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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 167. Leipzig (Sachsen), 11. Juni 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] man sich der gemäßigten Zone nähert, desto seltener
werden die Geier, bis sie endlich in den kalten Erdge-
genden ganz verschwinden. Jn Amerika wird der türki-
sche Geier
vom Feuerlande an bis nach Neuschottland
gefunden, und der schwarze Geier vorzüglich in Ca-
rolina. Abarten von diesen findet man auch im südli-
chen, aber seltener in Mitteleuropa, wobei es nicht nö-
thig ist, den sogenannten Lämmergeier, der eigent-
lich den Übergang von dem scheuen, gefräßigen und phleg-
matischen Geschlechte der Geier zu den muthigern und
lebhaftern Adlern bildet, als eine besondere zu erwäh-
nen. Jn den Gebirgen von Mitteleuropa kommen der
Greif und eine andere Abart vor, welche über den gan-
zen südlichern Theil der alten Welt verbreitet sind.
Eine verschiedene Familie bildet der auf unserm Bilde
vorgestellte ägyptische Geier, auch das Pharaons-
huhn genannt, und auch in Spanien häufig.

Der ägyptische Geier, der kleinste unter allen Geiern
der alten Welt, nähert sich in seinem Baue und in
seiner Lebensweise am meisten dem in Amerika einhei-
mischen türkischen Geier. Jn Ägypten und in den ihm
zunächst liegenden Ländern Europas, Asiens und Afrikas
ist er häufig, auch zuweilen in Jtalien und der Schweiz;
selbst in England wurde einer als große Seltenheit im
Jahre 1825 geschossen. Er ist der eigentliche sogenannte
Aasgeier, weil er nur von Aas und todtem Fleische
lebt, und wird dadurch, vorzüglich in Ägypten, sehr
nützlich. Er war ebendeshalb der heilige Geier bei
den alten Ägyptern und kommt häufig auf den Denk-
mälern dieses Landes vor. Stets begleitet er die Kara-
vanen, besucht die Fleischbänke und ist unermüdlich im
Aufspüren des Aases.

Mit allen übrigen Geiern hat der ägyptische die
schönen, langen und breiten Schwingen gemein, die
ihn eben zu seinem hohen und sanften Fluge fähig
machen. Gefräßig, wie alle Vögel dieser Gattung, frißt
er sich in der Regel bei einer Mahlzeit so dick und
voll, daß ihm dann das Emporschwingen sehr beschwer-
lich wird.

Alle Geierarten fliegen unermeßlich hoch, höher als
selbst der ihnen verwandte Adler und Falke. Auf den
Anden in Amerika findet man den Condor noch in einer
Höhe von 19,000 Fuß über dem Meere. Der Geier
schwimmt, ruhig wie der Schwan auf seinem Wasser-
spiegel, mit fast bewegungslosen Schwingen in dem
unermeßlichen Luftraume. Sein ungemein scharfes Ge-
sicht läßt ihn jedoch selbst von einer solchen Höhe her-
ab die Gegenstände auf der Erde erkennen. Wie ein
Pfeil durchschießt er die Luft, wenn er eine Beute
entdeckt hat. Diese Vögel, namentlich die ägyptischen
Geier, sind, ehe man ihre Nähe im Geringsten ahnet,
sobald ein Thier gefallen oder getödtet ist, auf der Stelle,
und zwar in großen Haufen. Es ist viel darüber ge-
stritten worden, ob sie durch ihr scharfes Gesicht oder
ihren feinen Geruch dazu in Stand gesetzt werden; die
neuern Beobachtungen des Naturforschers Audubon aber
scheinen gegen das Vorwalten des Geruchs zu entschei-
den. Er stopfte eine vollkommen getrocknete Rehhaut
mit Heu aus und legte sie auf das offene Feld. Ein
Geier flog sogleich herab, griff seine Beute wie ge-
wöhnlich an, riß die Haut auf und schien das Fleisch
zu suchen, dessen Mangel ihm seine Sinne nicht verra-
then hatten, bis er endlich davon flog. Ein todtes
Schwein, 20 Fuß tief in eine Grube gelegt und mit
Reisern und Binsen belegt, ward von den darüber fliegenden
Geiern nicht gewittert, wogegen Hunde die Spur bald ge-
funden hatten. Junge Geier, in einen Käfig gesetzt, entdeck-
ten das nahe liegende Futter nicht, wenn sie es nicht sahen.

