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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 167. Leipzig (Sachsen), 11. Juni 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] nete sich bekanntlich auch durch eine Hitze aus, welche der
des Sommers 1834 im Grade und in der Dauer nichts
oder wenig nachgab. Jndessen sind alle solche Erfah-
rungen doch trüglich. Man achtet auf sie, wenn sie
zutreffen, und vergißt ihrer, wo sie getäuscht haben.
Einer der heißesten Sommer war 1750. Man berech-
nete damals in Berlin, daß die Erde sich immer mehr
der Sonne nähere und es nur eine gewisse Zeit dauern
könne, bis sie von ihr angezogen, dann aber natürlich in
Feuer aufgehen werde. Niemand aber hat bemerkt, daß
ein sehr kalter Winter darauf gefolgt sei. Sehr Vielen
wird noch der heiße Sommer von 1811 erinnerlich sein,
und ihm folgte ein äußerst gelinder Winter mit unge-
heuerm Schnee, wie wir ihn auch von 1834 zu 1835
in den gebirgigen Gegenden wenigstens gehabt haben.
Übrigens ist ja auch ebenso häufig ein äußerst kalter
Winter nach einem nur mäßig warmen Sommer er-
schienen, wo also der Grund, den man etwa anführen
könnte, daß nach einem heißen Sommer ein harter
Winter folgen müsse, grade einen gelinden bedingen
würde. So war z. B. der Winter 1829--30 einer
der härtesten in ganz Europa, der Sommer vorher aber
sehr wenig durch Wärme ausgezeichnet. Der Winter
von 1834--35 hat die von uns aufgeworfene Frage
ebenfalls verneind beantwortet; er war sehr gelind
und veränderlich. Überhaupt aber dürfte ein harter Win-
ter oder das Gegentheil nie vom vorausgegangenen
Sommer abhängig sein, denn umgekehrt würde ja auch
der Schluß gelten, daß einem harten Winter ein heißer
Sommer folgen müsse. Jm Gegentheil scheint nach
meinen Beobachtungen nur ein Moment hier haupt-
sächlich zu entscheiden, die Richtung des Windes.
Herrscht anhaltend Süd= und besonders Südwestwind
vor, so ist der Winter gelind und veränderlich, es mag
der vorhergegangene Sommer heiß oder kühl, trocken oder
naß gewesen sein. Anhaltender Ost= oder Nordost=, ja
selbst Südostwind bedingt das Gegentheil. *) Fast hätte
man fürchten sollen, daß die Natur das Versäumte im
Winter von 1835 zu 1836 nachholen werde. Der
ihm vorausgegangene Sommer zeichnete sich hier zwar
keineswegs durch anhaltende Wärme oder hohen Wär-
megrad aus. Bis zu Ende des Juni gab es meist
naßkalte Witterung, und von da an trat eine Trocken-
heit ein, welche die im Sommer von 1834 noch bei-
weitem übertraf, doch die Wärme war immer nur sehr
mäßig und stieg fast kaum einmal bis 25° R. Äuf
dem Fuße aber folgte dieser Dürre, welche in einem
großen Theile Deutschlands, in ganz Böhmen, Ungarn
und Preußen u. s. w. die Heu= und Getreideernte
vernichtete und große Theuerung zu begründen schien,
gleich vom 1. November an eine täglich zunehmende
Kälte in ganz Europa, im südlichen wie im nördlichen,
sodaß sie zuletzt bis 16 Grad in unsern Gegenden stieg;
allein mitten im November hatte sie ein Ende, und
von dieser Zeit an herrschte sie zwar in ungewöhnlichem
Grade im Norden und Süden Europas, Deutschland
selbst aber klagte nur über eine außerordentliche Ab-
wechselung der Temperatur, welche Regen, ungeheuern
Schnee in den meisten Gebirgsgegenden, Frost und
Thauwetter dermaßen aufeinander folgten, daß es selten
48 Stunden lang einerlei Witterung gab. Der Süd-
und Westwind herrschte, zur Bestätigung unserer oben
mitgetheilten Ansicht, stets vor und wurde nur vom
Nordwind dann durchkreuzt, wenn ein heftiges Gewitter
getobt hatte, deren von Neujahr an, begleitet von brau-
[Spaltenumbruch] senden Stürmen und leuchtenden Meteoren, sehr viele
zum Vorschein kamen, die selbst an manchen Orten auf
eine gefährliche Art, z. B. am 12. Februar in West-
falen, auf dem Harz, am Rheine, zündeten. Doch ge-
nug zum Beweise, daß ein kalter Winter von einem
heißen Sommer so wenig bedingt wird, wie ein heißer
Sommer von diesem. Ob und wann ein solcher er-
scheint, hängt von Ursachen ab, die, wie Alles, was
auf Meteorologie hinausläuft, noch nicht erforscht sind
und auch schwerlich je ermittelt werden dürften.



