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Reichspost. Nr. 56, Wien, 03.02.1913.

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Nr. 56 Wien, Montag Reichspost 3. Februar 1913

[Spaltenumbruch] seinen Assistenten, in die Kirche und erteilte den bischöf-
lichen Segen zum ersten Male. Alles neigte sich tief
nieder. Damit schloß die heilige Handlung voll Tiefe
und bedeutungsvoller Symbolik um 1/211 Uhr. Zum
Schlusse wurde die Volkshymne intoniert. Dann begab
sich der neugeweihte Bischof in die Sakristei der Kirche
und nahm die Glückwünsche der Festgäste entgegen.

Mittags vereinigte sich der engste Kreis der geist-
lichen Dignitäre an der in der Wohnung Bischof
Bjeliks bereiteten Tafel. Es waren anwesend: der
Apostolische Nunzius Exzellenz Conte Scapinelli
mit seiner Begleitung, den Msare. Rossi, Ogno
und Soppa, Exzellenz Bischof Dr. Belo-
potoczky,
Erzbischof von Govrik, die Bischöfe
Dr. Fischer-Colbrie und Dr. Josef
Pfluger, Burgpfarrer Msgre. Seydl, Rektor
des Pazmaneums Msgre. Drexler, Provinzial
P. Wimmer S. J., P. Graf Andlau S. J. und
der Kapuzinerprovinzial P. Csak, Kirchendirektor
Don Pallna und die bischöflichen Zeremoniäre. Bei
den üblichen Toastsprüchen brachte Bischof Bjelik die
erste Huldigung dem Hl. Vater dar und anschließend
den Ausdruck der Treue und dankbaren Ehrerbietung
dem Kaiser, dankte dem Apostolischen Nunzius für sein
Wohlwohlen sowie dem Bischof Belopotoczky und den
beiden Mitkonsekratoren für die Erteilung der Weihe.
Auch gedachte er mit Worten tiefster Anteilnahme des
kranken Kardinals Nagl.




Der Faschingszug in Gersthof.

Trotz des so unfreundlichen Wetters belebten sich
gestern bald nach 12 Uhr mittags die Straßen und
Gassen von Gersthof. Sicherheitswache zu Fuß und zu
Pferd erschien, die Rettungsgesellschaft fuhr zu ihren
Standorten, Hunderte von Ordnern hielten ihre Karten
feil: "20 Heller für die armen Kinder in Währing."
Und da greift jeder in die Tasche; denn das Wiener-
herz ist empfindsam und es fände keine innere Zu-
friedenheit, dort nicht zu geben, wo es dem Einzelnen
nicht schwer ankommt, den vielen Armen aber die
Lebensbürde mildert.

Punkt 1/23 Uhr setzte sich der Zug, der sich am
Ende der Herbeckstraße aufgestellt hatte, durch ein
dichtes Menschenspalier in Bewegung. Es eröffneten ihn
eine Gruppe von Ordnern zu Pferde; dann kam eben-
falls zu Pferd der Herold (Herr Wiedemann) mit
der Standarte des Vereines zur Veranstaltung von
Maskenzügen in Gersthof, umgeben von einer Reihe von
Begleit[h]er[o]lden. Kleine maskierte Läufer tummelten sich
zwischen den Reitern und es war erstaunlich, mit welcher
Kühnheit diese Buben sich durch das Rossegewirr
drängten. "Jahreszahlreiter," "Fanfarenbläser" und
"Tschikosche" ritten dem "russischen Edelmann" (Herrn
Johann Klein) voraus; daran schlossen sich zwei
reizende Ponnys, auf deren Rücken ein leibhaftiger Affe
die possierlichsten Dinge trieb. Nun erschien "Prinz
Karneval" (Herr Adler) selber auf einem vier-
spännigen Wagen. Er thronte unter einem
purpurnen Baldachin, der von zwei Rittern
und Lorbeerbäumen flankiert war und rückwärts des
Prinzen Initialen zeigte. Dann kam auf dem nächsten
Wagen gleich der "Teufel" in eigener Person mit seiner
"Schwiegermutter", die er in einem Käfig versperrt hielt,
aber -- als guter Wiener? -- sie manchmal auch wieder
herausließ und mit ihr ein Tänzlein wagte. Dann folgt
"die Folgen der unternehmungslustigen Vindobona
(So schaut das Kleingewerbe aus)" -- "der letzte Blick
(Lainz!) des Handwerksmannes infolge der Besteuerung",
"der Stier als Kassier am Gänsehäufl". Dann kam die
"Dürwaringbrücke" zum Vorschein, unter der sich eine
Gesellschaft von Proletariern häuslich niedergelassen hatte.
Auf der Brücke prangte die Aufschrift: "Wir kenan kan
Zins, wir kennen ka Steigerung." Weitere Gruppen be-
titelten sich "Der fromme Bär als Schütze beim Ronacher",
"Ein Rauchfangkehrer als Feinschmecker", "Gehaltsre-
gulierung in den Amtshäusern". Große Heiterkeit erregte
auch "Das neue Villenviertel in Neustift am Walde"
(Fliegenschwämme und Pilze als menschliche Wohnungen);
aber ins ungemessene stieg diese Heiterkeit als das
"neueste Löschgerät der freiwilligen
Feuerwehren bei dem großen Brande
in Moißldorf"
in Aktion trat. Diese Gruppe
bezog sich auf die bekannte Rede des juden-
liberalen
GR. Moißl gegen die freiwilligen
Feuerwe ren. Das Löschgerät bestand nämlich
innassen Fetzen, mit denen die Feuerwehrleute
auf Moißl einhieben, so oft er über sie zu
schimpfen begann und aus dem Rauchfang auftauchte.
Lautes Gelächter erhob sich überall. Dann folgte "das
Rätsel der Gegenwart", ein riesenhafter Wenzel, der den
ganzen Globus mit seinen habgierigen Fingern um-
klammert hielt, indeß der deutsche Michel klein und
traurig daneben stand. Der Jude aber schürt mit
Geld den nationalen Kampf. Köstlich war "das
schlummernde Andreas Hofer-Denkmal-
komitee", "das Haus der Agrarier",

und das Parlament mit böhmischen Musikanten, das
als Titel trug die Worte: "Eine Musikschule ohne
Noten oder der's versteht, der weiß' schon"; "die
elektrische Straßenbahn Wien--Preßburg" und "die
Folgen im Schankgewerbe durch die Hochsaison 1912"
beschlossen den Zug, der nach etwa zwei Stunden
wieder an seinen Ausgangsort zurückkehrte. In der
Schule in der Alseggerstraße fand dann das Preis-
gericht statt.

Das Ergebnis der Preisverteilung war: 1. Preis:
"Die Folgen der unternehmungslustigen Vindobona",
[Spaltenumbruch] 2. Preis: "Das Rätsel der Gegenwart", 3. Preis:
"Das neue Villenviertel in Neustift am Walde",
4. Preis: "Neuestes Löschgerät der freiwilligen Feuer-
wehr in Moißldorf", 5. Preis: "Der letzte Blick des
Handw[e]rkmannes infolge der Besteuerung", 6. Preis:
"Erstes Abenteuer der Elektrischen Straßenbahnlinie
Wien-Preßburg", 7. Preis: "Neue Vorschriften auf der
Dürwaringbrücke in Gersthof", 8. Preis: "Eine Musik-
schule ohne Noten", 9. Preis: "Der Stier als Kassier
am Gänsehäufel", 10. Preis: "Was Menschenhände
alles können und nicht können". Von Einzelgruppen
erhielt eine hübsche Affen- und Ponnygruppe den
1. Preis, eine "reizende Ehefrau" den 2. Preis und
der "Deutsche Michel" den 3. Preis.

Als Preisrichter fungierten die Herren Richard
Suchanek, A. A. Naaff, Anton Tache, Franz
Vogl, Hans Roth, Gustav Holaubek, Leopold
Wolf, F. Buchinger, Sixt, Richard Grann
und Fingal.