[Spaltenumbruch]

An Größe übertrifft der ägyptische Geier in etwas
den Raben; seine Länge beträgt zwei Fuß, fünf bis sechs
Zoll, und mit ausgespannten Flügeln mißt er 5--5 1 / 2
Fuß. Er ist von Farbe fast ganz weiß, mit Aus-
nahme der großen Schwungfedern, welche schwarz sind.
Der Vorderkopf, die Backen und der Hals sind nackt
und die Haut an diesen Stellen ist schwarzgelb; die
Augen sind ganz dunkel. Er verändert sein Gefieder
mehre Male, zuerst, wenn er noch jung ist, wo es
umbrabraun ist, dann wird er mit jeder Mauser
immer lichter, bis er zuletzt eine schneeweiße Farbe be-
kommt. Er baut in die Klüfte der Felsen und sonst
auf erhabene Orte, aber sein Nest muß sehr unzugäng-
lich sein, da man seine Eier nirgend auch nur beschrie-
ben findet.



Folgt nach einem sehr heißen Sommer ein sehr
kalter Winter?

Der außerordentlich heiße Sommer des Jahres 1834
ließ bei Vielen die Meinung laut werden, daß auch ein
ebenso anhaltender und heftiger Winter folgen würde.
Sie hätten zur Unterstützung dieser Meinung auf die
Theorie so gut als auf die Erfahrung sich berufen kön-
nen. Zwar läßt sich annehmen, daß das ganze Jahr
gleichsam eine gewisse Menge von Wärme enthalte,
und wird diese in einer Reihe von Tagen hintereinander
aufgebraucht, so muß nothwendig in einer ebenso gro-
ßen Reihe von Tagen eine jenem Wärmeverbrauch ent-
sprechende Kälte erfolgen. Gesetzt, daß im Durchschnitt
auf jeden der 365 Tage des Jahrs eine Wärme von
10° Reaumur käme und wir hätten nun 150 Tage, wie
es im Sommer 1834 so ziemlich mit Einschluß des
Herbstes der Fall war, wo immer eine Wärme von
15 -- 25° und auch wol darüber herrschte, so müßte
dann natürlich dieser Verbrauch sich im folgenden Win-
ter empfindlich genug zeigen und an den Tagen, wel-
chen die ihnen zukommenden 10° entzogen wären, eine
Kälte von 5--15° herrschen. Nun hatten zwar sicher
nicht Alle, welche einen sehr kalten Winter fürchteten,
eine solche Berechnung gemacht, aber die dunkle Vor-
stellung, daß die Natur nichts schuldig bleibe und von
ihr eine ungewöhnliche Hitze durch eine ungewöhnliche
Kälte ausgeglichen werde, mag doch bei den Meisten ob-
gewaltet haben. Noch viel mehr jedoch konnten sie auf
die Erfahrung pochen. Einer der härtesten Winter war
der von 1708--9, aber ihm ging ein außerordentlich
heißer Sommer mit Erdnebeln, anhaltender Trockenheit,
schweren Gewittern, merkwürdigen Donnerschlägen vor-
aus, wie sich eine Schrift aus jener Zeit, "Der neube-
stellte Agent von Haus aus" ( 1709 ) ausdrückt. Die
Erdnebel waren ohne Zweifel nichts als der noch jetzt
ziemlich räthselhafte Höherauch, welcher auch im vori-
gen heißen Sommer häufig beobachtet wurde. Noch
fürchterlicher durch Dauer, wie durch hohen Kältegrad,
war der Winter von 1739--40; auch ihm ging aber
ein äußerst heißer Sommer voraus, namentlich war im
Juli eine ganz unerträgliche Hitze. Einen furchtbar kal-
ten Winter hatten wir 1783--84, allein der Sommer
vorher war ebenfalls außerordentlich heiß, voller Erd-
beben, oft mit Höherauch begleitet gewesen und der
Professor Wiedeburg in Jena prophezeihte aus den beiden
letztern Erscheinungen den folgenden harten Winter. Die-
selbe Erscheinung that sich 1822--23 kund, wo einer
der härtesten Winter herrschte, welcher oft 20--28°
Kälte hatte, aber der vorhergegangene Sommer zeich-
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] man sich der gemäßigten Zone nähert, desto seltener
werden die Geier, bis sie endlich in den kalten Erdge-
genden ganz verschwinden. Jn Amerika wird der türki-
sche Geier
vom Feuerlande an bis nach Neuschottland
gefunden, und der schwarze Geier vorzüglich in Ca-
rolina. Abarten von diesen findet man auch im südli-
chen, aber seltener in Mitteleuropa, wobei es nicht nö-
thig ist, den sogenannten Lämmergeier, der eigent-
lich den Übergang von dem scheuen, gefräßigen und phleg-
matischen Geschlechte der Geier zu den muthigern und
lebhaftern Adlern bildet, als eine besondere zu erwäh-
nen. Jn den Gebirgen von Mitteleuropa kommen der
Greif und eine andere Abart vor, welche über den gan-
zen südlichern Theil der alten Welt verbreitet sind.
Eine verschiedene Familie bildet der auf unserm Bilde
vorgestellte ägyptische Geier, auch das Pharaons-
huhn genannt, und auch in Spanien häufig.