Würzburg.

Würzburg, die Hauptstadt des Untermainkreises im
Königreiche Baiern, theilte die Schicksale des gleichna-
migen Bisthums, das 741 durch den deutschen Apostel
Bonifacius gestiftet wurde, nachdem schon 100 Jahre frü-
her der Jrländer Kilian den Grund zum Christenthume
in Franken gelegt hatte. Das Bisthum gehörte seit-
dem zu dem Sprengel des erzbischöflichen Stuhles zu
Mainz, den Bonifacius 748 erhielt. Die neue Stif-
tung wurde von den fränkischen Königen und den deut-
schen Kaisern mit manchen Gütern begabt, und die
Bischöfe selbst erwarben von den Grafen und Herren
in Franken mehre Besitzungen, aus welchen das an-
sehnliche Gebiet des Fürstenthums Würzburg erwuchs.
Die Bischöfe führten den Titel Herzoge von Franken, aber
erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, veranlaßt durch
den zufälligen Umstand, daß der Herzog von Sachsen,
Sigismund, ein Bruder des Kurfürsten Friedrich's des
Sanftmüthigen, 1440 zum Bischof erwählt ward, und
unerweislich ist die Angabe, daß bereits der fränkische
König Pipin dem ersten Bischof Burkhard das Her-
zogthum Franken verliehen habe. Die geistreichen Für-
sten erwarben sich große Verdienste um die Cultur des
Landes und das Gedeihen ihrer Hauptstadt, besonders
der Bischof Julius Echter von Mespelbrunn, die Bi-
schöfe aus dem Hause Schönborn und der vorletzte Fürst-
bischof Franz Ludwig von Erthal. Das Bisthum, das
einen Flächenraum von 87 Quadratmeilen mit 250,000
Einwohnern hatte, fiel 1803 als weltliches Fürsten-
thum an Baiern zur Entschädigung für die verlorenen
rheinischen Besitzungen. Durch den Frieden von Pres-
burg ( 1805 ) erhielt es der Großherzog Ferdinand von
Toscana für das an Östreich abgetretene Salzburg und
beherrschte das anfangs zum Kurstaat erhobene Land
nach der Auflösung des deutschen Reichs als Großher-
zog, bis er nach den Ereignissen des Jahres 1813 sein
Erbland Toscana wieder erhielt und Würzburg an
Baiern zurückfiel.

Die Stadt Würzburg liegt in einem reizenden
Thale am Main, der sie in zwei ungleiche Theile trennt,
auf zwei Seiten von hohen Weinbergen eingeschlossen.
Um das feste Bergschloß Marienberg auf dem linken
Stromufer, den Sitz der thüringisch=fränkischen Herzoge,
bildete sich allmälig die Stadt, die später auf das rechte
Ufer sich ausdehnte, besonders seitdem die erste Kirche,
auf der Stelle des jetzigen Neumünster, unter Kilian,
als die Wiege des Christenthums in Franken, war ge-
gründet worden. Die schönste und umfassendste Ansicht
der Stadt und ihrer nächsten Umgebungen finden wir
auf dem nördlich sich erhebenden, wegen seines treffli-
chen Weins berühmten Steinberg. Beide Stadttheile
verbindet eine, in der Abbildung auf S. 192 dargestellte,
540 Fuß lange steinerne Brücke von acht Bögen,
die im 15. Jahrhundert erbaut ward und auf bei-
[Ende Spaltensatz]

*) Vergl. in Nr. 106 des Pfennig=Magazins den Auf-
satz: Die Witterung des Jahres 1834.