Dem äußeren Eindruck nach zu schließen, dürfte
das Reinerträgnis ein ausgezeichnetes sein; denn in
der Zeit von 3 bis 4 Uhr war ein derartiger Menschen-
andrang, daß die Polizei oft genug energisch vorgehen
mußte, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.

Große Verdienste um das Zustandekommen der
ganzen Veranstaltung erwarben sich der liebenswürdige
Obmann des Vereines, Herr Leopold Schwarz, die
Obmannstellvertreter Grill und Straßer, die
artistischen Leiter Maglock und Anderl, die
Schriftführer Lehner und Grobauer und die
übrigen Herren des Vereinsausschusses.




Die Industriellen gegen die "Not-
standsaktion" der Firma Gerngroß.
Käufliche Wiener Blätter.

Durch seitengroße Inserate in der liberalen und --
sozialdemokratischen Presse verlautbarte, wie erinnerlich,
in der verflossenen Woche das jüdische Waren-
haus Gerngroß, daß es eine Notstandsaktion"
für sich, nein für die -- Arbeiter durchzuführen
gedenke, und zwar in der Weise, daß es für seine massen-
haft angeführten Waren Kauflustige suche. Gegen diese
Verspottung der Arbeiter und geschäftliche Ausbeutung
des herrschenden Notstandes protestiert der "Zentral-
verband der Industriellen Oesterreichs" namens des
"Vereines der Stickereifabrikanten Vorarlbergs":

Unter dem Titel einer "Notstandsaktion für den Ar-
beiter
" hat in der letzten Zeit ein Wiener Warenhaus
"Notstands"-Verkäufe der verschiedensten Bekleidungsgegenstände,
darunter auch von Vorarlberger Stickerei[e]n, angekündigt mit
der Erklärung' daß zufolge der wirtschaftlichen Krise Verkäufe
unter den Herstellungskosten notwendig geworden wären, um
Betriebseinschränkungen und Arbeiterentlassungen zu vermeiden.
Durch eine derartige Reklame wird das Ansehen der
Industrie in den Augen der gesamten
Oeffentlichkeit empfindlich herabgesetzt

und die Fabrikanten gegenüber ihren übrigen Ab-
nehmern, welche an die Mitwirkung der ersteren bei dieser
"Notstandsaktion" glauben, distreditiert. Der Verein
der Stickereifabrikanten Vorarlbergs sieht sich deshalb ver-
anlaßt, hiegegen den entschiedensten Protest zu
erheben
und sich mit den anderen betroffenen Industrie-
zweigen für solidarisch zu erklären. Zur Steuer der Wahrheit
sei festgestellt, daß trotz der allerdings unleugbaren nachteiligen
Rückwirkung der gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen
Ereignisse es der Stickereiindustrie niemals beifallen würde, in
einer derartigen Aktion ihr Heil zu suchen. Unter einem
wird die Regierung aufgefordert, die längst zugesagte Ein-
bringung eines Gesetzes gegen den unlauteren Wett-
bewerb
zu beschleunigen, damit derartigen Vorkommnissen
vorgebeugt werde, welche die Industrie im größten Ausmaße
zu schädigen geeignet sind."

Der "Verein der Wirk- und Strickwarenfabrikanten"
versendet eine ähnliche Protesterklärung, in der er
feststellt:

Dem Verbande der Wirk- und Strickwarenfabrikanten ist
nichts von einer derartigen Notlage der
Fabriken in dieser Industrie bekannt,
daß
sie gezwungen wären, ihr Warenlager mit effektivem Verlust ab-
zustoßen. Im Gegenteil durch die frühzeitig einsetzende und an-
dauernde talte Witterung wurden die Lager in Wirkwaren so-
wohl bei den Fabrikanten als auch bei den Grossisten voll-
kommen geräumt und sogenannte Partieverkäufe haben über-
haupt nicht stattgefunden. Durch eine solche Reklame wird
die heimische Industrie vor der gesamten Oeffentlichkeit und die
Fabrikanten und Grossisten vor den übrigen Detaillisten, welche
die Ware nicht verschleudern können, empfindlich diskreditiert
und die Marktpreise deroutiert.

Wir stellen nur noch einmal fest, daß sich die
liberale Presse zu einer solchen Schädigung der Industrie
und die sozialdemokratische zu einer solchen
hlutigen Verhöhnung der Arbeiterschaft,
gegen Bezahlung natürlich, hergab. Der Fall zeigt
wieder einmal, was alles in Wien käuflich ist.




Der gestrige Heiratssonntag.
Zwölfhundert Hochzeiten an einem Tag.

Der gestrige Faschingsonntag war der Haupttag für
die Heiratslustigen, aber auch ein sehr heißer Tag für
die Zuckerbäcker, Wirte, Fleischhauer, Blumenhändler,
Fiaker und eine große Anzahl verschiedener Gewerbe
gewesen. Trotz der derzeit herrschenden Not an Klein-
wohnungen, sowie der allgemeinen Lebensmittelteuerung
und der kritischen politischen Verhältnisse waren
am gestrigen Faschingsonntag in allen 76 katholischen
Pfarrkirchen der 21. Bezirke Wiens nicht weniger wie
zwölfhundert Brautpaare erschienen, um
vor dem Altar durch den Priester den Bund der Ehe
beschließen zu lassen. Die Ursache dieses Massenan-
dranges der Heiratslustigen ist ohne Zweifel die kurze
Faschingszeit, welche in diesem Jahre nur 29 Tage
währte, für viele Heiratslustige eine gar zu kurze Zeit.
Mit dem gestrigen Tage dürfte der höchste Rekord
[Spaltenumbruch] der Eheschließungen erreicht sein, die am
Faschingsonntag in Wien vollzogen wurden.
Im Jahre 1910 fanden am Faschingsonntage acht-
hundert, an demselben Tage im Jahre 1911 tausend
und im verflossenen Jahre gleichfalls am Fasching-
sonntag gegen elfhundert Hochzeiten statt. Die meisten
Trauungen erfolgten in denjenigen katholischen Pfarr-
kirchen, deren Bewohner hauptsächlich dem Arbeiter-
und Mittelstande angehören, wie Favoriten, Brigittenau,
Meidling, Margareten, Fünfhaus, Ottakring, Zwischen-
brücken, Hernals usw. So fanden am gestrigen Fasching-
sonntag in den nachstehenden Pfarrkirchen die meisten
Hochzeiten statt:

In der Pfarrkirche zum hl. Leopold in der Leopold-
stadt 12, in den Pfarrkirchen des 3. Bezirkes, und zwar
hl. Peter und Paul in Erdberg 25, St. Rochus und
Sebastian 15, St. Otmar unter den Weißgerbern 18,
Maria Geburt 25; im 4. Bezirke: St. Karl 9,
Paulanerkirche 22, St. Elisabeth 13; im 5. Bezirke:
St. Josef in Margareten 19, St. Florian (Matzleins-
dorf) 45, hl. Dreifaltigkeit (Alferstraße) 8, St. Franziskus
am Breitenfeld 8, Lichtentaler Pfarrkirche 32, heiliger
Johannes von Nepomuk (Favoriten) 60, St. Anton
von Padua (Favoriten) 85, St. Laurenz in Simmering
23, hl. Oswald in Altmannsdorf 12, hl. Dreifaltigkeit
in Hetzendorf 14, hl. Johann von Nepomuk in
Meidling 63, Notkirche zur unbefleckten Empfängnis
Maria in Neumargareten 44, St. Annakirche in Baum-
garten 20, St. Laurentius in Breitensee 30, hl. Drei-
faltigkeit in Reindorf 40, St. Rudolf in Rudolfsheim
50, Erhöhung des hl. Kreuzes in Alt-Ottakring 22,
hl. Familie in Neu-Ottakring 25, hl. Bartholomäus in
Hernals 39, St. Leopold (Gersthof) 15, St. Brigitta
(Brigittenau) 40 und in der Allerheiligenkirche in
Zwischenbrücken 42. In den anderen nicht genannten
Pfarrkirchen fanden gestern 5 bis 12 Hochzeiten statt.
Auch in den Pfarrkirchen des 21. Bezirkes erfolgten
mehr als 60 Trauungen.