Der ägyptische Geier, der kleinste unter allen Geiern
der alten Welt, nähert sich in seinem Baue und in
seiner Lebensweise am meisten dem in Amerika einhei-
mischen türkischen Geier. Jn Ägypten und in den ihm
zunächst liegenden Ländern Europas, Asiens und Afrikas
ist er häufig, auch zuweilen in Jtalien und der Schweiz;
selbst in England wurde einer als große Seltenheit im
Jahre 1825 geschossen. Er ist der eigentliche sogenannte
Aasgeier, weil er nur von Aas und todtem Fleische
lebt, und wird dadurch, vorzüglich in Ägypten, sehr
nützlich. Er war ebendeshalb der heilige Geier bei
den alten Ägyptern und kommt häufig auf den Denk-
mälern dieses Landes vor. Stets begleitet er die Kara-
vanen, besucht die Fleischbänke und ist unermüdlich im
Aufspüren des Aases.

Mit allen übrigen Geiern hat der ägyptische die
schönen, langen und breiten Schwingen gemein, die
ihn eben zu seinem hohen und sanften Fluge fähig
machen. Gefräßig, wie alle Vögel dieser Gattung, frißt
er sich in der Regel bei einer Mahlzeit so dick und
voll, daß ihm dann das Emporschwingen sehr beschwer-
lich wird.

Alle Geierarten fliegen unermeßlich hoch, höher als
selbst der ihnen verwandte Adler und Falke. Auf den
Anden in Amerika findet man den Condor noch in einer
Höhe von 19,000 Fuß über dem Meere. Der Geier
schwimmt, ruhig wie der Schwan auf seinem Wasser-
spiegel, mit fast bewegungslosen Schwingen in dem
unermeßlichen Luftraume. Sein ungemein scharfes Ge-
sicht läßt ihn jedoch selbst von einer solchen Höhe her-
ab die Gegenstände auf der Erde erkennen. Wie ein
Pfeil durchschießt er die Luft, wenn er eine Beute
entdeckt hat. Diese Vögel, namentlich die ägyptischen
Geier, sind, ehe man ihre Nähe im Geringsten ahnet,
sobald ein Thier gefallen oder getödtet ist, auf der Stelle,
und zwar in großen Haufen. Es ist viel darüber ge-
stritten worden, ob sie durch ihr scharfes Gesicht oder
ihren feinen Geruch dazu in Stand gesetzt werden; die
neuern Beobachtungen des Naturforschers Audubon aber
scheinen gegen das Vorwalten des Geruchs zu entschei-
den. Er stopfte eine vollkommen getrocknete Rehhaut
mit Heu aus und legte sie auf das offene Feld. Ein
Geier flog sogleich herab, griff seine Beute wie ge-
wöhnlich an, riß die Haut auf und schien das Fleisch
zu suchen, dessen Mangel ihm seine Sinne nicht verra-
then hatten, bis er endlich davon flog. Ein todtes
Schwein, 20 Fuß tief in eine Grube gelegt und mit
Reisern und Binsen belegt, ward von den darüber fliegenden
Geiern nicht gewittert, wogegen Hunde die Spur bald ge-
funden hatten. Junge Geier, in einen Käfig gesetzt, entdeck-
ten das nahe liegende Futter nicht, wenn sie es nicht sahen.