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] nete sich bekanntlich auch durch eine Hitze aus, welche der
des Sommers 1834 im Grade und in der Dauer nichts
oder wenig nachgab. Jndessen sind alle solche Erfah-
rungen doch trüglich. Man achtet auf sie, wenn sie
zutreffen, und vergißt ihrer, wo sie getäuscht haben.
Einer der heißesten Sommer war 1750. Man berech-
nete damals in Berlin, daß die Erde sich immer mehr
der Sonne nähere und es nur eine gewisse Zeit dauern
könne, bis sie von ihr angezogen, dann aber natürlich in
Feuer aufgehen werde. Niemand aber hat bemerkt, daß
ein sehr kalter Winter darauf gefolgt sei. Sehr Vielen
wird noch der heiße Sommer von 1811 erinnerlich sein,
und ihm folgte ein äußerst gelinder Winter mit unge-
heuerm Schnee, wie wir ihn auch von 1834 zu 1835
in den gebirgigen Gegenden wenigstens gehabt haben.
Übrigens ist ja auch ebenso häufig ein äußerst kalter
Winter nach einem nur mäßig warmen Sommer er-
schienen, wo also der Grund, den man etwa anführen
könnte, daß nach einem heißen Sommer ein harter
Winter folgen müsse, grade einen gelinden bedingen
würde. So war z. B. der Winter 1829—30 einer
der härtesten in ganz Europa, der Sommer vorher aber
sehr wenig durch Wärme ausgezeichnet. Der Winter
von 1834—35 hat die von uns aufgeworfene Frage
ebenfalls verneind beantwortet; er war sehr gelind
und veränderlich. Überhaupt aber dürfte ein harter Win-
ter oder das Gegentheil nie vom vorausgegangenen
Sommer abhängig sein, denn umgekehrt würde ja auch
der Schluß gelten, daß einem harten Winter ein heißer
Sommer folgen müsse. Jm Gegentheil scheint nach
meinen Beobachtungen nur ein Moment hier haupt-
sächlich zu entscheiden, die Richtung des Windes.
Herrscht anhaltend Süd= und besonders Südwestwind
vor, so ist der Winter gelind und veränderlich, es mag
der vorhergegangene Sommer heiß oder kühl, trocken oder
naß gewesen sein. Anhaltender Ost= oder Nordost=, ja
selbst Südostwind bedingt das Gegentheil. *) Fast hätte
man fürchten sollen, daß die Natur das Versäumte im
Winter von 1835 zu 1836 nachholen werde. Der
ihm vorausgegangene Sommer zeichnete sich hier zwar
keineswegs durch anhaltende Wärme oder hohen Wär-
megrad aus. Bis zu Ende des Juni gab es meist
naßkalte Witterung, und von da an trat eine Trocken-
heit ein, welche die im Sommer von 1834 noch bei-
weitem übertraf, doch die Wärme war immer nur sehr
mäßig und stieg fast kaum einmal bis 25° R. Äuf
dem Fuße aber folgte dieser Dürre, welche in einem
großen Theile Deutschlands, in ganz Böhmen, Ungarn
und Preußen u. s. w. die Heu= und Getreideernte
vernichtete und große Theuerung zu begründen schien,
gleich vom 1. November an eine täglich zunehmende
Kälte in ganz Europa, im südlichen wie im nördlichen,
sodaß sie zuletzt bis 16 Grad in unsern Gegenden stieg;
allein mitten im November hatte sie ein Ende, und
von dieser Zeit an herrschte sie zwar in ungewöhnlichem
Grade im Norden und Süden Europas, Deutschland
selbst aber klagte nur über eine außerordentliche Ab-
wechselung der Temperatur, welche Regen, ungeheuern
Schnee in den meisten Gebirgsgegenden, Frost und
Thauwetter dermaßen aufeinander folgten, daß es selten
48 Stunden lang einerlei Witterung gab. Der Süd-
und Westwind herrschte, zur Bestätigung unserer oben
mitgetheilten Ansicht, stets vor und wurde nur vom
Nordwind dann durchkreuzt, wenn ein heftiges Gewitter
getobt hatte, deren von Neujahr an, begleitet von brau-
[Spaltenumbruch] senden Stürmen und leuchtenden Meteoren, sehr viele
zum Vorschein kamen, die selbst an manchen Orten auf
eine gefährliche Art, z. B. am 12. Februar in West-
falen, auf dem Harz, am Rheine, zündeten. Doch ge-
nug zum Beweise, daß ein kalter Winter von einem
heißen Sommer so wenig bedingt wird, wie ein heißer
Sommer von diesem. Ob und wann ein solcher er-
scheint, hängt von Ursachen ab, die, wie Alles, was
auf Meteorologie hinausläuft, noch nicht erforscht sind
und auch schwerlich je ermittelt werden dürften.