Außer diesen zirka zwölfhundert Hochzeiten fanden
gestern nahezu zweihundertzwanzig sil-
berne Hochzeiten
und neun goldene
Hochzeiten
statt.

Unter den vielen Trauungen befanden sich in diesem
Jahre sehr viele arme Brautpaare, welche von den
Geistlichen unentgeltlich, beziehungsweise ohne
die hiefür gesetzlich vorgeschriebene Gebühr zu entrichten,
getraut wurden. Für Fiaker, Wirte, Zuckerbäcker,
Blumenhändler, Goldarbeiter, Photographen usw. war
der gestrige Faschingsonntag ein sehr erträgnisreicher
und es waren nicht nur die Fiaker und Automobile
vergriffen, sondern auch die bei Hochzeiten zum Bewerfen
der Brautpaare so sehr beliebten "Hochzeitskügerln" bei
vielen Zuckerbäckern -- ausverkauft.




Eisenbahnzusammenstoß bei
Oswiecim.

Wie wir erfahren, ist am 2. d. auf der preußischen
Strecke Oswiecim--Mislowitz vor der Eisenbahnstation
Oswiecim der Personenzug Nr. 397 um 5 Uhr 19 Mi-
nuten nachmittags an einen vor der Station Oswiecim
angehaltenen preußischen Güterzug angefahren. Hiebei
sind die Lokomotive und ein Personenwagen des Per-
sonenzuges entgleist. Mehrere Wagen des Güterzuges sind
sind beschädigt worden.

Dreizehn Personen erlitten leichte
und drei Personen erheblichere Ver-
letzungen.
Den Verletzten wurde an Ort und Stelle
sofort ärzliche Hilfe geleistet. Der Personenverkehr wird
durch Umsteigen aufrecht erhalten. Die durch den Un-
fall eingetretene Störung wird im Laufe des heutigen
Vormittags behoben werden. Die Erhebungen über den
Unfall sind im Zuge.




Vom Warenmarkte.
Börse für landwirtschaftliche Produkte
vom 3. Februar.

(Eigenbericht,) Der vorwöchentliche Schluß an
Amerikas Börsen war 1/8 Cent höher bis 1/4 niedriger. Die
Märkte litten unter Ankündigung günstigen Wetters für Ne-
braska und Kansas. Budapest eröffnete den dieswöchentlichen
Verkehr in matter Haltung, Terminweizen schwächte sich um 2,
Roggen um 4, Hafer um 7 Heller ab. Die Stimmung auf
dem hiesigen Platze ist diesebe geblieben wie am Schlusse der
Vorwoche, Preise sind behauptet.

Budapest. (Kurse um 1/212 Uhr.) Weizen per Oktober
12.20, per April 11.73, Roggen per April 10.--, Hafer per
April 10.54, Mais per Mai 1913 7.68.




Wiener Effektenbörse.


(Eigenbericht.) Bei Beginn der heutigen Vorbörse übte
der bevorstehende Wiederausbruch des Balkankrieges ungünstigen
Einfluß auf die Tendenz und veranlaßte die Spekulation zur
Reserve, doch besserte sich im Verlaufe des Verkehres die
Stimmung im Hinblick auf die Beilegung der Differenzen
zwischen Bulgarien und Rumänien. Erhöhtem Interesse be-
gegneten Skoda- und Staatsbahnaktien und übertrug sich, aus-
gehend von diesen Effektengattungen, die feste Tendenz auch auf
die übrigen Gebiete. Lediglich Oesterreichische Kreditaktien
lagen schwächer, da die Gerüchte von einer Erhöhung der
Dividende dementiert wurden. Mit einer größeren Avance
dagegen wurden abermals Orientbahnen bedacht. Im Schranken
waren durchwegs höhere Kurse vorwaltend.

Zahlungseinstellungen. Der Kreditorenverein veröffentlicht
folgende Zahlungseinstellungen: Schäffer Gottlieb in
Wien, IX. Alserstraße 46. Oesztreicher Marton, Kauf-
mann in Jaszbereny. Morgenstern Mano, Kaufmann in
Szabadka. Ungar Albert & Sohn, Handelsfirma in Gyula-
fehervar. Hirsch Elek, Schuhhändler in Marosludas.

Nr. 56 Wien, Montag Reichspoſt 3. Februar 1913

[Spaltenumbruch] ſeinen Aſſiſtenten, in die Kirche und erteilte den biſchöf-
lichen Segen zum erſten Male. Alles neigte ſich tief
nieder. Damit ſchloß die heilige Handlung voll Tiefe
und bedeutungsvoller Symbolik um ½11 Uhr. Zum
Schluſſe wurde die Volkshymne intoniert. Dann begab
ſich der neugeweihte Biſchof in die Sakriſtei der Kirche
und nahm die Glückwünſche der Feſtgäſte entgegen.

Mittags vereinigte ſich der engſte Kreis der geiſt-
lichen Dignitäre an der in der Wohnung Biſchof
Bjeliks bereiteten Tafel. Es waren anweſend: der
Apoſtoliſche Nunzius Exzellenz Conte Scapinelli
mit ſeiner Begleitung, den Mſare. Roſſi, Ogno
und Soppa, Exzellenz Biſchof Dr. Belo-
potoczky,
Erzbiſchof von Govrik, die Biſchöfe
Dr. Fiſcher-Colbrie und Dr. Joſef
Pfluger, Burgpfarrer Mſgre. Seydl, Rektor
des Pazmaneums Mſgre. Drexler, Provinzial
P. Wimmer S. J., P. Graf Andlau S. J. und
der Kapuzinerprovinzial P. Cſak, Kirchendirektor
Don Pallna und die biſchöflichen Zeremoniäre. Bei
den üblichen Toaſtſprüchen brachte Biſchof Bjelik die
erſte Huldigung dem Hl. Vater dar und anſchließend
den Ausdruck der Treue und dankbaren Ehrerbietung
dem Kaiſer, dankte dem Apoſtoliſchen Nunzius für ſein
Wohlwohlen ſowie dem Biſchof Belopotoczky und den
beiden Mitkonſekratoren für die Erteilung der Weihe.
Auch gedachte er mit Worten tiefſter Anteilnahme des
kranken Kardinals Nagl.




Der Faſchingszug in Gerſthof.

Trotz des ſo unfreundlichen Wetters belebten ſich
geſtern bald nach 12 Uhr mittags die Straßen und
Gaſſen von Gerſthof. Sicherheitswache zu Fuß und zu
Pferd erſchien, die Rettungsgeſellſchaft fuhr zu ihren
Standorten, Hunderte von Ordnern hielten ihre Karten
feil: „20 Heller für die armen Kinder in Währing.“
Und da greift jeder in die Taſche; denn das Wiener-
herz iſt empfindſam und es fände keine innere Zu-
friedenheit, dort nicht zu geben, wo es dem Einzelnen
nicht ſchwer ankommt, den vielen Armen aber die
Lebensbürde mildert.

