> in die Höhe gingen, oder — nach ihrem Fach-<lb/> ausdruck — „verkaufen, wie <hi rendition="#g">ſie</hi> wollen.“ Das<lb/> Gros der Bevölkerung, vielleicht mit alleiniger<lb/> Ausnahme der Fleiſchhauergenoſſenſchafts-Mit-<lb/> glieder, begrüßt die Aktion der Kommune, die es<lb/> wenigſtens vor weiteren Steigerungen ſchützen<lb/> wird.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Theater, Kunſt und Muſik.</hi> </head><lb/> <div xml:id="raimund1" next="#raimund2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">— Raimund-Theater.</hi> </head> <p>Als erſte Premi<hi rendition="#aq">è</hi>re<lb/> der kaum geborenen Saiſon kam das alte kon-<lb/> feſſionelle Verſöhnungsdrama <hi rendition="#g">„Deborah“</hi> von<lb/><hi rendition="#g">Moſenthal</hi> zur Aufführung. 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Doch wurde es allmählich Brauch,<lb/> die Vornamen anzuführen. Dann erſchienen<lb/> ſie aber ſtets in ihrer richtigen Form.<lb/> Die Sontag nannte ſich nicht Jetty,<lb/> Jettchen oder Jetka, ſondern Henriette, die<lb/> Wagner nicht Hanſi, ſondern Johanna, die<lb/> Schröder nicht Wilma, ſondern Wilhelmine, die<lb/> Lucca nicht Pauli, ſondern Pauline. Bald aber<lb/> fings mit den Koſe- und Kindleinnamen an. Und<lb/> nun ergoß ſich eine ganze Flut von Schmeichel-<lb/> namen über uns, mit denen Bildnerinnen be-<lb/> zeichnet zu werden wünſchten — Lola, Lula,<lb/> Lolo, Lulu und Lu, Nuſcha, Mizzi und Lizzi,<lb/> Pepi und Poldi, Tilly und Milly, Mia und<lb/> Lia, Otti und Marga. Die ſchon zehn Jahre<lb/> lang als Hedwig geſungen hatte, bekam über<lb/> Nacht den Einfall, ſich von jetzt ab als Heddy<lb/> auf den Zettel ſetzen zu laſſen. Man kann nur<lb/> immer wiederholen, daß es unſeren ganz großen<lb/> Künſtlern beiderlei Geſchlechts immer mehr darauf<lb/> ankam, eine melodiſche Stimme als einen<lb/> melodiſchen Namen zu haben! Und es<lb/> iſt ihnen auch immer noch ſo gegangen wie es<lb/> einmal Lord Byron von Grillparzer prophezeit<lb/> hat: Der Name iſt ſchwer auszuſprechen, aber<lb/> man wird ſich ihn merken müſſen!“</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> <div type="jCulturalNews" n="1"> <div xml:id="raimund2" prev="#raimund1" type="jArticle" n="2"> <p>ausgrub. Aber die Wiener werden ſich auch durch<lb/> die Parfümierung der älteſten Bühnenliteratur<lb/> nicht von ihrem Antiſemitismus bekehren laſſen.<lb/> Frl. 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Futterbandl<lb/> iſt hierüber ſo geſchmeichelt, daß er ſich und der<lb/> Lori bevor ſie der Einladung folgen, mit<lb/> Schuhwichſe das Geſicht tätowiert. Dann<lb/> erſt begeben ſich Vater und Kind in die Loge des<lb/> Königs und nun beginnt unter den Gloſſen<lb/> Futterbandls und des Königs die Unterbrettl-<lb/> Vorſtellung, welche teils von den wirklichen<lb/> Niggern, welche Direktor <hi rendition="#g">Steiner</hi> jetzt engagiert<lb/> hat, teils von angeſtrichenen Europäern beſorgt<lb/> wird, die dem Wiener Theaterbeſucher nicht ganz<lb/> unbekannt ſind: <hi rendition="#g">Gottsleben, Rakowitſch,<lb/> Greisnegger, Godai, Becker, Neumann</hi> ꝛc.<lb/> Die Schwarzen und die Pſeudoſchwarzen tanzen<lb/> und ſingen dabei ſo flott, daß man ſie auf Grund<lb/> ihrer Leiſtungen kaum von einander unterſcheiden<lb/> kann. 