Würzburg.

Würzburg, die Hauptstadt des Untermainkreises im
Königreiche Baiern, theilte die Schicksale des gleichna-
migen Bisthums, das 741 durch den deutschen Apostel
Bonifacius gestiftet wurde, nachdem schon 100 Jahre frü-
her der Jrländer Kilian den Grund zum Christenthume
in Franken gelegt hatte. Das Bisthum gehörte seit-
dem zu dem Sprengel des erzbischöflichen Stuhles zu
Mainz, den Bonifacius 748 erhielt. Die neue Stif-
tung wurde von den fränkischen Königen und den deut-
schen Kaisern mit manchen Gütern begabt, und die
Bischöfe selbst erwarben von den Grafen und Herren
in Franken mehre Besitzungen, aus welchen das an-
sehnliche Gebiet des Fürstenthums Würzburg erwuchs.
Die Bischöfe führten den Titel Herzoge von Franken, aber
erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, veranlaßt durch
den zufälligen Umstand, daß der Herzog von Sachsen,
Sigismund, ein Bruder des Kurfürsten Friedrich's des
Sanftmüthigen, 1440 zum Bischof erwählt ward, und
unerweislich ist die Angabe, daß bereits der fränkische
König Pipin dem ersten Bischof Burkhard das Her-
zogthum Franken verliehen habe. Die geistreichen Für-
sten erwarben sich große Verdienste um die Cultur des
Landes und das Gedeihen ihrer Hauptstadt, besonders
der Bischof Julius Echter von Mespelbrunn, die Bi-
schöfe aus dem Hause Schönborn und der vorletzte Fürst-
bischof Franz Ludwig von Erthal. Das Bisthum, das
einen Flächenraum von 87 Quadratmeilen mit 250,000
Einwohnern hatte, fiel 1803 als weltliches Fürsten-
thum an Baiern zur Entschädigung für die verlorenen
rheinischen Besitzungen. Durch den Frieden von Pres-
burg ( 1805 ) erhielt es der Großherzog Ferdinand von
Toscana für das an Östreich abgetretene Salzburg und
beherrschte das anfangs zum Kurstaat erhobene Land
nach der Auflösung des deutschen Reichs als Großher-
zog, bis er nach den Ereignissen des Jahres 1813 sein
Erbland Toscana wieder erhielt und Würzburg an
Baiern zurückfiel.

Die Stadt Würzburg liegt in einem reizenden
Thale am Main, der sie in zwei ungleiche Theile trennt,
auf zwei Seiten von hohen Weinbergen eingeschlossen.
Um das feste Bergschloß Marienberg auf dem linken
Stromufer, den Sitz der thüringisch=fränkischen Herzoge,
bildete sich allmälig die Stadt, die später auf das rechte
Ufer sich ausdehnte, besonders seitdem die erste Kirche,
auf der Stelle des jetzigen Neumünster, unter Kilian,
als die Wiege des Christenthums in Franken, war ge-
gründet worden. Die schönste und umfassendste Ansicht
der Stadt und ihrer nächsten Umgebungen finden wir
auf dem nördlich sich erhebenden, wegen seines treffli-
chen Weins berühmten Steinberg. Beide Stadttheile
verbindet eine, in der Abbildung auf S. 192 dargestellte,
540 Fuß lange steinerne Brücke von acht Bögen,
die im 15. Jahrhundert erbaut ward und auf bei-
[Ende Spaltensatz]