Punkt ½3 Uhr ſetzte ſich der Zug, der ſich am
Ende der Herbeckſtraße aufgeſtellt hatte, durch ein
dichtes Menſchenſpalier in Bewegung. Es eröffneten ihn
eine Gruppe von Ordnern zu Pferde; dann kam eben-
falls zu Pferd der Herold (Herr Wiedemann) mit
der Standarte des Vereines zur Veranſtaltung von
Maskenzügen in Gerſthof, umgeben von einer Reihe von
Begleit[h]er[o]lden. Kleine maskierte Läufer tummelten ſich
zwiſchen den Reitern und es war erſtaunlich, mit welcher
Kühnheit dieſe Buben ſich durch das Roſſegewirr
drängten. „Jahreszahlreiter,“ „Fanfarenbläſer“ und
„Tſchikoſche“ ritten dem „ruſſiſchen Edelmann“ (Herrn
Johann Klein) voraus; daran ſchloſſen ſich zwei
reizende Ponnys, auf deren Rücken ein leibhaftiger Affe
die poſſierlichſten Dinge trieb. Nun erſchien „Prinz
Karneval“ (Herr Adler) ſelber auf einem vier-
ſpännigen Wagen. Er thronte unter einem
purpurnen Baldachin, der von zwei Rittern
und Lorbeerbäumen flankiert war und rückwärts des
Prinzen Initialen zeigte. Dann kam auf dem nächſten
Wagen gleich der „Teufel“ in eigener Perſon mit ſeiner
„Schwiegermutter“, die er in einem Käfig verſperrt hielt,
aber — als guter Wiener? — ſie manchmal auch wieder
herausließ und mit ihr ein Tänzlein wagte. Dann folgt
„die Folgen der unternehmungsluſtigen Vindobona
(So ſchaut das Kleingewerbe aus)“ — „der letzte Blick
(Lainz!) des Handwerksmannes infolge der Beſteuerung“,
„der Stier als Kaſſier am Gänſehäufl“. Dann kam die
„Dürwaringbrücke“ zum Vorſchein, unter der ſich eine
Geſellſchaft von Proletariern häuslich niedergelaſſen hatte.
Auf der Brücke prangte die Aufſchrift: „Wir kenan kan
Zins, wir kennen ka Steigerung.“ Weitere Gruppen be-
titelten ſich „Der fromme Bär als Schütze beim Ronacher“,
„Ein Rauchfangkehrer als Feinſchmecker“, „Gehaltsre-
gulierung in den Amtshäuſern“. Große Heiterkeit erregte
auch „Das neue Villenviertel in Neuſtift am Walde“
(Fliegenſchwämme und Pilze als menſchliche Wohnungen);
aber ins ungemeſſene ſtieg dieſe Heiterkeit als das
„neueſte Löſchgerät der freiwilligen
Feuerwehren bei dem großen Brande
in Moißldorf“
in Aktion trat. Dieſe Gruppe
bezog ſich auf die bekannte Rede des juden-
liberalen
GR. Moißl gegen die freiwilligen
Feuerwe ren. Das Löſchgerät beſtand nämlich
innaſſen Fetzen, mit denen die Feuerwehrleute
auf Moißl einhieben, ſo oft er über ſie zu
ſchimpfen begann und aus dem Rauchfang auftauchte.
Lautes Gelächter erhob ſich überall. Dann folgte „das
Rätſel der Gegenwart“, ein rieſenhafter Wenzel, der den
ganzen Globus mit ſeinen habgierigen Fingern um-
klammert hielt, indeß der deutſche Michel klein und
traurig daneben ſtand. Der Jude aber ſchürt mit
Geld den nationalen Kampf. Köſtlich war „das
ſchlummernde Andreas Hofer-Denkmal-
komitee“, „das Haus der Agrarier“,

und das Parlament mit böhmiſchen Muſikanten, das
als Titel trug die Worte: „Eine Muſikſchule ohne
Noten oder der’s verſteht, der weiß’ ſchon“; „die
elektriſche Straßenbahn Wien—Preßburg“ und „die
Folgen im Schankgewerbe durch die Hochſaiſon 1912“
beſchloſſen den Zug, der nach etwa zwei Stunden
wieder an ſeinen Ausgangsort zurückkehrte. In der
Schule in der Alseggerſtraße fand dann das Preis-
gericht ſtatt.

Das Ergebnis der Preisverteilung war: 1. Preis:
„Die Folgen der unternehmungsluſtigen Vindobona“,
[Spaltenumbruch] 2. Preis: „Das Rätſel der Gegenwart“, 3. Preis:
„Das neue Villenviertel in Neuſtift am Walde“,
4. Preis: „Neueſtes Löſchgerät der freiwilligen Feuer-
wehr in Moißldorf“, 5. Preis: „Der letzte Blick des
Handw[e]rkmannes infolge der Beſteuerung“, 6. Preis:
„Erſtes Abenteuer der Elektriſchen Straßenbahnlinie
Wien-Preßburg“, 7. Preis: „Neue Vorſchriften auf der
Dürwaringbrücke in Gerſthof“, 8. Preis: „Eine Muſik-
ſchule ohne Noten“, 9. Preis: „Der Stier als Kaſſier
am Gänſehäufel“, 10. Preis: „Was Menſchenhände
alles können und nicht können“. Von Einzelgruppen
erhielt eine hübſche Affen- und Ponnygruppe den
1. Preis, eine „reizende Ehefrau“ den 2. Preis und
der „Deutſche Michel“ den 3. Preis.

Als Preisrichter fungierten die Herren Richard
Suchanek, A. A. Naaff, Anton Taché, Franz
Vogl, Hans Roth, Guſtav Holaubek, Leopold
Wolf, F. Buchinger, Sixt, Richard Grann
und Fingal.

Dem äußeren Eindruck nach zu ſchließen, dürfte
das Reinerträgnis ein ausgezeichnetes ſein; denn in
der Zeit von 3 bis 4 Uhr war ein derartiger Menſchen-
andrang, daß die Polizei oft genug energiſch vorgehen
mußte, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.

Große Verdienſte um das Zuſtandekommen der
ganzen Veranſtaltung erwarben ſich der liebenswürdige
Obmann des Vereines, Herr Leopold Schwarz, die
Obmannſtellvertreter Grill und Straßer, die
artiſtiſchen Leiter Maglock und Anderl, die
Schriftführer Lehner und Grobauer und die
übrigen Herren des Vereinsausſchuſſes.




Die Induſtriellen gegen die „Not-
ſtandsaktion“ der Firma Gerngroß.
Käufliche Wiener Blätter.

Durch ſeitengroße Inſerate in der liberalen und —
ſozialdemokratiſchen Preſſe verlautbarte, wie erinnerlich,
in der verfloſſenen Woche das jüdiſche Waren-
haus Gerngroß, daß es eine Notſtandsaktion“
für ſich, nein für die — Arbeiter durchzuführen
gedenke, und zwar in der Weiſe, daß es für ſeine maſſen-
haft angeführten Waren Kaufluſtige ſuche. Gegen dieſe
Verſpottung der Arbeiter und geſchäftliche Ausbeutung
des herrſchenden Notſtandes proteſtiert der „Zentral-
verband der Induſtriellen Oeſterreichs“ namens des
„Vereines der Stickereifabrikanten Vorarlbergs“:

Unter dem Titel einer „Notſtandsaktion für den Ar-
beiter
“ hat in der letzten Zeit ein Wiener Warenhaus
„Notſtands“-Verkäufe der verſchiedenſten Bekleidungsgegenſtände,
darunter auch von Vorarlberger Stickerei[e]n, angekündigt mit
der Erklärung’ daß zufolge der wirtſchaftlichen Kriſe Verkäufe
unter den Herſtellungskoſten notwendig geworden wären, um
Betriebseinſchränkungen und Arbeiterentlaſſungen zu vermeiden.
Durch eine derartige Reklame wird das Anſehen der
Induſtrie in den Augen der geſamten
Oeffentlichkeit empfindlich herabgeſetzt

und die Fabrikanten gegenüber ihren übrigen Ab-
nehmern, welche an die Mitwirkung der erſteren bei dieſer
„Notſtandsaktion“ glauben, distreditiert. Der Verein
der Stickereifabrikanten Vorarlbergs ſieht ſich deshalb ver-
anlaßt, hiegegen den entſchiedenſten Proteſt zu
erheben
und ſich mit den anderen betroffenen Induſtrie-
zweigen für ſolidariſch zu erklären. Zur Steuer der Wahrheit
ſei feſtgeſtellt, daß trotz der allerdings unleugbaren nachteiligen
Rückwirkung der gegenwärtigen politiſchen und wirtſchaftlichen
Ereigniſſe es der Stickereiinduſtrie niemals beifallen würde, in
einer derartigen Aktion ihr Heil zu ſuchen. Unter einem
wird die Regierung aufgefordert, die längſt zugeſagte Ein-
bringung eines Geſetzes gegen den unlauteren Wett-
bewerb
zu beſchleunigen, damit derartigen Vorkommniſſen
vorgebeugt werde, welche die Induſtrie im größten Ausmaße
zu ſchädigen geeignet ſind.“