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Juli<lb/> unternahm der Beamte der Autorengeſellſchaft,<lb/> Franz Kutſchera, in Begleitung zweier Freunde,<lb/> einen Ausflug nach Mödling und kehrte in dem<lb/> Gaſthauſe des Franz Tiſchler ein, in welchem<lb/> Wiener Muſik ſpielte. Plötzlich erſchien der<lb/> Gaſtwirt Tiſchler bei dem Tiſche, an welchem die<lb/> drei Freunde Platz genommen hatten und richtete<lb/> an Kutſchera die Frage, ob es wahr ſei, daß er<lb/> Beamter der Wiener Autorengeſellſchaft iſt.<lb/> Kutſchera gab es unumwunden zu. Daraufhin<lb/> begann Tiſchler, der zu jenen Gaſtwirten gehört,<lb/> die ihren Gäſten wohl das neueſte Muſikprogramm<lb/> bieten, aber keinerlei Tanti<hi rendition="#aq">è</hi>men zahlen wollen,<lb/> in der derbſten Weiſe auf die Autorengeſellſchaft<lb/> zu ſchimpfen. Kutſchera forderte ihn in ruhigem<lb/> Tone auf, ſich zu mäßigen, was jedoch den Wirt<lb/> nur noch mehr aufbrachte. Endlich verließen die<lb/> drei Freunde das Lokal. Als ſie einige hundert<lb/><cb/> Schritte von dem Gaſthauſe entfernt waren, be-<lb/> merkten ſie, daß ihnen zwei Männer aus dem<lb/> Gaſthauſe folgten. Sie wurden von denſelben<lb/> bald eingeholt und attackiert. Auf die ruhige<lb/> Aufforderung der Herren, ſie in Ruhe zu<lb/> laſſen, nahmen die beiden Männer eine<lb/> drohende Haltung ein. Während es den beiden<lb/> Freunden Kutſcheras gelang, das Weite zu ſuchen,<lb/> wurde Kuiſchera in der <hi rendition="#g">roheſten Weiße miß-<lb/> handelt.</hi> Die Männer ſtürzten ſich auf ihn,<lb/> warfen ihn zu Boden, ſchlugen ihn ins Geſicht,<lb/> traten ihn mit Füßen, entwanden ihm ſeinen<lb/> Spazierſtock, den ſie zerbrachen und über eine<lb/> Planke auf das Bahngeleiſe ſchleuderten und dann<lb/> erſt kehrten ſie lachend ins Wirtshaus zurück.<lb/> Kutſchera, der Verletzungen am Kopf, im Geſicht,<lb/> an beiden Armen und am linken Oberſchenkel er-<lb/> litten hatte, ſchleppte ſich mühſam bis Mödling,<lb/> wo er ſich von Dr. Nappa ein ärztliches Parere<lb/> ausſtellen ließ und bei der Gendarmerie die An-<lb/> zeige erſtattete. Die beiden Angreifer wurden von<lb/> der Gendarmerie bald eruiert. Es ſind die in<lb/> Mödling wohnhaften Handwerker Johann <hi rendition="#g">Dorn</hi><lb/> und Johann <hi rendition="#g">Pürkner.</hi> Vorgeſtern hatten ſich<lb/> Beide vor dem Bezirksgerichte in Mödling zu<lb/> verantworten. Sie verſuchten es, die Sache ſo<lb/> darzuſtellen, als ſeien ſie von Kutſchera und ſeinen<lb/> Freunden provoziert worden. Dieſer Verſuch miß-<lb/> glückte jedoch gänzlich und <hi rendition="#g">Dorn</hi> und <hi rendition="#g">Pürkner</hi><lb/> wurden zu einer Geldſtrafe von je 30 Kronen,<lb/> eventuell 48 Stunden Arreſt, ferner zum Erſatz<lb/> der Gerichtskoſten und zur Zahlung eines<lb/> Schmerzensgeldes an Kutſchera verurteilt.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das Handelsgericht — im Jakober-<lb/> hof.