*) Vergl. in Nr. 106 des Pfennig=Magazins den Auf-
satz: Die Witterung des Jahres 1834.
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[187/0003] Das Pfennig=Magazin. nete sich bekanntlich auch durch eine Hitze aus, welche der des Sommers 1834 im Grade und in der Dauer nichts oder wenig nachgab. Jndessen sind alle solche Erfah- rungen doch trüglich. Man achtet auf sie, wenn sie zutreffen, und vergißt ihrer, wo sie getäuscht haben. Einer der heißesten Sommer war 1750. Man berech- nete damals in Berlin, daß die Erde sich immer mehr der Sonne nähere und es nur eine gewisse Zeit dauern könne, bis sie von ihr angezogen, dann aber natürlich in Feuer aufgehen werde. Niemand aber hat bemerkt, daß ein sehr kalter Winter darauf gefolgt sei. Sehr Vielen wird noch der heiße Sommer von 1811 erinnerlich sein, und ihm folgte ein äußerst gelinder Winter mit unge- heuerm Schnee, wie wir ihn auch von 1834 zu 1835 in den gebirgigen Gegenden wenigstens gehabt haben. 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Herrscht anhaltend Süd= und besonders Südwestwind vor, so ist der Winter gelind und veränderlich, es mag der vorhergegangene Sommer heiß oder kühl, trocken oder naß gewesen sein. Anhaltender Ost= oder Nordost=, ja selbst Südostwind bedingt das Gegentheil. *) Fast hätte man fürchten sollen, daß die Natur das Versäumte im Winter von 1835 zu 1836 nachholen werde. Der ihm vorausgegangene Sommer zeichnete sich hier zwar keineswegs durch anhaltende Wärme oder hohen Wär- megrad aus. Bis zu Ende des Juni gab es meist naßkalte Witterung, und von da an trat eine Trocken- heit ein, welche die im Sommer von 1834 noch bei- weitem übertraf, doch die Wärme war immer nur sehr mäßig und stieg fast kaum einmal bis 25° R. Äuf dem Fuße aber folgte dieser Dürre, welche in einem großen Theile Deutschlands, in ganz Böhmen, Ungarn und Preußen u. s. w. die Heu= und Getreideernte vernichtete und große Theuerung zu begründen schien, gleich vom 1. 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Die Bischöfe führten den Titel Herzoge von Franken, aber erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, veranlaßt durch den zufälligen Umstand, daß der Herzog von Sachsen, Sigismund, ein Bruder des Kurfürsten Friedrich's des Sanftmüthigen, 1440 zum Bischof erwählt ward, und unerweislich ist die Angabe, daß bereits der fränkische König Pipin dem ersten Bischof Burkhard das Her- zogthum Franken verliehen habe. Die geistreichen Für- sten erwarben sich große Verdienste um die Cultur des Landes und das Gedeihen ihrer Hauptstadt, besonders der Bischof Julius Echter von Mespelbrunn, die Bi- schöfe aus dem Hause Schönborn und der vorletzte Fürst- bischof Franz Ludwig von Erthal. Das Bisthum, das einen Flächenraum von 87 Quadratmeilen mit 250,000 Einwohnern hatte, fiel 1803 als weltliches Fürsten- thum an Baiern zur Entschädigung für die verlorenen rheinischen Besitzungen. Durch den Frieden von Pres- burg ( 1805 ) erhielt es der Großherzog Ferdinand von Toscana für das an Östreich abgetretene Salzburg und beherrschte das anfangs zum Kurstaat erhobene Land nach der Auflösung des deutschen Reichs als Großher- zog, bis er nach den Ereignissen des Jahres 1813 sein Erbland Toscana wieder erhielt und Würzburg an Baiern zurückfiel. Die Stadt Würzburg liegt in einem reizenden Thale am Main, der sie in zwei ungleiche Theile trennt, auf zwei Seiten von hohen Weinbergen eingeschlossen. Um das feste Bergschloß Marienberg auf dem linken Stromufer, den Sitz der thüringisch=fränkischen Herzoge, bildete sich allmälig die Stadt, die später auf das rechte Ufer sich ausdehnte, besonders seitdem die erste Kirche, auf der Stelle des jetzigen Neumünster, unter Kilian, als die Wiege des Christenthums in Franken, war ge- gründet worden. Die schönste und umfassendste Ansicht der Stadt und ihrer nächsten Umgebungen finden wir auf dem nördlich sich erhebenden, wegen seines treffli- chen Weins berühmten Steinberg. Beide Stadttheile verbindet eine, in der Abbildung auf S. 192 dargestellte, 540 Fuß lange steinerne Brücke von acht Bögen, die im 15. Jahrhundert erbaut ward und auf bei- *) Vergl. in Nr. 106 des Pfennig=Magazins den Auf- satz: Die Witterung des Jahres 1834.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 167. Leipzig (Sachsen), 11. Juni 1836, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig167_1836/3>, abgerufen am 21.11.2024.