[Spaltenumbruch]

An Größe übertrifft der ägyptische Geier in etwas
den Raben; seine Länge beträgt zwei Fuß, fünf bis sechs
Zoll, und mit ausgespannten Flügeln mißt er 5—5 1 / 2
Fuß. Er ist von Farbe fast ganz weiß, mit Aus-
nahme der großen Schwungfedern, welche schwarz sind.
Der Vorderkopf, die Backen und der Hals sind nackt
und die Haut an diesen Stellen ist schwarzgelb; die
Augen sind ganz dunkel. Er verändert sein Gefieder
mehre Male, zuerst, wenn er noch jung ist, wo es
umbrabraun ist, dann wird er mit jeder Mauser
immer lichter, bis er zuletzt eine schneeweiße Farbe be-
kommt. Er baut in die Klüfte der Felsen und sonst
auf erhabene Orte, aber sein Nest muß sehr unzugäng-
lich sein, da man seine Eier nirgend auch nur beschrie-
ben findet.



Folgt nach einem sehr heißen Sommer ein sehr
kalter Winter?

Der außerordentlich heiße Sommer des Jahres 1834
ließ bei Vielen die Meinung laut werden, daß auch ein
ebenso anhaltender und heftiger Winter folgen würde.
Sie hätten zur Unterstützung dieser Meinung auf die
Theorie so gut als auf die Erfahrung sich berufen kön-
nen. Zwar läßt sich annehmen, daß das ganze Jahr
gleichsam eine gewisse Menge von Wärme enthalte,
und wird diese in einer Reihe von Tagen hintereinander
aufgebraucht, so muß nothwendig in einer ebenso gro-
ßen Reihe von Tagen eine jenem Wärmeverbrauch ent-
sprechende Kälte erfolgen. Gesetzt, daß im Durchschnitt
auf jeden der 365 Tage des Jahrs eine Wärme von
10° Réaumur käme und wir hätten nun 150 Tage, wie
es im Sommer 1834 so ziemlich mit Einschluß des
Herbstes der Fall war, wo immer eine Wärme von
15 — 25° und auch wol darüber herrschte, so müßte
dann natürlich dieser Verbrauch sich im folgenden Win-
ter empfindlich genug zeigen und an den Tagen, wel-
chen die ihnen zukommenden 10° entzogen wären, eine
Kälte von 5—15° herrschen. Nun hatten zwar sicher
nicht Alle, welche einen sehr kalten Winter fürchteten,
eine solche Berechnung gemacht, aber die dunkle Vor-
stellung, daß die Natur nichts schuldig bleibe und von
ihr eine ungewöhnliche Hitze durch eine ungewöhnliche
Kälte ausgeglichen werde, mag doch bei den Meisten ob-
gewaltet haben. Noch viel mehr jedoch konnten sie auf
die Erfahrung pochen. Einer der härtesten Winter war
der von 1708—9, aber ihm ging ein außerordentlich
heißer Sommer mit Erdnebeln, anhaltender Trockenheit,
schweren Gewittern, merkwürdigen Donnerschlägen vor-
aus, wie sich eine Schrift aus jener Zeit, „Der neube-
stellte Agent von Haus aus“ ( 1709 ) ausdrückt. Die
Erdnebel waren ohne Zweifel nichts als der noch jetzt
ziemlich räthselhafte Höherauch, welcher auch im vori-
gen heißen Sommer häufig beobachtet wurde. Noch
fürchterlicher durch Dauer, wie durch hohen Kältegrad,
war der Winter von 1739—40; auch ihm ging aber
ein äußerst heißer Sommer voraus, namentlich war im
Juli eine ganz unerträgliche Hitze. Einen furchtbar kal-
ten Winter hatten wir 1783—84, allein der Sommer
vorher war ebenfalls außerordentlich heiß, voller Erd-
beben, oft mit Höherauch begleitet gewesen und der
Professor Wiedeburg in Jena prophezeihte aus den beiden
letztern Erscheinungen den folgenden harten Winter. Die-