</hi> </head> <p>Im Einvernehmen mit dem Finanzärar<lb/> hat die Juſtizverwaltung ein Projekt entworfen,<lb/> das die Verlegung des derzeit im Juſtizpalaſte<lb/> untergebrachten <hi rendition="#g">Handelsgerichtes</hi> und des<lb/> ebendort befindlichen <hi rendition="#g">Exekutionsgerichtes</hi><lb/> in einen an Stelle des uralten Jakoberhofes zu<lb/> errichtenden neuen Monumentalban bezweckt. Noch<lb/> im Laufe dieſes Jahres ſoll mit der endlichen<lb/> Demolierung des eine bedeutende Area umfaſſen-<lb/> den Reſtes vom Jakoberhof begonnen werden,<lb/> nachdem für die Unterbringung der im Hauſe<lb/> noch vorhandenen Amtsabteilungen anderweitig<lb/> vorgeſorgt ſein wird. Das neue Gerichtsgebäude<lb/> wird das Handelsgericht, das Exekutions-<lb/> gericht und eine neue große Exekutions-<lb/> halle enthalten, in der ſämtliche vom Ge-<lb/> richte bewilligten Verſteigerungen in Zukunft<lb/> abgehalten werden ſollen. Es iſt auch beſchloſſen<lb/> worden, das derzeit in der Hegelgaſſe befindliche<lb/> Franz Joſefs-Gymnaſium in einen der Trakte des<lb/> Neubaues zu verlegen. Für die beſchriebene Trans-<lb/> aktion war maßgebend, daß die Jakoberhofrealität<lb/> hinſichtlich ihrer Lage im Stadtzentrum ſich ganz<lb/> beſonders für die Errichtung eines Zentralgerichts-<lb/> gebäudes eignet. Andererſeits war es der Raum-<lb/> mangel im Juſtizpalais, der notwendig entſprechende<lb/> Abhilfe erforderte.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Strafantritt der Frau Lützow-Hervay.</hi> </head><lb/> <p>Bekanntlich iſt der wegen Bigamie zu vier Mo-<lb/> naten einfachen Kerkers verurteilten Frau Lützow-<lb/> Hervay die Haft in vier Wochen Arreſts umge-<lb/> wandelt worden. Die Verurteilte hat an das<lb/> Kreisgericht ein Geſuch eingebracht, in welchem ſie<lb/><hi rendition="#g">um Siſtierung</hi> des Strafvollzuges bittet.<lb/> Sie macht ihren krankhaften Gemütszuſtand als<lb/> Grund geltend und hat mehrere ärztliche Atteſte<lb/> beigelegt, in denen dies beſtätigt wird. Das<lb/> Gericht beſchied dieſes Geſuch <hi rendition="#g">abſchlägig</hi> und<lb/> forderte Frau Lützow-Hervay auf, am 1. Sep-<lb/> tember die Strafe anzutreten. Es iſt wirklich die<lb/> höchſte Zeit, daß man mit dieſer Abenteurerin zu<lb/> Ende kommt.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jLocal" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Vereinsnachrichten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">§ Verein „Chriſtliche Familie“.</hi> </head> <p>Die Orts-<lb/> gruppe Joſeſſtadt ladet alle Mitglieder ein, zu der<lb/> am Mittwoch um ½9 Uhr abends in Haindls<lb/> Reſtauration „zum Senator“, Reichsratsſtraße 19,<lb/> ſtattfindenden außerordentlichen Verſammlung zu er-<lb/> ſcheinen. Die Tagesordnung wird jedem Mitgliede<lb/> zugeſendet werden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">§ Katholiſcher Schulverein für Oeſterreich.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Pfarrgruppe Breitenfeld.</hi> Am Sonntag<lb/> um 7 Uhr abends findet in J. Simſons Reſtaura-<lb/> tionsgarten, Ottakringerſtraße 24, die Monatsver-<lb/> ſammlung mit gemütlichen Unterhaltungen unter<lb/> Mitwirkung der „Deutſch-chriſtlichen Volksbühne“<lb/> ſtatt.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">§ Der Verein chriſtlicher Arbeiter und<lb/> Arbeiterinnen „Weiße Nelke“</hi> </head> <p>veranſtaltet am<lb/> Sonntag den 13. Auguſt bei ſchöne<supplied>m</supplied> Wetter in<lb/> Waidringers Gaſthausgarten 16. Bezirk Neulerchen-<lb/> felderſtraße Nr. 92 ein Gattenfeſt. — Bei ungünſtiger<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0010]