Der „Verein der Wirk- und Strickwarenfabrikanten“
verſendet eine ähnliche Proteſterklärung, in der er
feſtſtellt:

Dem Verbande der Wirk- und Strickwarenfabrikanten iſt
nichts von einer derartigen Notlage der
Fabriken in dieſer Induſtrie bekannt,
daß
ſie gezwungen wären, ihr Warenlager mit effektivem Verluſt ab-
zuſtoßen. Im Gegenteil durch die frühzeitig einſetzende und an-
dauernde talte Witterung wurden die Lager in Wirkwaren ſo-
wohl bei den Fabrikanten als auch bei den Groſſiſten voll-
kommen geräumt und ſogenannte Partieverkäufe haben über-
haupt nicht ſtattgefunden. Durch eine ſolche Reklame wird
die heimiſche Induſtrie vor der geſamten Oeffentlichkeit und die
Fabrikanten und Groſſiſten vor den übrigen Detailliſten, welche
die Ware nicht verſchleudern können, empfindlich diskreditiert
und die Marktpreiſe deroutiert.

Wir ſtellen nur noch einmal feſt, daß ſich die
liberale Preſſe zu einer ſolchen Schädigung der Induſtrie
und die ſozialdemokratiſche zu einer ſolchen
hlutigen Verhöhnung der Arbeiterſchaft,
gegen Bezahlung natürlich, hergab. Der Fall zeigt
wieder einmal, was alles in Wien käuflich iſt.




Der geſtrige Heiratsſonntag.
Zwölfhundert Hochzeiten an einem Tag.

Der geſtrige Faſchingſonntag war der Haupttag für
die Heiratsluſtigen, aber auch ein ſehr heißer Tag für
die Zuckerbäcker, Wirte, Fleiſchhauer, Blumenhändler,
Fiaker und eine große Anzahl verſchiedener Gewerbe
geweſen. Trotz der derzeit herrſchenden Not an Klein-
wohnungen, ſowie der allgemeinen Lebensmittelteuerung
und der kritiſchen politiſchen Verhältniſſe waren
am geſtrigen Faſchingſonntag in allen 76 katholiſchen
Pfarrkirchen der 21. Bezirke Wiens nicht weniger wie
zwölfhundert Brautpaare erſchienen, um
vor dem Altar durch den Prieſter den Bund der Ehe
beſchließen zu laſſen. Die Urſache dieſes Maſſenan-
dranges der Heiratsluſtigen iſt ohne Zweifel die kurze
Faſchingszeit, welche in dieſem Jahre nur 29 Tage
währte, für viele Heiratsluſtige eine gar zu kurze Zeit.
Mit dem geſtrigen Tage dürfte der höchſte Rekord
[Spaltenumbruch] der Eheſchließungen erreicht ſein, die am
Faſchingſonntag in Wien vollzogen wurden.
Im Jahre 1910 fanden am Faſchingſonntage acht-
hundert, an demſelben Tage im Jahre 1911 tauſend
und im verfloſſenen Jahre gleichfalls am Faſching-
ſonntag gegen elfhundert Hochzeiten ſtatt. Die meiſten
Trauungen erfolgten in denjenigen katholiſchen Pfarr-
kirchen, deren Bewohner hauptſächlich dem Arbeiter-
und Mittelſtande angehören, wie Favoriten, Brigittenau,
Meidling, Margareten, Fünfhaus, Ottakring, Zwiſchen-
brücken, Hernals uſw. So fanden am geſtrigen Faſching-
ſonntag in den nachſtehenden Pfarrkirchen die meiſten
Hochzeiten ſtatt:

In der Pfarrkirche zum hl. Leopold in der Leopold-
ſtadt 12, in den Pfarrkirchen des 3. Bezirkes, und zwar
hl. Peter und Paul in Erdberg 25, St. Rochus und
Sebaſtian 15, St. Otmar unter den Weißgerbern 18,
Maria Geburt 25; im 4. Bezirke: St. Karl 9,
Paulanerkirche 22, St. Eliſabeth 13; im 5. Bezirke:
St. Joſef in Margareten 19, St. Florian (Matzleins-
dorf) 45, hl. Dreifaltigkeit (Alferſtraße) 8, St. Franziskus
am Breitenfeld 8, Lichtentaler Pfarrkirche 32, heiliger
Johannes von Nepomuk (Favoriten) 60, St. Anton
von Padua (Favoriten) 85, St. Laurenz in Simmering
23, hl. Oswald in Altmannsdorf 12, hl. Dreifaltigkeit
in Hetzendorf 14, hl. Johann von Nepomuk in
Meidling 63, Notkirche zur unbefleckten Empfängnis
Maria in Neumargareten 44, St. Annakirche in Baum-
garten 20, St. Laurentius in Breitenſee 30, hl. Drei-
faltigkeit in Reindorf 40, St. Rudolf in Rudolfsheim
50, Erhöhung des hl. Kreuzes in Alt-Ottakring 22,
hl. Familie in Neu-Ottakring 25, hl. Bartholomäus in
Hernals 39, St. Leopold (Gerſthof) 15, St. Brigitta
(Brigittenau) 40 und in der Allerheiligenkirche in
Zwiſchenbrücken 42. In den anderen nicht genannten
Pfarrkirchen fanden geſtern 5 bis 12 Hochzeiten ſtatt.
Auch in den Pfarrkirchen des 21. Bezirkes erfolgten
mehr als 60 Trauungen.

Außer dieſen zirka zwölfhundert Hochzeiten fanden
geſtern nahezu zweihundertzwanzig ſil-
berne Hochzeiten
und neun goldene
Hochzeiten
ſtatt.

Unter den vielen Trauungen befanden ſich in dieſem
Jahre ſehr viele arme Brautpaare, welche von den
Geiſtlichen unentgeltlich, beziehungsweiſe ohne
die hiefür geſetzlich vorgeſchriebene Gebühr zu entrichten,
getraut wurden. Für Fiaker, Wirte, Zuckerbäcker,
Blumenhändler, Goldarbeiter, Photographen uſw. war
der geſtrige Faſchingſonntag ein ſehr erträgnisreicher
und es waren nicht nur die Fiaker und Automobile
vergriffen, ſondern auch die bei Hochzeiten zum Bewerfen
der Brautpaare ſo ſehr beliebten „Hochzeitskügerln“ bei
vielen Zuckerbäckern — ausverkauft.




Eiſenbahnzuſammenſtoß bei
Oswiecim.

Wie wir erfahren, iſt am 2. d. auf der preußiſchen
Strecke Oswiecim—Mislowitz vor der Eiſenbahnſtation
Oswiecim der Perſonenzug Nr. 397 um 5 Uhr 19 Mi-
nuten nachmittags an einen vor der Station Oswiecim
angehaltenen preußiſchen Güterzug angefahren. Hiebei
ſind die Lokomotive und ein Perſonenwagen des Per-
ſonenzuges entgleiſt. Mehrere Wagen des Güterzuges ſind
ſind beſchädigt worden.