selbe Erscheinung that sich 1822—23 kund, wo einer
der härtesten Winter herrschte, welcher oft 20—28°
Kälte hatte, aber der vorhergegangene Sommer zeich-
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Der ägyptische Geier, der kleinste unter allen Geiern der alten Welt, nähert sich in seinem Baue und in seiner Lebensweise am meisten dem in Amerika einhei- mischen türkischen Geier. Jn Ägypten und in den ihm zunächst liegenden Ländern Europas, Asiens und Afrikas ist er häufig, auch zuweilen in Jtalien und der Schweiz; selbst in England wurde einer als große Seltenheit im Jahre 1825 geschossen. Er ist der eigentliche sogenannte Aasgeier, weil er nur von Aas und todtem Fleische lebt, und wird dadurch, vorzüglich in Ägypten, sehr nützlich. Er war ebendeshalb der heilige Geier bei den alten Ägyptern und kommt häufig auf den Denk- mälern dieses Landes vor. Stets begleitet er die Kara- vanen, besucht die Fleischbänke und ist unermüdlich im Aufspüren des Aases. Mit allen übrigen Geiern hat der ägyptische die schönen, langen und breiten Schwingen gemein, die ihn eben zu seinem hohen und sanften Fluge fähig machen. Gefräßig, wie alle Vögel dieser Gattung, frißt er sich in der Regel bei einer Mahlzeit so dick und voll, daß ihm dann das Emporschwingen sehr beschwer- lich wird. Alle Geierarten fliegen unermeßlich hoch, höher als selbst der ihnen verwandte Adler und Falke. Auf den Anden in Amerika findet man den Condor noch in einer Höhe von 19,000 Fuß über dem Meere. Der Geier schwimmt, ruhig wie der Schwan auf seinem Wasser- spiegel, mit fast bewegungslosen Schwingen in dem unermeßlichen Luftraume. Sein ungemein scharfes Ge- sicht läßt ihn jedoch selbst von einer solchen Höhe her- ab die Gegenstände auf der Erde erkennen. Wie ein Pfeil durchschießt er die Luft, wenn er eine Beute entdeckt hat. Diese Vögel, namentlich die ägyptischen Geier, sind, ehe man ihre Nähe im Geringsten ahnet, sobald ein Thier gefallen oder getödtet ist, auf der Stelle, und zwar in großen Haufen. Es ist viel darüber ge- stritten worden, ob sie durch ihr scharfes Gesicht oder ihren feinen Geruch dazu in Stand gesetzt werden; die neuern Beobachtungen des Naturforschers Audubon aber scheinen gegen das Vorwalten des Geruchs zu entschei- den. Er stopfte eine vollkommen getrocknete Rehhaut mit Heu aus und legte sie auf das offene Feld. Ein Geier flog sogleich herab, griff seine Beute wie ge- wöhnlich an, riß die Haut auf und schien das Fleisch zu suchen, dessen Mangel ihm seine Sinne nicht verra- then hatten, bis er endlich davon flog. Ein todtes Schwein, 20 Fuß tief in eine Grube gelegt und mit Reisern und Binsen belegt, ward von den darüber fliegenden Geiern nicht gewittert, wogegen Hunde die Spur bald ge- funden hatten. Junge Geier, in einen Käfig gesetzt, entdeck- ten das nahe liegende Futter nicht, wenn sie es nicht sahen. An Größe übertrifft der ägyptische Geier in etwas den Raben; seine Länge beträgt zwei Fuß, fünf bis sechs Zoll, und mit ausgespannten Flügeln mißt er 5—5 1 / 2 Fuß. Er ist von Farbe fast ganz weiß, mit Aus- nahme der großen Schwungfedern, welche schwarz sind. Der Vorderkopf, die Backen und der Hals sind