Wien, Dienstag Reichspoſt 8. Auguſt 1905 179
Regiſter hat aber ein Loch, die Rechnung iſt
unrichtig, die Fleiſchhauer ſind zu dieſer
Erhöhung nicht berechtigt. Umſomehr komiſch
klingt dann die Verſicherung der Genoſſenſchaft
der Fleiſchhauer, die lautet:
„Die Bevölkerung von Wien wird trotz aller
Entſtellungen der Sachlage auf die Seite eines
Gewerbes teten, das unter der Ungunſt der
Zeiten und der Gehäſſigkeit ſeiner Gegner einen
verzweifelten Kampf um ſeine Exiſtenz führt. Zur
Beſeitigung der wahren Urſachen der Fleiſchteue-
rung werden die Wiener Fleiſchhauer ſtets
Schulter an Schulter mit der Bevölkerung
Wiens kämpfen!“
Dieſe Aufforderung zum gemeinſamen Kampf
— wohl gegen die Aktien-Großſchlächterei —
klingt wie eine Ironie. Die Bevölkerung, die ſie
höhere Preiſe zahlen laſſen, ſoll jetzt die Fleiſch-
hauer retten! Die allgemeine Zuſtimmung, welche
die Aktion der Kommune findet, iſt die ent-
ſprechende Antwort.
Es erübrigt ſchließlich noch, den Stadtrats-
beſchlüſſen einige Worte zu widmen. Es wird
die Errichtung von Detailverkaufsſtänden in den
ſogenannten Arbeiterbezirken vorgenommen. In
Favoriten, Ottakring und in der Brigittenau,
wo gerade die ärmeren Schichten der Stadt unter
den Laſten der Teuerung zu leiden haben. Dort
kommt in vielen Familien nicht einmal täglich
Fleiſch auf den Tiſch. Allein auch in manchem
anderen Viertel der Stadt Wien würde man die
Detailverkaufsſtände begrüßen. Die beiden
übrigen Punkte beweiſen wohl deutlich, daß man
im Rathauſe Ernſt macht und zu den ſchärferen
Mitteln greift. Die Berechtigung dazu iſt vor-
handen, auch zur Anlegung einer Liſte der
Fleiſchhauer, die ungerechtfertigt mit den Preiſen
in die Höhe gingen, oder — nach ihrem Fach-
ausdruck — „verkaufen, wie ſie wollen.“ Das
Gros der Bevölkerung, vielleicht mit alleiniger
Ausnahme der Fleiſchhauergenoſſenſchafts-Mit-
glieder, begrüßt die Aktion der Kommune, die es
wenigſtens vor weiteren Steigerungen ſchützen
wird.
Theater, Kunſt und Muſik.
— Raimund-Theater. Als erſte Première
der kaum geborenen Saiſon kam das alte kon-
feſſionelle Verſöhnungsdrama „Deborah“ von
Moſenthal zur Aufführung. Die liberale
Preſſe ſchmunzelt behaglich dazu, wie ſie es jedes-
mal tut, wenn „Nathan der Weiſe“ über die
Bretter geht und wie ſie es kürzlich getan, als
man im Luſtſpieltheater „Einer von unſere Leut’“
würdige Vornamen. Ehedem warteten es die
Damen vom Theater ab, bis das Publikum ſie
liebgewann und ſie dann mit ihrem Vornamen
oder gar mit einem Schmeichelnamen bezeichnete.
Jetzt ſtellen ſie ſich ſofort mit einem ſolchen vor.
Sie erteilen ſich gewiſſermaßen ſelbſt eine Aus-
zeichnung, die ſie ſich vom Publikum doch erſt zu
erwerben hätten. Die Vornamen, auch der be-
rühmteſten Sängerinnen pflegte man früher nicht
zu nennen. Von Adeline Patti ſprach man nur,
um ſie von der Schweſter Carlotta zu unter-
ſcheiden. Doch wurde es allmählich Brauch,
die Vornamen anzuführen. Dann erſchienen
ſie aber ſtets in ihrer richtigen Form.