Dreizehn Perſonen erlitten leichte
und drei Perſonen erheblichere Ver-
letzungen.
Den Verletzten wurde an Ort und Stelle
ſofort ärzliche Hilfe geleiſtet. Der Perſonenverkehr wird
durch Umſteigen aufrecht erhalten. Die durch den Un-
fall eingetretene Störung wird im Laufe des heutigen
Vormittags behoben werden. Die Erhebungen über den
Unfall ſind im Zuge.




Vom Warenmarkte.
Börſe für landwirtſchaftliche Produkte
vom 3. Februar.

(Eigenbericht,) Der vorwöchentliche Schluß an
Amerikas Börſen war ⅛ Cent höher bis ¼ niedriger. Die
Märkte litten unter Ankündigung günſtigen Wetters für Ne-
braska und Kanſas. Budapeſt eröffnete den dieswöchentlichen
Verkehr in matter Haltung, Terminweizen ſchwächte ſich um 2,
Roggen um 4, Hafer um 7 Heller ab. Die Stimmung auf
dem hieſigen Platze iſt dieſebe geblieben wie am Schluſſe der
Vorwoche, Preiſe ſind behauptet.

Budapeſt. (Kurſe um ½12 Uhr.) Weizen per Oktober
12.20, per April 11.73, Roggen per April 10.—, Hafer per
April 10.54, Mais per Mai 1913 7.68.




Wiener Effektenbörſe.


(Eigenbericht.) Bei Beginn der heutigen Vorbörſe übte
der bevorſtehende Wiederausbruch des Balkankrieges ungünſtigen
Einfluß auf die Tendenz und veranlaßte die Spekulation zur
Reſerve, doch beſſerte ſich im Verlaufe des Verkehres die
Stimmung im Hinblick auf die Beilegung der Differenzen
zwiſchen Bulgarien und Rumänien. Erhöhtem Intereſſe be-
gegneten Skoda- und Staatsbahnaktien und übertrug ſich, aus-
gehend von dieſen Effektengattungen, die feſte Tendenz auch auf
die übrigen Gebiete. Lediglich Oeſterreichiſche Kreditaktien
lagen ſchwächer, da die Gerüchte von einer Erhöhung der
Dividende dementiert wurden. Mit einer größeren Avance
dagegen wurden abermals Orientbahnen bedacht. Im Schranken
waren durchwegs höhere Kurſe vorwaltend.

Zahlungseinſtellungen. Der Kreditorenverein veröffentlicht
folgende Zahlungseinſtellungen: Schäffer Gottlieb in
Wien, IX. Alſerſtraße 46. Oesztreicher Marton, Kauf-
mann in Jaszbereny. Morgenſtern Mano, Kaufmann in
Szabadka. Ungar Albert & Sohn, Handelsfirma in Gyula-
fehervar. Hirſch Elek, Schuhhändler in Marosludas.