nackt und die Haut an diesen Stellen ist schwarzgelb; die Augen sind ganz dunkel. Er verändert sein Gefieder mehre Male, zuerst, wenn er noch jung ist, wo es umbrabraun ist, dann wird er mit jeder Mauser immer lichter, bis er zuletzt eine schneeweiße Farbe be- kommt. Er baut in die Klüfte der Felsen und sonst auf erhabene Orte, aber sein Nest muß sehr unzugäng- lich sein, da man seine Eier nirgend auch nur beschrie- ben findet. Folgt nach einem sehr heißen Sommer ein sehr kalter Winter? Der außerordentlich heiße Sommer des Jahres 1834 ließ bei Vielen die Meinung laut werden, daß auch ein ebenso anhaltender und heftiger Winter folgen würde. Sie hätten zur Unterstützung dieser Meinung auf die Theorie so gut als auf die Erfahrung sich berufen kön- nen. Zwar läßt sich annehmen, daß das ganze Jahr gleichsam eine gewisse Menge von Wärme enthalte, und wird diese in einer Reihe von Tagen hintereinander aufgebraucht, so muß nothwendig in einer ebenso gro- ßen Reihe von Tagen eine jenem Wärmeverbrauch ent- sprechende Kälte erfolgen. Gesetzt, daß im Durchschnitt auf jeden der 365 Tage des Jahrs eine Wärme von 10° Réaumur käme und wir hätten nun 150 Tage, wie es im Sommer 1834 so ziemlich mit Einschluß des Herbstes der Fall war, wo immer eine Wärme von 15 — 25° und auch wol darüber herrschte, so müßte dann natürlich dieser Verbrauch sich im folgenden Win- ter empfindlich genug zeigen und an den Tagen, wel- chen die ihnen zukommenden 10° entzogen wären, eine Kälte von 5—15° herrschen. Nun hatten zwar sicher nicht Alle, welche einen sehr kalten Winter fürchteten, eine solche Berechnung gemacht, aber die dunkle Vor- stellung, daß die Natur nichts schuldig bleibe und von ihr eine ungewöhnliche Hitze durch eine ungewöhnliche Kälte ausgeglichen werde, mag doch bei den Meisten ob- gewaltet haben. Noch viel mehr jedoch konnten sie auf die Erfahrung pochen. Einer der härtesten Winter war der von 1708—9, aber ihm ging ein außerordentlich heißer Sommer mit Erdnebeln, anhaltender Trockenheit, schweren Gewittern, merkwürdigen Donnerschlägen vor- aus, wie sich eine Schrift aus jener Zeit, „Der neube- stellte Agent von Haus aus“ ( 1709 ) ausdrückt. Die Erdnebel waren ohne Zweifel nichts als der noch jetzt ziemlich räthselhafte Höherauch, welcher auch im vori- gen heißen Sommer häufig beobachtet wurde. Noch fürchterlicher durch Dauer, wie durch hohen Kältegrad, war der Winter von 1739—40; auch ihm ging aber ein äußerst heißer Sommer voraus, namentlich war im Juli eine ganz unerträgliche Hitze. Einen furchtbar kal- ten Winter hatten wir 1783—84, allein der Sommer vorher war ebenfalls außerordentlich heiß, voller Erd- beben, oft mit Höherauch begleitet gewesen und der Professor Wiedeburg in Jena prophezeihte aus den beiden letztern Erscheinungen den folgenden harten Winter. Die- selbe Erscheinung that sich 1822—23 kund, wo einer der härtesten Winter herrschte, welcher oft 20—28° Kälte hatte, aber der vorhergegangene Sommer zeich-

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 167. Leipzig (Sachsen), 11. Juni 1836, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig167_1836/2>, abgerufen am 21.11.2024.