Die Sontag nannte ſich nicht Jetty,
Jettchen oder Jetka, ſondern Henriette, die
Wagner nicht Hanſi, ſondern Johanna, die
Schröder nicht Wilma, ſondern Wilhelmine, die
Lucca nicht Pauli, ſondern Pauline. Bald aber
fings mit den Koſe- und Kindleinnamen an. Und
nun ergoß ſich eine ganze Flut von Schmeichel-
namen über uns, mit denen Bildnerinnen be-
zeichnet zu werden wünſchten — Lola, Lula,
Lolo, Lulu und Lu, Nuſcha, Mizzi und Lizzi,
Pepi und Poldi, Tilly und Milly, Mia und
Lia, Otti und Marga. Die ſchon zehn Jahre
lang als Hedwig geſungen hatte, bekam über
Nacht den Einfall, ſich von jetzt ab als Heddy
auf den Zettel ſetzen zu laſſen. Man kann nur
immer wiederholen, daß es unſeren ganz großen
Künſtlern beiderlei Geſchlechts immer mehr darauf
ankam, eine melodiſche Stimme als einen
melodiſchen Namen zu haben! Und es
iſt ihnen auch immer noch ſo gegangen wie es
einmal Lord Byron von Grillparzer prophezeit
hat: Der Name iſt ſchwer auszuſprechen, aber
man wird ſich ihn merken müſſen!“
ausgrub. Aber die Wiener werden ſich auch durch
die Parfümierung der älteſten Bühnenliteratur
nicht von ihrem Antiſemitismus bekehren laſſen.
Frl. Reingruber und die Herren Bauer und
Popp ſpielten gut.
— Venedig-Theater. Samstag ſahen und
hörten wir das „Unterbrettl“, ins Pechſchwarze
überſetzt. Was einſt „Sereniſſimus“ war, iſt jetzt
der König von Borneo mit dem ſchönen
etwas an Lerchenfeld gemahnenden Namen
„Schiabidennetean“. Auch er hat an der Spitze
ſeiner Leibgarde einen vielverwendbaren Mentor,
welcher echt borneſiſch „Kochmitgas“ heißt, ſich
aber von ſeinem europäiſchen Vorläufer Kinder-
mann dadurch unterſcheidet, daß er, ſobald eine
Bemerkung ſeinem königlichen Herrn nicht gefällt,
ſofort ordentlich „triſchakt“ wird. Der König und
ſein Faktotum nehmen in einer Loge Platz, gegenüber
in der anderen Loge ſitzen der Privatier Futter-
bandl und ſeine Tochter Lori, die beide vom
König zu ſich herübergewinkt werden. Futterbandl
iſt hierüber ſo geſchmeichelt, daß er ſich und der
Lori bevor ſie der Einladung folgen, mit
Schuhwichſe das Geſicht tätowiert. Dann
erſt begeben ſich Vater und Kind in die Loge des
Königs und nun beginnt unter den Gloſſen
Futterbandls und des Königs die Unterbrettl-
Vorſtellung, welche teils von den wirklichen
Niggern, welche Direktor Steiner jetzt engagiert
hat, teils von angeſtrichenen Europäern beſorgt
wird, die dem Wiener Theaterbeſucher nicht ganz
unbekannt ſind: Gottsleben, Rakowitſch,
Greisnegger, Godai, Becker, Neumann ꝛc.
Die Schwarzen und die Pſeudoſchwarzen tanzen
und ſingen dabei ſo flott, daß man ſie auf Grund
ihrer Leiſtungen kaum von einander unterſcheiden
kann. Schließlich tauchen zur allgemeinen Heiterkeit
auch im Zuſchauerraum alle möglichen Afrikaner
und Solche, die es ſcheinen wollen, auf und ein
großer Zug bewegt ſich auf mehreren Treppen
über die Köpfe der Muſiker hinweg auf die
Bühne. Alles tanzt Cake-Walk, natürlich auch
der König, Futterbandl ꝛc. und unter allgemeinen
Halloh fällt der Vorhang. a. v. b.
— Schauſpielerkongreß. In Hamburg
ſoll im November d. J. ein Kongreß der Bühnen-
angehörigen Deutſchlands abgehalten werden. Für
dieſen Kongreß, zu dem auch General-Intendant
von Hülſen ſein Erſcheinen zugeſagt hat, werden
ſchon jetzt die Vorbereitungen getroffen.