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[3/0003] Nr. 56 Wien, Montag Reichspoſt 3. Februar 1913 ſeinen Aſſiſtenten, in die Kirche und erteilte den biſchöf- lichen Segen zum erſten Male. Alles neigte ſich tief nieder. Damit ſchloß die heilige Handlung voll Tiefe und bedeutungsvoller Symbolik um ½11 Uhr. Zum Schluſſe wurde die Volkshymne intoniert. Dann begab ſich der neugeweihte Biſchof in die Sakriſtei der Kirche und nahm die Glückwünſche der Feſtgäſte entgegen. Mittags vereinigte ſich der engſte Kreis der geiſt- lichen Dignitäre an der in der Wohnung Biſchof Bjeliks bereiteten Tafel. Es waren anweſend: der Apoſtoliſche Nunzius Exzellenz Conte Scapinelli mit ſeiner Begleitung, den Mſare. Roſſi, Ogno und Soppa, Exzellenz Biſchof Dr. Belo- potoczky, Erzbiſchof von Govrik, die Biſchöfe Dr. Fiſcher-Colbrie und Dr. Joſef Pfluger, Burgpfarrer Mſgre. Seydl, Rektor des Pazmaneums Mſgre. Drexler, Provinzial P. Wimmer S. J., P. Graf Andlau S. J. und der Kapuzinerprovinzial P. Cſak, Kirchendirektor Don Pallna und die biſchöflichen Zeremoniäre. Bei den üblichen Toaſtſprüchen brachte Biſchof Bjelik die erſte Huldigung dem Hl. Vater dar und anſchließend den Ausdruck der Treue und dankbaren Ehrerbietung dem Kaiſer, dankte dem Apoſtoliſchen Nunzius für ſein Wohlwohlen ſowie dem Biſchof Belopotoczky und den beiden Mitkonſekratoren für die Erteilung der Weihe. Auch gedachte er mit Worten tiefſter Anteilnahme des kranken Kardinals Nagl. Der Faſchingszug in Gerſthof. Trotz des ſo unfreundlichen Wetters belebten ſich geſtern bald nach 12 Uhr mittags die Straßen und Gaſſen von Gerſthof. Sicherheitswache zu Fuß und zu Pferd erſchien, die Rettungsgeſellſchaft fuhr zu ihren Standorten, Hunderte von Ordnern hielten ihre Karten feil: „20 Heller für die armen Kinder in Währing.“ Und da greift jeder in die Taſche; denn das Wiener- herz iſt empfindſam und es fände keine innere Zu- friedenheit, dort nicht zu geben, wo es dem Einzelnen nicht ſchwer ankommt, den vielen Armen aber die Lebensbürde mildert. Punkt ½3 Uhr ſetzte ſich der Zug, der ſich am Ende der Herbeckſtraße aufgeſtellt hatte, durch ein dichtes Menſchenſpalier in Bewegung. Es eröffneten ihn eine Gruppe von Ordnern zu Pferde; dann kam eben- falls zu Pferd der Herold (Herr Wiedemann) mit der Standarte des Vereines zur Veranſtaltung von Maskenzügen in Gerſthof, umgeben von einer Reihe von Begleitherolden. Kleine maskierte Läufer tummelten ſich zwiſchen den Reitern und es war erſtaunlich, mit welcher Kühnheit dieſe Buben ſich durch das Roſſegewirr drängten. „Jahreszahlreiter,“ „Fanfarenbläſer“ und „Tſchikoſche“ ritten dem „ruſſiſchen Edelmann“ (Herrn Johann Klein) voraus; daran ſchloſſen ſich zwei reizende Ponnys, auf deren Rücken ein leibhaftiger Affe die poſſierlichſten Dinge trieb. Nun erſchien „Prinz Karneval“ (Herr Adler) ſelber auf einem vier- ſpännigen Wagen. Er thronte unter einem purpurnen Baldachin, der von zwei Rittern und Lorbeerbäumen flankiert war und rückwärts des Prinzen Initialen zeigte. Dann kam auf dem nächſten Wagen gleich der „Teufel“ in eigener Perſon mit ſeiner „Schwiegermutter“, die er in einem Käfig verſperrt hielt, aber — als guter Wiener? — ſie manchmal auch wieder herausließ und mit ihr ein Tänzlein wagte. Dann folgt „die Folgen der unternehmungsluſtigen Vindobona (So ſchaut das Kleingewerbe aus)“ — „der letzte Blick (Lainz!) des Handwerksmannes infolge der Beſteuerung“, „der Stier als Kaſſier am Gänſehäufl“. Dann kam die „Dürwaringbrücke“ zum Vorſchein, unter der ſich eine Geſellſchaft von Proletariern häuslich niedergelaſſen hatte. Auf der Brücke prangte die Aufſchrift: „Wir kenan kan Zins, wir kennen ka Steigerung.“ Weitere Gruppen be- titelten ſich „Der fromme Bär als Schütze beim Ronacher“, „Ein Rauchfangkehrer als Feinſchmecker“, „Gehaltsre- gulierung in den Amtshäuſern“. Große Heiterkeit erregte auch „Das neue Villenviertel in Neuſtift am Walde“ (Fliegenſchwämme und Pilze als menſchliche Wohnungen); aber ins ungemeſſene ſtieg dieſe Heiterkeit als das „neueſte Löſchgerät der freiwilligen Feuerwehren bei dem großen Brande in Moißldorf“ in Aktion trat. Dieſe Gruppe bezog ſich auf die bekannte Rede des juden- liberalen GR. Moißl gegen die freiwilligen Feuerwe ren. Das Löſchgerät beſtand nämlich innaſſen Fetzen, mit denen die Feuerwehrleute auf Moißl einhieben, ſo oft er über ſie zu ſchimpfen begann und aus dem Rauchfang auftauchte. Lautes Gelächter erhob ſich überall. Dann folgte „das Rätſel der Gegenwart“, ein rieſenhafter Wenzel, der den ganzen Globus mit ſeinen habgierigen Fingern um- klammert hielt, indeß der deutſche Michel klein und traurig daneben ſtand. Der Jude aber ſchürt mit Geld den nationalen Kampf. Köſtlich war „das ſchlummernde Andreas Hofer-Denkmal- komitee“, „das Haus der Agrarier“, und das Parlament mit böhmiſchen Muſikanten, das als Titel trug die Worte: „Eine Muſikſchule ohne Noten oder der’s verſteht, der weiß’ ſchon“; „die elektriſche Straßenbahn Wien—Preßburg“ und „die Folgen im Schankgewerbe durch die Hochſaiſon 1912“ beſchloſſen den Zug, der nach etwa zwei Stunden wieder an ſeinen Ausgangsort zurückkehrte. In der Schule in der Alseggerſtraße fand dann das Preis- gericht ſtatt. Das Ergebnis der Preisverteilung war: 1. Preis: „Die Folgen der unternehmungsluſtigen Vindobona“, 2. Preis: „Das Rätſel der Gegenwart“, 3. Preis: „Das neue Villenviertel in Neuſtift am Walde“, 4. Preis: „Neueſtes Löſchgerät der freiwilligen Feuer- wehr in Moißldorf“, 5. Preis: „Der letzte Blick des Handwerkmannes infolge der Beſteuerung“, 6. Preis: „Erſtes Abenteuer der Elektriſchen Straßenbahnlinie Wien-Preßburg“, 7. Preis: „Neue Vorſchriften auf der Dürwaringbrücke in Gerſthof“, 8. Preis: „Eine Muſik- ſchule ohne Noten“, 9. Preis: „Der Stier als Kaſſier am Gänſehäufel“, 10. Preis: „Was Menſchenhände alles können und nicht können“. Von Einzelgruppen erhielt eine hübſche Affen- und Ponnygruppe den 1. Preis, eine „reizende Ehefrau“ den 2. Preis und der „Deutſche Michel“ den 3. Preis. Als Preisrichter fungierten die Herren Richard Suchanek, A. A. Naaff, Anton Taché, Franz Vogl, Hans Roth, Guſtav Holaubek, Leopold Wolf, F. Buchinger, Sixt, Richard Grann und Fingal. Dem äußeren Eindruck nach zu ſchließen, dürfte das Reinerträgnis ein ausgezeichnetes ſein; denn in der Zeit von 3 bis 4 Uhr war ein derartiger Menſchen- andrang, daß die Polizei oft genug energiſch vorgehen mußte, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Große Verdienſte um das Zuſtandekommen der ganzen Veranſtaltung erwarben ſich der liebenswürdige Obmann des Vereines, Herr Leopold Schwarz, die Obmannſtellvertreter Grill und Straßer, die artiſtiſchen Leiter Maglock und Anderl, die Schriftführer Lehner und Grobauer und die übrigen Herren des Vereinsausſchuſſes. Die Induſtriellen gegen die „Not- ſtandsaktion“ der Firma Gerngroß. Käufliche Wiener Blätter. Durch ſeitengroße Inſerate in der liberalen und — ſozialdemokratiſchen Preſſe verlautbarte, wie erinnerlich, in der verfloſſenen Woche das jüdiſche Waren- haus Gerngroß, daß es eine Notſtandsaktion“ für ſich, nein für die — Arbeiter durchzuführen gedenke, und zwar in der Weiſe, daß es für ſeine maſſen- haft angeführten Waren Kaufluſtige ſuche. Gegen dieſe Verſpottung der Arbeiter und geſchäftliche Ausbeutung des herrſchenden Notſtandes proteſtiert der „Zentral- verband der Induſtriellen Oeſterreichs“ namens des „Vereines der Stickereifabrikanten Vorarlbergs“: Unter dem Titel einer „Notſtandsaktion für den Ar- beiter“ hat in der letzten Zeit ein Wiener Warenhaus „Notſtands“-Verkäufe der verſchiedenſten Bekleidungsgegenſtände, darunter auch von Vorarlberger Stickereien, angekündigt mit der Erklärung’ daß zufolge der wirtſchaftlichen Kriſe Verkäufe unter den Herſtellungskoſten notwendig geworden wären, um Betriebseinſchränkungen und Arbeiterentlaſſungen zu vermeiden. Durch eine derartige Reklame wird das Anſehen der Induſtrie in den Augen der geſamten Oeffentlichkeit empfindlich herabgeſetzt und die Fabrikanten gegenüber ihren übrigen Ab- nehmern, welche an die Mitwirkung der erſteren bei dieſer „Notſtandsaktion“ glauben, distreditiert. Der Verein der Stickereifabrikanten Vorarlbergs ſieht ſich deshalb ver- anlaßt, hiegegen den entſchiedenſten Proteſt zu erheben und ſich mit den anderen betroffenen Induſtrie- zweigen für ſolidariſch zu erklären. Zur Steuer der Wahrheit ſei feſtgeſtellt, daß trotz der allerdings unleugbaren nachteiligen Rückwirkung der gegenwärtigen politiſchen und wirtſchaftlichen Ereigniſſe es der Stickereiinduſtrie niemals beifallen würde, in einer derartigen Aktion ihr Heil zu ſuchen. Unter einem wird die Regierung aufgefordert, die längſt zugeſagte Ein- bringung eines Geſetzes gegen den unlauteren Wett- bewerb zu beſchleunigen, damit derartigen Vorkommniſſen vorgebeugt werde, welche die Induſtrie im größten Ausmaße zu ſchädigen geeignet ſind.