Kirchliches.
— Ernennungen. Der hochwürdige Herr
Kanonikus und Propſt der St. Mauriz-Kirche in
Olmütz, Freiherr von Grimmenſtein, wurde
zum päpſtlichen geheimen Kämmerer ernannt. —
Der Kaiſer hat den Pfarrer in Hörſching Ernſt
Laninger zum Probſtpfarrer in Mattighofen
ernannt.
— Todesfall. Einer der älteſten Geiſt-
lichen von Ofen-Peſt, Pfarrer, Titularbiſchof Bela
Moritz Kanovich, iſt geſtorben. Im vorigen
September feierte Abtpfarrer Kanovich ſeine
goldene Meſſe, aus welchem Anlaſſe ihm die
Würde eines Titularbiſchofs verliehen wurde.
— Prozeſſion nach Maria Drei-
Eichen. Der ſeit dem Jahre 1847 beſtehende
Maria Drei-Eichen-Verein unternimmt am Mon-
tag den 14. d. M. eine Sühn-Prozeſſion nach
Maria Drei-Eichen. Fahrpreis tour und retour
mittels Sonderzuges, ſamt kirchlichen Auslagen
Kronen 4.40. Näheres enthalten die an den
Kirchen affichierten Plakate.
Aus dem Gerichtsſaale.
Geprügelte Gaſthausgäſte. Am 23. Juli
unternahm der Beamte der Autorengeſellſchaft,
Franz Kutſchera, in Begleitung zweier Freunde,
einen Ausflug nach Mödling und kehrte in dem
Gaſthauſe des Franz Tiſchler ein, in welchem
Wiener Muſik ſpielte. Plötzlich erſchien der
Gaſtwirt Tiſchler bei dem Tiſche, an welchem die
drei Freunde Platz genommen hatten und richtete
an Kutſchera die Frage, ob es wahr ſei, daß er
Beamter der Wiener Autorengeſellſchaft iſt.
Kutſchera gab es unumwunden zu. Daraufhin
begann Tiſchler, der zu jenen Gaſtwirten gehört,
die ihren Gäſten wohl das neueſte Muſikprogramm
bieten, aber keinerlei Tantièmen zahlen wollen,
in der derbſten Weiſe auf die Autorengeſellſchaft
zu ſchimpfen. Kutſchera forderte ihn in ruhigem
Tone auf, ſich zu mäßigen, was jedoch den Wirt
nur noch mehr aufbrachte. Endlich verließen die
drei Freunde das Lokal. Als ſie einige hundert
Schritte von dem Gaſthauſe entfernt waren, be-
merkten ſie, daß ihnen zwei Männer aus dem
Gaſthauſe folgten. Sie wurden von denſelben
bald eingeholt und attackiert. Auf die ruhige
Aufforderung der Herren, ſie in Ruhe zu
laſſen, nahmen die beiden Männer eine
drohende Haltung ein. Während es den beiden
Freunden Kutſcheras gelang, das Weite zu ſuchen,
wurde Kuiſchera in der roheſten Weiße miß-
handelt. Die Männer ſtürzten ſich auf ihn,
warfen ihn zu Boden, ſchlugen ihn ins Geſicht,
traten ihn mit Füßen, entwanden ihm ſeinen
Spazierſtock, den ſie zerbrachen und über eine
Planke auf das Bahngeleiſe ſchleuderten und dann
erſt kehrten ſie lachend ins Wirtshaus zurück.
Kutſchera, der Verletzungen am Kopf, im Geſicht,
an beiden Armen und am linken Oberſchenkel er-
litten hatte, ſchleppte ſich mühſam bis Mödling,
wo er ſich von Dr. Nappa ein ärztliches Parere
ausſtellen ließ und bei der Gendarmerie die An-
zeige erſtattete. Die beiden Angreifer wurden von
der Gendarmerie bald eruiert. Es ſind die in
Mödling wohnhaften Handwerker Johann Dorn
und Johann Pürkner. Vorgeſtern hatten ſich
Beide vor dem Bezirksgerichte in Mödling zu
verantworten. Sie verſuchten es, die Sache ſo
darzuſtellen, als ſeien ſie von Kutſchera und ſeinen
Freunden provoziert worden. Dieſer Verſuch miß-
glückte jedoch gänzlich und Dorn und Pürkner
wurden zu einer Geldſtrafe von je 30 Kronen,
eventuell 48 Stunden Arreſt, ferner zum Erſatz
der Gerichtskoſten und zur Zahlung eines
Schmerzensgeldes an Kutſchera verurteilt.