“ Der „Verein der Wirk- und Strickwarenfabrikanten“ verſendet eine ähnliche Proteſterklärung, in der er feſtſtellt: Dem Verbande der Wirk- und Strickwarenfabrikanten iſt nichts von einer derartigen Notlage der Fabriken in dieſer Induſtrie bekannt, daß ſie gezwungen wären, ihr Warenlager mit effektivem Verluſt ab- zuſtoßen. Im Gegenteil durch die frühzeitig einſetzende und an- dauernde talte Witterung wurden die Lager in Wirkwaren ſo- wohl bei den Fabrikanten als auch bei den Groſſiſten voll- kommen geräumt und ſogenannte Partieverkäufe haben über- haupt nicht ſtattgefunden. Durch eine ſolche Reklame wird die heimiſche Induſtrie vor der geſamten Oeffentlichkeit und die Fabrikanten und Groſſiſten vor den übrigen Detailliſten, welche die Ware nicht verſchleudern können, empfindlich diskreditiert und die Marktpreiſe deroutiert. Wir ſtellen nur noch einmal feſt, daß ſich die liberale Preſſe zu einer ſolchen Schädigung der Induſtrie und die ſozialdemokratiſche zu einer ſolchen hlutigen Verhöhnung der Arbeiterſchaft, gegen Bezahlung natürlich, hergab. Der Fall zeigt wieder einmal, was alles in Wien käuflich iſt. Der geſtrige Heiratsſonntag. Zwölfhundert Hochzeiten an einem Tag. Der geſtrige Faſchingſonntag war der Haupttag für die Heiratsluſtigen, aber auch ein ſehr heißer Tag für die Zuckerbäcker, Wirte, Fleiſchhauer, Blumenhändler, Fiaker und eine große Anzahl verſchiedener Gewerbe geweſen. Trotz der derzeit herrſchenden Not an Klein- wohnungen, ſowie der allgemeinen Lebensmittelteuerung und der kritiſchen politiſchen Verhältniſſe waren am geſtrigen Faſchingſonntag in allen 76 katholiſchen Pfarrkirchen der 21. Bezirke Wiens nicht weniger wie zwölfhundert Brautpaare erſchienen, um vor dem Altar durch den Prieſter den Bund der Ehe beſchließen zu laſſen. Die Urſache dieſes Maſſenan- dranges der Heiratsluſtigen iſt ohne Zweifel die kurze Faſchingszeit, welche in dieſem Jahre nur 29 Tage währte, für viele Heiratsluſtige eine gar zu kurze Zeit. Mit dem geſtrigen Tage dürfte der höchſte Rekord der Eheſchließungen erreicht ſein, die am Faſchingſonntag in Wien vollzogen wurden. Im Jahre 1910 fanden am Faſchingſonntage acht- hundert, an demſelben Tage im Jahre 1911 tauſend und im verfloſſenen Jahre gleichfalls am Faſching- ſonntag gegen elfhundert Hochzeiten ſtatt. Die meiſten Trauungen erfolgten in denjenigen katholiſchen Pfarr- kirchen, deren Bewohner hauptſächlich dem Arbeiter- und Mittelſtande angehören, wie Favoriten, Brigittenau, Meidling, Margareten, Fünfhaus, Ottakring, Zwiſchen- brücken, Hernals uſw. So fanden am geſtrigen Faſching- ſonntag in den nachſtehenden Pfarrkirchen die meiſten Hochzeiten ſtatt: In der Pfarrkirche zum hl. Leopold in der Leopold- ſtadt 12, in den Pfarrkirchen des 3. Bezirkes, und zwar hl. Peter und Paul in Erdberg 25, St. Rochus und Sebaſtian 15, St. Otmar unter den Weißgerbern 18, Maria Geburt 25; im 4. Bezirke: St. Karl 9, Paulanerkirche 22, St. Eliſabeth 13; im 5. Bezirke: St. Joſef in Margareten 19, St. Florian (Matzleins- dorf) 45, hl. Dreifaltigkeit (Alferſtraße) 8, St. Franziskus am Breitenfeld 8, Lichtentaler Pfarrkirche 32, heiliger Johannes von Nepomuk (Favoriten) 60, St. Anton von Padua (Favoriten) 85, St. Laurenz in Simmering 23, hl. Oswald in Altmannsdorf 12, hl. Dreifaltigkeit in Hetzendorf 14, hl. Johann von Nepomuk in Meidling 63, Notkirche zur unbefleckten Empfängnis Maria in Neumargareten 44, St. Annakirche in Baum- garten 20, St. Laurentius in Breitenſee 30, hl. Drei- faltigkeit in Reindorf 40, St. Rudolf in Rudolfsheim 50, Erhöhung des hl. Kreuzes in Alt-Ottakring 22, hl. Familie in Neu-Ottakring 25, hl. Bartholomäus in Hernals 39, St. Leopold (Gerſthof) 15, St. Brigitta (Brigittenau) 40 und in der Allerheiligenkirche in Zwiſchenbrücken 42. In den anderen nicht genannten Pfarrkirchen fanden geſtern 5 bis 12 Hochzeiten ſtatt. Auch in den Pfarrkirchen des 21. Bezirkes erfolgten mehr als 60 Trauungen. Außer dieſen zirka zwölfhundert Hochzeiten fanden geſtern nahezu zweihundertzwanzig ſil- berne Hochzeiten und neun goldene Hochzeiten ſtatt. Unter den vielen Trauungen befanden ſich in dieſem Jahre ſehr viele arme Brautpaare, welche von den Geiſtlichen unentgeltlich, beziehungsweiſe ohne die hiefür geſetzlich vorgeſchriebene Gebühr zu entrichten, getraut wurden. Für Fiaker, Wirte, Zuckerbäcker, Blumenhändler, Goldarbeiter, Photographen uſw. war der geſtrige Faſchingſonntag ein ſehr erträgnisreicher und es waren nicht nur die Fiaker und Automobile vergriffen, ſondern auch die bei Hochzeiten zum Bewerfen der Brautpaare ſo ſehr beliebten „Hochzeitskügerln“ bei vielen Zuckerbäckern — ausverkauft. Eiſenbahnzuſammenſtoß bei Oswiecim. Wie wir erfahren, iſt am 2. d. auf der preußiſchen Strecke Oswiecim—Mislowitz vor der Eiſenbahnſtation Oswiecim der Perſonenzug Nr. 397 um 5 Uhr 19 Mi- nuten nachmittags an einen vor der Station Oswiecim angehaltenen preußiſchen Güterzug angefahren. Hiebei ſind die Lokomotive und ein Perſonenwagen des Per- ſonenzuges entgleiſt. Mehrere Wagen des Güterzuges ſind ſind beſchädigt worden. Dreizehn Perſonen erlitten leichte und drei Perſonen erheblichere Ver- letzungen. Den Verletzten wurde an Ort und Stelle ſofort ärzliche Hilfe geleiſtet. Der Perſonenverkehr wird durch Umſteigen aufrecht erhalten. Die durch den Un- fall eingetretene Störung wird im Laufe des heutigen Vormittags behoben werden. Die Erhebungen über den Unfall ſind im Zuge. Vom Warenmarkte. Börſe für landwirtſchaftliche Produkte vom 3. Februar. (Eigenbericht,) Der vorwöchentliche Schluß an Amerikas Börſen war ⅛ Cent höher bis ¼ niedriger. Die Märkte litten unter Ankündigung günſtigen Wetters für Ne- braska und Kanſas. Budapeſt eröffnete den dieswöchentlichen Verkehr in matter Haltung, Terminweizen ſchwächte ſich um 2, Roggen um 4, Hafer um 7 Heller ab. Die Stimmung auf dem hieſigen Platze iſt dieſebe geblieben wie am Schluſſe der Vorwoche, Preiſe ſind behauptet. Budapeſt. (Kurſe um ½12 Uhr.) Weizen per Oktober 12.20, per April 11.73, Roggen per April 10.—, Hafer per April 10.54, Mais per Mai 1913 7.68. Wiener Effektenbörſe. Wien, 3. Februar. (Eigenbericht.) Bei Beginn der heutigen Vorbörſe übte der bevorſtehende Wiederausbruch des Balkankrieges ungünſtigen Einfluß auf die Tendenz und veranlaßte die Spekulation zur Reſerve, doch beſſerte ſich im Verlaufe des Verkehres die Stimmung im Hinblick auf die Beilegung der Differenzen zwiſchen Bulgarien und Rumänien. Erhöhtem Intereſſe be- gegneten Skoda- und Staatsbahnaktien und übertrug ſich, aus- gehend von dieſen Effektengattungen, die feſte Tendenz auch auf die übrigen Gebiete. Lediglich Oeſterreichiſche Kreditaktien lagen ſchwächer, da die Gerüchte von einer Erhöhung der Dividende dementiert wurden. Mit einer größeren Avance dagegen wurden abermals Orientbahnen bedacht. Im Schranken waren durchwegs höhere Kurſe vorwaltend. Zahlungseinſtellungen. Der Kreditorenverein veröffentlicht folgende Zahlungseinſtellungen: Schäffer Gottlieb in Wien, IX. Alſerſtraße 46. Oesztreicher Marton, Kauf- mann in Jaszbereny. Morgenſtern Mano, Kaufmann in Szabadka. Ungar Albert & Sohn, Handelsfirma in Gyula- fehervar. Hirſch Elek, Schuhhändler in Marosludas.

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 56, Wien, 03.02.1913, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost056_1913/3>, abgerufen am 25.11.2024.