Das Handelsgericht — im Jakober-
hof. Im Einvernehmen mit dem Finanzärar
hat die Juſtizverwaltung ein Projekt entworfen,
das die Verlegung des derzeit im Juſtizpalaſte
untergebrachten Handelsgerichtes und des
ebendort befindlichen Exekutionsgerichtes
in einen an Stelle des uralten Jakoberhofes zu
errichtenden neuen Monumentalban bezweckt. Noch
im Laufe dieſes Jahres ſoll mit der endlichen
Demolierung des eine bedeutende Area umfaſſen-
den Reſtes vom Jakoberhof begonnen werden,
nachdem für die Unterbringung der im Hauſe
noch vorhandenen Amtsabteilungen anderweitig
vorgeſorgt ſein wird. Das neue Gerichtsgebäude
wird das Handelsgericht, das Exekutions-
gericht und eine neue große Exekutions-
halle enthalten, in der ſämtliche vom Ge-
richte bewilligten Verſteigerungen in Zukunft
abgehalten werden ſollen. Es iſt auch beſchloſſen
worden, das derzeit in der Hegelgaſſe befindliche
Franz Joſefs-Gymnaſium in einen der Trakte des
Neubaues zu verlegen. Für die beſchriebene Trans-
aktion war maßgebend, daß die Jakoberhofrealität
hinſichtlich ihrer Lage im Stadtzentrum ſich ganz
beſonders für die Errichtung eines Zentralgerichts-
gebäudes eignet. Andererſeits war es der Raum-
mangel im Juſtizpalais, der notwendig entſprechende
Abhilfe erforderte.
Strafantritt der Frau Lützow-Hervay.
Bekanntlich iſt der wegen Bigamie zu vier Mo-
naten einfachen Kerkers verurteilten Frau Lützow-
Hervay die Haft in vier Wochen Arreſts umge-
wandelt worden. Die Verurteilte hat an das
Kreisgericht ein Geſuch eingebracht, in welchem ſie
um Siſtierung des Strafvollzuges bittet.
Sie macht ihren krankhaften Gemütszuſtand als
Grund geltend und hat mehrere ärztliche Atteſte
beigelegt, in denen dies beſtätigt wird. Das
Gericht beſchied dieſes Geſuch abſchlägig und
forderte Frau Lützow-Hervay auf, am 1. Sep-
tember die Strafe anzutreten. Es iſt wirklich die
höchſte Zeit, daß man mit dieſer Abenteurerin zu
Ende kommt.
Vereinsnachrichten.
§ Verein „Chriſtliche Familie“. Die Orts-
gruppe Joſeſſtadt ladet alle Mitglieder ein, zu der
am Mittwoch um ½9 Uhr abends in Haindls
Reſtauration „zum Senator“, Reichsratsſtraße 19,
ſtattfindenden außerordentlichen Verſammlung zu er-
ſcheinen. Die Tagesordnung wird jedem Mitgliede
zugeſendet werden.
§ Katholiſcher Schulverein für Oeſterreich.
Pfarrgruppe Breitenfeld. Am Sonntag
um 7 Uhr abends findet in J. Simſons Reſtaura-
tionsgarten, Ottakringerſtraße 24, die Monatsver-
ſammlung mit gemütlichen Unterhaltungen unter
Mitwirkung der „Deutſch-chriſtlichen Volksbühne“
ſtatt.
§ Der Verein chriſtlicher Arbeiter und
Arbeiterinnen „Weiße Nelke“ veranſtaltet am
Sonntag den 13. Auguſt bei ſchönem Wetter in
Waidringers Gaſthausgarten 16. Bezirk Neulerchen-
felderſtraße Nr. 92 ein Gattenfeſt. — Bei ungünſtiger
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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